Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Deß Academischen
Grabschrifft? Der Westphälinger gab ihm zur Ant-
wort:

Timocreonti Rhodio propter cibi & vini avi-
ditatem Epitaphium sequens inditum est:
Multa bibens, tum multa vorans, male deniq; dicens
Multis, hic jaceo Timocreon Rhodius.

Jst wol geantwortet/ sprach jetzo die holdseelige Il-
mene,
welche ihm mit sonderbarer Verwunderung
zusahe. Sie fragete aber/ ob auch wol eine oder an-
dere unter dem Frauenzimmer seines Landes sich dem
Schwelgen so sehr ergeben hätte? Cerebacchius er-
theilete ihr diese Antwort: Aglais tibicina, Megadis
filia decem carnium minas, & quatuor panum choeni-
cas absumebat, hauriebat & choam vini.
Das ist un-
glaublich/ fiel ihm Carola Catharina ins Wort/ und
wird ausser Zweiffel dieser Person auß Neyd nach-
geredet. Aber Cerebacchius ließ sich dargegen fol-
gender Gestalt vernehmen: Myrtale vinolenta mu-
lier vino commiscebat folia lauri, ne vinum oleret.

Hierauf wolte er sich mit Discurriren nicht länger
aufhalten/ sondern setzete den grossen Becher an den
Mund/ und soff ihn rein auß. Darauf langete er
nach einer grossen Schüssel/ die voll schöner Birn
war/ selbige steckete er/ eine nach der andern in den
Mund/ und asse sie mit solchem Appetit auf/ daß ein
Jeder sich deßfalls zum höchsten verwundern muste.

Das XXXIX. Capitul/

Die Perser haben ihre Jugend wol unterrichtet. Was die
Römische Käyser der Jugend und Lehrer wegen verordnet haben.

DEr Rector Magnificus forschete anjetzo bey dem
Vorsteher der Teutschen/ ob dann alle Teut-
sche Studenten dem Fressen und Sauffen al-
so nachhiengen? Und dieser/ als ein alter Academi-
cus,
ertheilete ihm nachfolgende Antwort: Jch kan
leyder! unserm lieben Vatterland den Ruhm nicht

ertheilen/

Deß Academiſchen
Grabſchrifft? Der Weſtphaͤlinger gab ihm zur Ant-
wort:

Timocreonti Rhodio propter cibi & vini avi-
ditatem Epitaphium ſequens inditum eſt:
Multa bibens, tum multa vorans, malè deniq́; dicens
Multis, hic jaceo Timocreon Rhodius.

Jſt wol geantwortet/ ſprach jetzo die holdſeelige Il-
mene,
welche ihm mit ſonderbarer Verwunderung
zuſahe. Sie fragete aber/ ob auch wol eine oder an-
dere unter dem Frauenzimmer ſeines Landes ſich dem
Schwelgen ſo ſehr ergeben haͤtte? Cerebacchius er-
theilete ihr dieſe Antwort: Aglais tibicina, Megadis
filia decem carnium minas, & quatuor panum chœni-
cas abſumebat, hauriebat & choam vini.
Das iſt un-
glaublich/ fiel ihm Carola Catharina ins Wort/ und
wird auſſer Zweiffel dieſer Perſon auß Neyd nach-
geredet. Aber Cerebacchius ließ ſich dargegen fol-
gender Geſtalt vernehmen: Myrtale vinolenta mu-
lier vino commiſcebat folia lauri, ne vinum oleret.

Hierauf wolte er ſich mit Diſcurriren nicht laͤnger
aufhalten/ ſondern ſetzete den groſſen Becher an den
Mund/ und ſoff ihn rein auß. Darauf langete er
nach einer groſſen Schuͤſſel/ die voll ſchoͤner Birn
war/ ſelbige ſteckete er/ eine nach der andern in den
Mund/ und aſſe ſie mit ſolchem Appetit auf/ daß ein
Jeder ſich deßfalls zum hoͤchſten verwundern muſte.

Das XXXIX. Capitul/

Die Perſer haben ihre Jugend wol unterrichtet. Was die
Roͤmiſche Kaͤyſer der Jugend und Lehrer wegen verordnet haben.

DEr Rector Magnificus forſchete anjetzo bey dem
Vorſteher der Teutſchen/ ob dann alle Teut-
ſche Studenten dem Freſſen und Sauffen al-
ſo nachhiengen? Und dieſer/ als ein alter Academi-
cus,
ertheilete ihm nachfolgende Antwort: Jch kan
leyder! unſerm lieben Vatterland den Ruhm nicht

