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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans I. Buch.

Jch legete mich demnach ins Bette/ und muste
über dieses leyden/ daß mich die Frau am blossen Leibe
besichtigte/ ob ich auch den geringsten Schaden hätte/
und als sie mich in allem richtig befand/ warff sie ei-
ne seydene dünne Decke über mich/ und wünschete
mir eine fröliche Nacht. Sie ware kaum auß dem
Schlaffzimmer hinauß getretten/ als eine ansehnliche
junge Dame in einem weissen Atlas herein tratt/ eine
von den vorigen beyden Jungfrauen trug ihr das
Liecht vor/ und entkleidete sie/ schiede auch alsobald
darvon/ und schlosse die Thür hinter sich zu. Diese
Dame nahm darauf das Liecht/ und besahe mein An-
gesicht/ an welchem sie einen grossen Gefallen zu ha-
ben schiene. Löschete darauf das Liecht auß/ und legete
sich zu mir. Sie umfienge mich alsobald gar holdsee-
lig/ und sagte: Eure Person/ mein liebster Freund/
hat mir beym ersten Anblick/ da ich euch auf der
Strassen gesehen/ sehr wol gefallen. Wisset/ daß ich
einen Leibes-Erben verlange/ den mir mein ohnmäch-
tiger Gemahl nicht geben kan/ und daran meine zeit-
liche Wolfahrt hanget/ darum habe ich euch erkieset/
mich deßfalls zu vergnügen. Diese Nacht-Mühe soll
euch nicht unbelohnet bleiben/ und dafern ihr übers
Jahr noch allhier möchtet anzutreffen seyn/ kan man
euch Bericht ertheilen/ ob ihr in diesem Beyschlaff
meinen Zweck erlanget habt/ oder nicht. Bekomme
ich/ was ich verlange/ so sollet ihr dessen mit mir zu ge-
niessen haben. Hierauf küssete sie mich hertzlich/ und
ich weiß nicht/ was mehr darauf erfolget/ ohne/ daß
ich eingeschlaffen/ und mir von grosser Freude getrau-
met hat/ biß endlich etwa eine Stunde vor Aufgang
der Sonnen die alte Frau in die Kammer hinein tratt/
und uns Beyde auß einem süssen Schlaff erweckete.
Meine holdseelige Beyschläfferin küssete mich dar-

auf
J i 4
Romans I. Buch.

Jch legete mich demnach ins Bette/ und muſte
uͤber dieſes leyden/ daß mich die Frau am bloſſen Leibe
beſichtigte/ ob ich auch den geringſten Schaden haͤtte/
und als ſie mich in allem richtig befand/ warff ſie ei-
ne ſeydene duͤnne Decke uͤber mich/ und wuͤnſchete
mir eine froͤliche Nacht. Sie ware kaum auß dem
Schlaffzimmer hinauß getretten/ als eine anſehnliche
junge Dame in einem weiſſen Atlas herein tratt/ eine
von den vorigen beyden Jungfrauen trug ihr das
Liecht vor/ und entkleidete ſie/ ſchiede auch alſobald
darvon/ und ſchloſſe die Thuͤr hinter ſich zu. Dieſe
Dame nahm darauf das Liecht/ und beſahe mein An-
geſicht/ an welchem ſie einen groſſen Gefallen zu ha-
ben ſchiene. Loͤſchete darauf das Liecht auß/ und legete
ſich zu mir. Sie umfienge mich alſobald gar holdſee-
lig/ und ſagte: Eure Perſon/ mein liebſter Freund/
hat mir beym erſten Anblick/ da ich euch auf der
Straſſen geſehen/ ſehr wol gefallen. Wiſſet/ daß ich
einen Leibes-Erben verlange/ den mir mein ohnmaͤch-
tiger Gemahl nicht geben kan/ und daran meine zeit-
liche Wolfahrt hanget/ darum habe ich euch erkieſet/
mich deßfalls zu vergnuͤgen. Dieſe Nacht-Muͤhe ſoll
euch nicht unbelohnet bleiben/ und dafern ihr uͤbers
Jahr noch allhier moͤchtet anzutreffen ſeyn/ kan man
euch Bericht ertheilen/ ob ihr in dieſem Beyſchlaff
meinen Zweck erlanget habt/ oder nicht. Bekomme
ich/ was ich verlange/ ſo ſollet ihr deſſen mit mir zu ge-
nieſſen haben. Hierauf kuͤſſete ſie mich hertzlich/ und
ich weiß nicht/ was mehr darauf erfolget/ ohne/ daß
ich eingeſchlaffen/ und mir von groſſer Freude getrau-
met hat/ biß endlich etwa eine Stunde vor Aufgang
der Sonnen die alte Frau in die Kam̃er hinein tratt/
und uns Beyde auß einem ſuͤſſen Schlaff erweckete.
Meine holdſeelige Beyſchlaͤfferin kuͤſſete mich dar-

auf
J i 4
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[503/0517] Romans I. Buch. Jch legete mich demnach ins Bette/ und muſte uͤber dieſes leyden/ daß mich die Frau am bloſſen Leibe beſichtigte/ ob ich auch den geringſten Schaden haͤtte/ und als ſie mich in allem richtig befand/ warff ſie ei- ne ſeydene duͤnne Decke uͤber mich/ und wuͤnſchete mir eine froͤliche Nacht. Sie ware kaum auß dem Schlaffzimmer hinauß getretten/ als eine anſehnliche junge Dame in einem weiſſen Atlas herein tratt/ eine von den vorigen beyden Jungfrauen trug ihr das Liecht vor/ und entkleidete ſie/ ſchiede auch alſobald darvon/ und ſchloſſe die Thuͤr hinter ſich zu. Dieſe Dame nahm darauf das Liecht/ und beſahe mein An- geſicht/ an welchem ſie einen groſſen Gefallen zu ha- ben ſchiene. Loͤſchete darauf das Liecht auß/ und legete ſich zu mir. Sie umfienge mich alſobald gar holdſee- lig/ und ſagte: Eure Perſon/ mein liebſter Freund/ hat mir beym erſten Anblick/ da ich euch auf der Straſſen geſehen/ ſehr wol gefallen. Wiſſet/ daß ich einen Leibes-Erben verlange/ den mir mein ohnmaͤch- tiger Gemahl nicht geben kan/ und daran meine zeit- liche Wolfahrt hanget/ darum habe ich euch erkieſet/ mich deßfalls zu vergnuͤgen. Dieſe Nacht-Muͤhe ſoll euch nicht unbelohnet bleiben/ und dafern ihr uͤbers Jahr noch allhier moͤchtet anzutreffen ſeyn/ kan man euch Bericht ertheilen/ ob ihr in dieſem Beyſchlaff meinen Zweck erlanget habt/ oder nicht. Bekomme ich/ was ich verlange/ ſo ſollet ihr deſſen mit mir zu ge- nieſſen haben. Hierauf kuͤſſete ſie mich hertzlich/ und ich weiß nicht/ was mehr darauf erfolget/ ohne/ daß ich eingeſchlaffen/ und mir von groſſer Freude getrau- met hat/ biß endlich etwa eine Stunde vor Aufgang der Sonnen die alte Frau in die Kam̃er hinein tratt/ und uns Beyde auß einem ſuͤſſen Schlaff erweckete. Meine holdſeelige Beyſchlaͤfferin kuͤſſete mich dar- auf J i 4

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 503. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/517>, abgerufen am 22.11.2024.