Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.Romans I. Buch. daß sie gerade nach der Schweitz gegangen wären.Wie sie vor das Thor kamen/ sahen sie einen Geist- lichen auf einem Esel hinter ihnen daher traben/ wel- cher forschete/ welches Weges sie sich bedienen wür- den? Klingenfeld sprach: Wir suchen den nächsten Weg nach Chur in Graubünden; Und Jener gab zu verstehen/ daß er auch dahin gedächte/ als ein Ab- geordneter seines Kloster/ und daß ihm dieser Weg so bekandt/ daß er ihn auch mit verschlossenen Augen finden wolte. Mit diesem Geistlichen ritten sie willig fort/ und hatten allerhand Discurse mit ihm/ dann er war ein gelehrter/ und darneben ein gar lustiger Mann/ daß sie es vor ein Glück achteten/ in seine Compagnie gekommen zu seyn. Als der Abend heran tratt/ nöthigte sie dieser ner
Romans I. Buch. daß ſie gerade nach der Schweitz gegangen waͤren.Wie ſie vor das Thor kamen/ ſahen ſie einen Geiſt- lichen auf einem Eſel hinter ihnen daher traben/ wel- cher forſchete/ welches Weges ſie ſich bedienen wuͤr- den? Klingenfeld ſprach: Wir ſuchen den naͤchſten Weg nach Chur in Graubuͤnden; Und Jener gab zu verſtehen/ daß er auch dahin gedaͤchte/ als ein Ab- geordneter ſeines Kloſter/ und daß ihm dieſer Weg ſo bekandt/ daß er ihn auch mit verſchloſſenen Augen finden wolte. Mit dieſem Geiſtlichen ritten ſie willig fort/ und hatten allerhand Diſcurſe mit ihm/ dann er war ein gelehrter/ und darneben ein gar luſtiger Mann/ daß ſie es vor ein Gluͤck achteten/ in ſeine Compagnie gekommen zu ſeyn. Als der Abend heran tratt/ noͤthigte ſie dieſer ner
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Romans I. Buch.
daß ſie gerade nach der Schweitz gegangen waͤren.
Wie ſie vor das Thor kamen/ ſahen ſie einen Geiſt-
lichen auf einem Eſel hinter ihnen daher traben/ wel-
cher forſchete/ welches Weges ſie ſich bedienen wuͤr-
den? Klingenfeld ſprach: Wir ſuchen den naͤchſten
Weg nach Chur in Graubuͤnden; Und Jener gab
zu verſtehen/ daß er auch dahin gedaͤchte/ als ein Ab-
geordneter ſeines Kloſter/ und daß ihm dieſer Weg
ſo bekandt/ daß er ihn auch mit verſchloſſenen Augen
finden wolte. Mit dieſem Geiſtlichen ritten ſie willig
fort/ und hatten allerhand Diſcurſe mit ihm/ dann er
war ein gelehrter/ und darneben ein gar luſtiger
Mann/ daß ſie es vor ein Gluͤck achteten/ in ſeine
Compagnie gekommen zu ſeyn.
Als der Abend heran tratt/ noͤthigte ſie dieſer
Gefaͤhrte/ einen kleinen Abweg mit ihm zu nehmen/
nach einem Kloſter ſeines Ordens/ allwo er ſie Zehr-
frey halten wolle/ ſintemahl zwiſchen hier und Chur
in den Wirths-Haͤuſern Schmahl-Hanß allwege
der Kuͤchenmeiſter waͤre. Sie folgeten ihm gar wil-
lig/ und alſo erlangeten ſie bey ſpaͤthem Abend das
Kloſter/ worinnen ſie willig aufgenommen wurden.
Man fuͤhrete die Pferde ſamt dem Eſel in einen
Stall/ und wartete ihrer nach Gebuͤhr. Condado
und die Zween andern wurden in eine kleine Zelle ge-
fuͤhret/ da man ein Kraͤhnlein in der Mauer außzog/
auß welchem von Natur heiſſes Waſſer floß. Hie-
ſelbſt muſten ſie ihre Haͤnde und Fuͤſſe waſchen/ und
waren ihnen die holdſeelige Kloſter-Bruͤder darbey
ſehr dienſtwillig. Hernach fuͤhrete man ſie in das Re-
fectorium, woſelbſt der Pater Prior ſelber bey ihnen
ſich einſtellete/ und ſie zu einer ſchlechten Abend-
Mahlzeit noͤthigte. Der Tiſch war gedecket/ und
nebſt unſern 3. Fremden ſpeiſeten 10. Muͤnche an ei-
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