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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans II. Buch.
ten/ welche sie wolte erhalten haben/ wäre er auch
gleich schuldig gewesen.

Es fügte sich aber/ daß der Mann noch densel-
ben Abend sich auf das Land begab/ und der Frauen
befahl/ am folgenden Tag zu ihm zu kommen. Da-
hero sie diese Zeitung unserm Venereo bald durch ihre
vertraute Magd zu wissen thäte/ der sich dann vor
der Mahlzeit auß seiner Herberge erhub/ und nach-
dem er um das Städtlein spatzieren gegangen/ kam
er zu einem andern Thor herein/ und auf Anweisung
der Magd/ gerade vor die Hinter-Thür zu deß Bur-
germeisters Hof. Hieselbst kehrete er unvermerckt
ein/ und weil die Magd mit der jungen Frauen gantz
allein im Hauß/ setzte sich diese mit ihrem Courtisan
an die Tafel/ dann sie hatte wacker zugerichtet/ und
machten sich frölich. Wie endlich sie es also selber
verlangeten/ giengen sie nach deß Herrn Burgermei-
sters Bette/ darinn sie einen solchen Handel mit ein-
ander in der Stille anfiengen/ der dem Burgermei-
ster gar nicht gefallen kunte.

Aber auf diese Lust folgete bald hernach eine
grosse Unlust/ dann der Burgermeister hatte verges-
sen/ Geld vor seine Schnitter mitzunehmen/ kehrete
demnach um Mitternacht wieder nach dem Städt-
lein/ und ob die Thore gleich zugesteckt waren/ erkann-
te ihn doch der Küh-Hirt/ so auf dem Thor wohnete/
an seinem Räuspern alsobald/ sprang demnach in
vollem Sprüngen herunter/ und eröffnete das Thor.
Der gute Burgermeister wolte seine Frau nicht auß
dem Schlaff verstören/ und deßwegen an der grossen
Hauß-Thür nicht anklopffen/ sondern gieng vor die
Hinter-Thür/ welche er durch einen besondern
Schlüssel/ den er stäts bey sich trug/ aufschliessen
kunte, Als er aber dieselbe nicht verschlossen fand/

traume-
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Romans II. Buch.
ten/ welche ſie wolte erhalten haben/ waͤre er auch
gleich ſchuldig geweſen.

Es fuͤgte ſich aber/ daß der Mann noch denſel-
ben Abend ſich auf das Land begab/ und der Frauen
befahl/ am folgenden Tag zu ihm zu kommen. Da-
hero ſie dieſe Zeitung unſerm Venereo bald durch ihre
vertraute Magd zu wiſſen thaͤte/ der ſich dann vor
der Mahlzeit auß ſeiner Herberge erhub/ und nach-
dem er um das Staͤdtlein ſpatzieren gegangen/ kam
er zu einem andern Thor herein/ und auf Anweiſung
der Magd/ gerade vor die Hinter-Thuͤr zu deß Bur-
germeiſters Hof. Hieſelbſt kehrete er unvermerckt
ein/ und weil die Magd mit der jungen Frauen gantz
allein im Hauß/ ſetzte ſich dieſe mit ihrem Courtiſan
an die Tafel/ dann ſie hatte wacker zugerichtet/ und
machten ſich froͤlich. Wie endlich ſie es alſo ſelber
verlangeten/ giengen ſie nach deß Herꝛn Burgermei-
ſters Bette/ darinn ſie einen ſolchen Handel mit ein-
ander in der Stille anfiengen/ der dem Burgermei-
ſter gar nicht gefallen kunte.

Aber auf dieſe Luſt folgete bald hernach eine
groſſe Unluſt/ dann der Burgermeiſter hatte vergeſ-
ſen/ Geld vor ſeine Schnitter mitzunehmen/ kehrete
demnach um Mitternacht wieder nach dem Staͤdt-
lein/ und ob die Thore gleich zugeſteckt waren/ erkann-
te ihn doch der Kuͤh-Hirt/ ſo auf dem Thor wohnete/
an ſeinem Raͤuſpern alſobald/ ſprang demnach in
vollem Spruͤngen herunter/ und eroͤffnete das Thor.
Der gute Burgermeiſter wolte ſeine Frau nicht auß
dem Schlaff verſtoͤren/ und deßwegen an der groſſen
Hauß-Thuͤr nicht anklopffen/ ſondern gieng vor die
Hinter-Thuͤr/ welche er durch einen beſondern
Schluͤſſel/ den er ſtaͤts bey ſich trug/ aufſchlieſſen
kunte, Als er aber dieſelbe nicht verſchloſſen fand/

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[595/0613] Romans II. Buch. ten/ welche ſie wolte erhalten haben/ waͤre er auch gleich ſchuldig geweſen. Es fuͤgte ſich aber/ daß der Mann noch denſel- ben Abend ſich auf das Land begab/ und der Frauen befahl/ am folgenden Tag zu ihm zu kommen. Da- hero ſie dieſe Zeitung unſerm Venereo bald durch ihre vertraute Magd zu wiſſen thaͤte/ der ſich dann vor der Mahlzeit auß ſeiner Herberge erhub/ und nach- dem er um das Staͤdtlein ſpatzieren gegangen/ kam er zu einem andern Thor herein/ und auf Anweiſung der Magd/ gerade vor die Hinter-Thuͤr zu deß Bur- germeiſters Hof. Hieſelbſt kehrete er unvermerckt ein/ und weil die Magd mit der jungen Frauen gantz allein im Hauß/ ſetzte ſich dieſe mit ihrem Courtiſan an die Tafel/ dann ſie hatte wacker zugerichtet/ und machten ſich froͤlich. Wie endlich ſie es alſo ſelber verlangeten/ giengen ſie nach deß Herꝛn Burgermei- ſters Bette/ darinn ſie einen ſolchen Handel mit ein- ander in der Stille anfiengen/ der dem Burgermei- ſter gar nicht gefallen kunte. Aber auf dieſe Luſt folgete bald hernach eine groſſe Unluſt/ dann der Burgermeiſter hatte vergeſ- ſen/ Geld vor ſeine Schnitter mitzunehmen/ kehrete demnach um Mitternacht wieder nach dem Staͤdt- lein/ und ob die Thore gleich zugeſteckt waren/ erkann- te ihn doch der Kuͤh-Hirt/ ſo auf dem Thor wohnete/ an ſeinem Raͤuſpern alſobald/ ſprang demnach in vollem Spruͤngen herunter/ und eroͤffnete das Thor. Der gute Burgermeiſter wolte ſeine Frau nicht auß dem Schlaff verſtoͤren/ und deßwegen an der groſſen Hauß-Thuͤr nicht anklopffen/ ſondern gieng vor die Hinter-Thuͤr/ welche er durch einen beſondern Schluͤſſel/ den er ſtaͤts bey ſich trug/ aufſchlieſſen kunte, Als er aber dieſelbe nicht verſchloſſen fand/ traume- P p 2

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 595. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/613>, abgerufen am 22.11.2024.