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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans II. Buch.
nete/ er habe schon gewonnen Spiel. Er lachete den
Schwäbis. Edelmann auß/ daß er sich nicht besser hät-
te in den Sattel bey dieser hoch-verständigen Damen
dringen können/ und gieng nach der Mahlzeit wol
aufgeputzet nach ihrem Hauß. Sie sasse abermahl
auf der Strassen vor ihrer Thür/ aber Venereus hät-
te sie gerne in das Hauß gehabt/ er begunte ihr viel
von seiner unermeßlichen Liebe fürzusagen/ und ver-
langete nichts mehr/ als zum Zweck derselben/ aber
die Dame ließ ihn darüber ablauffen/ und sprach:
Wann er anders nichts zu suchen hätte/ könne er sich
hinführo ihres Besuchens enthalten/ inmassen sie
nimmermehr sich entschliessen könte/ seine Person zu
lieben. Dannenhero gieng er gar malcontent wieder
nach der Herberge/ und klagete dem Edelmann sein
Unglück/ berathschlagete sich zugleich mit ihm/ über
eine ehrliche Weise/ sich zu rächen. Sie wurden einig/
Venereus solte ihr einen höhnischen Brieff schreiben/
daran wurde sich diese Dame, die doch gar empfind-
lich/ weit mehr ärgern/ als wann er ihr den allerärge-
sten Schimpff anthäte. Weil nun Venereus der
Sprache nicht vollkommen mächtig/ der Edelmann
auch kein sonderlicher Orator, deliberirten sie deß-
falls mit dem Hospes, welcher ihnen ein Buch zeige-
te/ darinn mancherley seltzame Redens-und Schrifft-
Arten zu finden waren. Hierauß formirten sie nach-
folgendes Schreiben an die unbeständige/ curieuse,
und ungemein

Hochmüthige Jungfrau.

JHr wollet mich nicht anhören/ und doch keine Gegnerin
seyn für dem Richter-Stul der Billichkeit; Jhr wollet euch
in keine Rechtfertigung einlassen/ weil ich klüger bin.
Wol! ich weiß/ daß mich die Zeit bald rächen wird/ welche an-
fänget/ euch so viel Falten in das Angesicht zu ziehen/ als ihr
Augenblicke gelebet habt/ und alsdann werdet ihr euch nicht

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Q q

Romans II. Buch.
nete/ er habe ſchon gewonnen Spiel. Er lachete den
Schwaͤbiſ. Edelmann auß/ daß er ſich nicht beſſer haͤt-
te in den Sattel bey dieſer hoch-verſtaͤndigen Damen
dringen koͤnnen/ und gieng nach der Mahlzeit wol
aufgeputzet nach ihrem Hauß. Sie ſaſſe abermahl
auf der Straſſen vor ihrer Thuͤr/ aber Venereus haͤt-
te ſie gerne in das Hauß gehabt/ er begunte ihr viel
von ſeiner unermeßlichen Liebe fuͤrzuſagen/ und ver-
langete nichts mehr/ als zum Zweck derſelben/ aber
die Dame ließ ihn daruͤber ablauffen/ und ſprach:
Wann er anders nichts zu ſuchen haͤtte/ koͤnne er ſich
hinfuͤhro ihres Beſuchens enthalten/ inmaſſen ſie
nimmermehr ſich entſchlieſſen koͤnte/ ſeine Perſon zu
lieben. Dannenhero gieng er gar malcontent wieder
nach der Herberge/ und klagete dem Edelmann ſein
Ungluͤck/ berathſchlagete ſich zugleich mit ihm/ uͤber
eine ehrliche Weiſe/ ſich zu raͤchen. Sie wurden einig/
Venereus ſolte ihr einen hoͤhniſchen Brieff ſchreiben/
daran wurde ſich dieſe Dame, die doch gar empfind-
lich/ weit mehr aͤrgern/ als wann er ihr den alleraͤrge-
ſten Schimpff anthaͤte. Weil nun Venereus der
Sprache nicht vollkommen maͤchtig/ der Edelmann
auch kein ſonderlicher Orator, deliberirten ſie deß-
falls mit dem Hoſpes, welcher ihnen ein Buch zeige-
te/ darinn mancherley ſeltzame Redens-und Schrifft-
Arten zu finden waren. Hierauß formirten ſie nach-
folgendes Schreiben an die unbeſtaͤndige/ curieuſe,
und ungemein

Hochmuͤthige Jungfrau.

JHr wollet mich nicht anhoͤren/ und doch keine Gegnerin
ſeyn fuͤr dem Richter-Stul der Billichkeit; Jhr wollet euch
in keine Rechtfertigung einlaſſen/ weil ich kluͤger bin.
Wol! ich weiß/ daß mich die Zeit bald raͤchen wird/ welche an-
faͤnget/ euch ſo viel Falten in das Angeſicht zu ziehen/ als ihr
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[609/0627] Romans II. Buch. nete/ er habe ſchon gewonnen Spiel. Er lachete den Schwaͤbiſ. Edelmann auß/ daß er ſich nicht beſſer haͤt- te in den Sattel bey dieſer hoch-verſtaͤndigen Damen dringen koͤnnen/ und gieng nach der Mahlzeit wol aufgeputzet nach ihrem Hauß. Sie ſaſſe abermahl auf der Straſſen vor ihrer Thuͤr/ aber Venereus haͤt- te ſie gerne in das Hauß gehabt/ er begunte ihr viel von ſeiner unermeßlichen Liebe fuͤrzuſagen/ und ver- langete nichts mehr/ als zum Zweck derſelben/ aber die Dame ließ ihn daruͤber ablauffen/ und ſprach: Wann er anders nichts zu ſuchen haͤtte/ koͤnne er ſich hinfuͤhro ihres Beſuchens enthalten/ inmaſſen ſie nimmermehr ſich entſchlieſſen koͤnte/ ſeine Perſon zu lieben. Dannenhero gieng er gar malcontent wieder nach der Herberge/ und klagete dem Edelmann ſein Ungluͤck/ berathſchlagete ſich zugleich mit ihm/ uͤber eine ehrliche Weiſe/ ſich zu raͤchen. Sie wurden einig/ Venereus ſolte ihr einen hoͤhniſchen Brieff ſchreiben/ daran wurde ſich dieſe Dame, die doch gar empfind- lich/ weit mehr aͤrgern/ als wann er ihr den alleraͤrge- ſten Schimpff anthaͤte. Weil nun Venereus der Sprache nicht vollkommen maͤchtig/ der Edelmann auch kein ſonderlicher Orator, deliberirten ſie deß- falls mit dem Hoſpes, welcher ihnen ein Buch zeige- te/ darinn mancherley ſeltzame Redens-und Schrifft- Arten zu finden waren. Hierauß formirten ſie nach- folgendes Schreiben an die unbeſtaͤndige/ curieuſe, und ungemein Hochmuͤthige Jungfrau. JHr wollet mich nicht anhoͤren/ und doch keine Gegnerin ſeyn fuͤr dem Richter-Stul der Billichkeit; Jhr wollet euch in keine Rechtfertigung einlaſſen/ weil ich kluͤger bin. Wol! ich weiß/ daß mich die Zeit bald raͤchen wird/ welche an- faͤnget/ euch ſo viel Falten in das Angeſicht zu ziehen/ als ihr Augenblicke gelebet habt/ und alsdann werdet ihr euch nicht mehr Q q

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 609. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/627>, abgerufen am 22.11.2024.