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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen
darzu. O/ wolte GOtt! daß alle Studenten diesen Psalm
nimmermehr auß den Händen legeten/ und sich ihres Beruffs
wol erinnerten/ er würde ihnen nichts Böses rathen.

Nächst diesen lasen die alten und redlichen Studenten der
Theologey die Bibel/ säuberten aber zuvor ihre Lippen von heß-
lichen Reden/ ihre Hertzen von wilden Gedancken/ und ihren
Willen von falschen Vorschlägen/ ihre Ohren von erdichteten
Lobsprüchen/ und ihre Seelen von heuchlerischer Gleißnerey.
Sie bemüheten sich in den Sprachen der Hebreischen und Grie-
chischen/ in den Historien oder Geschichten/ in den freyen Kün-
sten und Wissenschafften; Sie bemüheten sich/ etwas Tapfferes
zu leyden/ und in dem Leyden zu erfahren; Sie bemüheten und
gewöhneten sich zu äusserster Demuth/ sintemahl der Stoltz den
Origenes in manche Ungelegenheit/ den Arrius, Nestorius, Mon-
tanus,
und dergleichen in schnöde Ketzereyen geworffen/ auch den
Nicolaus selbsten/ der einer unter den ersten 7. Diaconen zu Je-
rusalem gewesen/ verstossen hätte.

Sie bemüheten und gewöhneten sich/ GOttes Wort ohne
Betrug zu lehren/ und dann erstlich auß ungefärbeter Liebe
GOttes ein reines/ auch nicht im Geringsten angestrichenes
Vornehmen zu behalten. Jm Creutz und Jammer ohne Mur-
ren und Bellen zu verharren/ und mit ihrem Exempel dem Volck
vorzuleuchten. Dann sie wusten/ was geschrieben stunde: Wä-
ret ihr von der Welt/ so hätte die Welt das Jhre lieb/ dieweil ihr
aber nicht von der Welt seyd/ sondern ich habe euch von der Welt
erwählet/ darum hasset euch die Welt. Gedencket an meine
Wort/ daß ich euch gesaget habe: Der Knecht ist nicht grösser/
dann sein Herr Haben sie mich verfolget/ sie werden euch auch
verfolgen. Haben sie meine Wort gehalten/ sie werden eure
auch halten. Jtem: Gehet hin/ siehe! Jch sende euch/ wie die
Lämmer unter die Wölffe. Zum Andern: Auß H. End-Ur-
sachen/ die Seelen zu gewinnen/ deß Teufels Tyranney zu ver-
hindern/ und das Himmelreich zu vermehren. Sie bemüheten
und gewöhneten sich zu stätigen Betrachtungen der hoben Ge-
beimnüssen/ und anderer mehrern Dingen.

Wann aber vor dessen es dergestalt hergangen/ wie wer-
den wir bestehen am Jüngsten Gerichte? Weil heutiges Tages
ein Jeglicher hinein auf die Facultäten plumpet/ wie der Bauer
in die Stieffel. Weil ein Jeder blinder Weise dort bey Jenem/
da bey diesem wühlet/ unterdessen nicht einmahl die Wichtigkeit
der Sachen besinnet. Wo geschicht doch dieses bey jetzigen Chti-
sten? jetzigen Studenten? jetzigen Universitäten?

Wann

Deß Academiſchen
darzu. O/ wolte GOtt! daß alle Studenten dieſen Pſalm
nimmermehr auß den Haͤnden legeten/ und ſich ihres Beruffs
wol erinnerten/ er wuͤrde ihnen nichts Boͤſes rathen.

Naͤchſt dieſen laſen die alten und redlichen Studenten der
Theologey die Bibel/ ſaͤuberten aber zuvor ihre Lippen von heß-
lichen Reden/ ihre Hertzen von wilden Gedancken/ und ihren
Willen von falſchen Vorſchlaͤgen/ ihre Ohren von erdichteten
Lobſpruͤchen/ und ihre Seelen von heuchleriſcher Gleißnerey.
Sie bemuͤheten ſich in den Sprachen der Hebreiſchen und Grie-
chiſchen/ in den Hiſtorien oder Geſchichten/ in den freyen Kuͤn-
ſten und Wiſſenſchafften; Sie bemuͤheten ſich/ etwas Tapfferes
zu leyden/ und in dem Leyden zu erfahren; Sie bemuͤheten und
gewoͤhneten ſich zu aͤuſſerſter Demuth/ ſintemahl der Stoltz den
Origenes in manche Ungelegenheit/ den Arrius, Neſtorius, Mon-
tanus,
und dergleichen in ſchnoͤde Ketzereyen geworffen/ auch den
Nicolaus ſelbſten/ der einer unter den erſten 7. Diaconen zu Je-
ruſalem geweſen/ verſtoſſen haͤtte.

Sie bemuͤheten und gewoͤhneten ſich/ GOttes Wort ohne
Betrug zu lehren/ und dann erſtlich auß ungefaͤrbeter Liebe
GOttes ein reines/ auch nicht im Geringſten angeſtrichenes
Vornehmen zu behalten. Jm Creutz und Jammer ohne Mur-
ren und Bellen zu verharren/ und mit ihrem Exempel dem Volck
vorzuleuchten. Dann ſie wuſten/ was geſchrieben ſtunde: Waͤ-
ret ihr von der Welt/ ſo haͤtte die Welt das Jhre lieb/ dieweil ihr
aber nicht von der Welt ſeyd/ ſondern ich habe euch von der Welt
erwaͤhlet/ darum haſſet euch die Welt. Gedencket an meine
Wort/ daß ich euch geſaget habe: Der Knecht iſt nicht groͤſſer/
dann ſein Herꝛ Haben ſie mich verfolget/ ſie werden euch auch
verfolgen. Haben ſie meine Wort gehalten/ ſie werden eure
auch halten. Jtem: Gehet hin/ ſiehe! Jch ſende euch/ wie die
Laͤmmer unter die Woͤlffe. Zum Andern: Auß H. End-Ur-
ſachen/ die Seelen zu gewinnen/ deß Teufels Tyranney zu ver-
hindern/ und das Himmelreich zu vermehren. Sie bemuͤheten
und gewoͤhneten ſich zu ſtaͤtigen Betrachtungen der hoben Ge-
beimnuͤſſen/ und anderer mehrern Dingen.

Wann aber vor deſſen es dergeſtalt hergangen/ wie wer-
den wir beſtehen am Juͤngſten Gerichte? Weil heutiges Tages
ein Jeglicher hinein auf die Facultaͤten plumpet/ wie der Bauer
in die Stieffel. Weil ein Jeder blinder Weiſe dort bey Jenem/
da bey dieſem wuͤhlet/ unterdeſſen nicht einmahl die Wichtigkeit
der Sachen beſinnet. Wo geſchicht doch dieſes bey jetzigen Chti-
ſten? jetzigen Studenten? jetzigen Univerſitaͤten?

Wann
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[488/0502] Deß Academiſchen darzu. O/ wolte GOtt! daß alle Studenten dieſen Pſalm nimmermehr auß den Haͤnden legeten/ und ſich ihres Beruffs wol erinnerten/ er wuͤrde ihnen nichts Boͤſes rathen. Naͤchſt dieſen laſen die alten und redlichen Studenten der Theologey die Bibel/ ſaͤuberten aber zuvor ihre Lippen von heß- lichen Reden/ ihre Hertzen von wilden Gedancken/ und ihren Willen von falſchen Vorſchlaͤgen/ ihre Ohren von erdichteten Lobſpruͤchen/ und ihre Seelen von heuchleriſcher Gleißnerey. Sie bemuͤheten ſich in den Sprachen der Hebreiſchen und Grie- chiſchen/ in den Hiſtorien oder Geſchichten/ in den freyen Kuͤn- ſten und Wiſſenſchafften; Sie bemuͤheten ſich/ etwas Tapfferes zu leyden/ und in dem Leyden zu erfahren; Sie bemuͤheten und gewoͤhneten ſich zu aͤuſſerſter Demuth/ ſintemahl der Stoltz den Origenes in manche Ungelegenheit/ den Arrius, Neſtorius, Mon- tanus, und dergleichen in ſchnoͤde Ketzereyen geworffen/ auch den Nicolaus ſelbſten/ der einer unter den erſten 7. Diaconen zu Je- ruſalem geweſen/ verſtoſſen haͤtte. Sie bemuͤheten und gewoͤhneten ſich/ GOttes Wort ohne Betrug zu lehren/ und dann erſtlich auß ungefaͤrbeter Liebe GOttes ein reines/ auch nicht im Geringſten angeſtrichenes Vornehmen zu behalten. Jm Creutz und Jammer ohne Mur- ren und Bellen zu verharren/ und mit ihrem Exempel dem Volck vorzuleuchten. Dann ſie wuſten/ was geſchrieben ſtunde: Waͤ- ret ihr von der Welt/ ſo haͤtte die Welt das Jhre lieb/ dieweil ihr aber nicht von der Welt ſeyd/ ſondern ich habe euch von der Welt erwaͤhlet/ darum haſſet euch die Welt. Gedencket an meine Wort/ daß ich euch geſaget habe: Der Knecht iſt nicht groͤſſer/ dann ſein Herꝛ Haben ſie mich verfolget/ ſie werden euch auch verfolgen. Haben ſie meine Wort gehalten/ ſie werden eure auch halten. Jtem: Gehet hin/ ſiehe! Jch ſende euch/ wie die Laͤmmer unter die Woͤlffe. Zum Andern: Auß H. End-Ur- ſachen/ die Seelen zu gewinnen/ deß Teufels Tyranney zu ver- hindern/ und das Himmelreich zu vermehren. Sie bemuͤheten und gewoͤhneten ſich zu ſtaͤtigen Betrachtungen der hoben Ge- beimnuͤſſen/ und anderer mehrern Dingen. Wann aber vor deſſen es dergeſtalt hergangen/ wie wer- den wir beſtehen am Juͤngſten Gerichte? Weil heutiges Tages ein Jeglicher hinein auf die Facultaͤten plumpet/ wie der Bauer in die Stieffel. Weil ein Jeder blinder Weiſe dort bey Jenem/ da bey dieſem wuͤhlet/ unterdeſſen nicht einmahl die Wichtigkeit der Sachen beſinnet. Wo geſchicht doch dieſes bey jetzigen Chti- ſten? jetzigen Studenten? jetzigen Univerſitaͤten? Wann

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/502>, abgerufen am 22.11.2024.