ertheilen/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0464" n="450"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Deß <hi rendition="#aq">Academi</hi>&#x017F;chen</hi></fw><lb/>
Grab&#x017F;chrifft? Der We&#x017F;tpha&#x0364;linger gab ihm zur Ant-<lb/>
wort:</p><lb/>
          <cit>
            <quote> <hi rendition="#aq">Timocreonti Rhodio propter cibi &amp; vini avi-<lb/>
ditatem Epitaphium &#x017F;equens inditum e&#x017F;t:<lb/>
Multa bibens, tum multa vorans, malè deniq&#x0301;; dicens<lb/>
Multis, hic jaceo Timocreon Rhodius.</hi> </quote>
          </cit><lb/>
          <p>J&#x017F;t wol geantwortet/ &#x017F;prach jetzo die hold&#x017F;eelige <hi rendition="#aq">Il-<lb/>
mene,</hi> welche ihm mit &#x017F;onderbarer Verwunderung<lb/>
zu&#x017F;ahe. Sie fragete aber/ ob auch wol eine oder an-<lb/>
dere unter dem Frauenzimmer &#x017F;eines Landes &#x017F;ich dem<lb/>
Schwelgen &#x017F;o &#x017F;ehr ergeben ha&#x0364;tte? <hi rendition="#aq">Cerebacchius</hi> er-<lb/>
theilete ihr die&#x017F;e Antwort: <hi rendition="#aq">Aglais tibicina, Megadis<lb/>
filia decem carnium minas, &amp; quatuor panum ch&#x0153;ni-<lb/>
cas ab&#x017F;umebat, hauriebat &amp; choam vini.</hi> Das i&#x017F;t un-<lb/>
glaublich/ fiel ihm <hi rendition="#aq">Carola Catharina</hi> ins Wort/ und<lb/>
wird au&#x017F;&#x017F;er Zweiffel die&#x017F;er Per&#x017F;on auß Neyd nach-<lb/>
geredet. Aber <hi rendition="#aq">Cerebacchius</hi> ließ &#x017F;ich dargegen fol-<lb/>
gender Ge&#x017F;talt vernehmen: <hi rendition="#aq">Myrtale vinolenta mu-<lb/>
lier vino commi&#x017F;cebat folia lauri, ne vinum oleret.</hi><lb/>
Hierauf wolte er &#x017F;ich mit <hi rendition="#aq">Di&#x017F;curri</hi>ren nicht la&#x0364;nger<lb/>
aufhalten/ &#x017F;ondern &#x017F;etzete den gro&#x017F;&#x017F;en Becher an den<lb/>
Mund/ und &#x017F;off ihn rein auß. Darauf langete er<lb/>
nach einer gro&#x017F;&#x017F;en Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el/ die voll &#x017F;cho&#x0364;ner Birn<lb/>
war/ &#x017F;elbige &#x017F;teckete er/ eine nach der andern in den<lb/>
Mund/ und a&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ie mit &#x017F;olchem <hi rendition="#aq">Appetit</hi> auf/ daß ein<lb/>
Jeder &#x017F;ich deßfalls zum ho&#x0364;ch&#x017F;ten verwundern mu&#x017F;te.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">XXXIX</hi>.</hi> Capitul/</hi> </head><lb/>
          <argument>
            <p><hi rendition="#fr">Die Per&#x017F;er haben ihre Jugend wol unterrichtet. Was die</hi><lb/>
Ro&#x0364;mi&#x017F;che Ka&#x0364;y&#x017F;er der Jugend und Lehrer wegen verordnet haben.</p>
          </argument><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>Er <hi rendition="#aq">Rector Magnificus</hi> for&#x017F;chete anjetzo bey dem<lb/>
Vor&#x017F;teher der Teut&#x017F;chen/ ob dann alle Teut-<lb/>
&#x017F;che Studenten dem Fre&#x017F;&#x017F;en und Sauffen al-<lb/>
&#x017F;o nachhiengen? Und die&#x017F;er/ als ein alter <hi rendition="#aq">Academi-<lb/>
cus,</hi> ertheilete ihm nachfolgende Antwort: Jch kan<lb/>
leyder! un&#x017F;erm lieben Vatterland den Ruhm nicht<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ertheilen/</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[450/0464] Deß Academiſchen Grabſchrifft? Der Weſtphaͤlinger gab ihm zur Ant- wort: Timocreonti Rhodio propter cibi & vini avi- ditatem Epitaphium ſequens inditum eſt: Multa bibens, tum multa vorans, malè deniq́; dicens Multis, hic jaceo Timocreon Rhodius. Jſt wol geantwortet/ ſprach jetzo die holdſeelige Il- mene, welche ihm mit ſonderbarer Verwunderung zuſahe. Sie fragete aber/ ob auch wol eine oder an- dere unter dem Frauenzimmer ſeines Landes ſich dem Schwelgen ſo ſehr ergeben haͤtte? Cerebacchius er- theilete ihr dieſe Antwort: Aglais tibicina, Megadis filia decem carnium minas, & quatuor panum chœni- cas abſumebat, hauriebat & choam vini. Das iſt un- glaublich/ fiel ihm Carola Catharina ins Wort/ und wird auſſer Zweiffel dieſer Perſon auß Neyd nach- geredet. Aber Cerebacchius ließ ſich dargegen fol- gender Geſtalt vernehmen: Myrtale vinolenta mu- lier vino commiſcebat folia lauri, ne vinum oleret. Hierauf wolte er ſich mit Diſcurriren nicht laͤnger aufhalten/ ſondern ſetzete den groſſen Becher an den Mund/ und ſoff ihn rein auß. Darauf langete er nach einer groſſen Schuͤſſel/ die voll ſchoͤner Birn war/ ſelbige ſteckete er/ eine nach der andern in den Mund/ und aſſe ſie mit ſolchem Appetit auf/ daß ein Jeder ſich deßfalls zum hoͤchſten verwundern muſte. Das XXXIX. Capitul/ Die Perſer haben ihre Jugend wol unterrichtet. Was die Roͤmiſche Kaͤyſer der Jugend und Lehrer wegen verordnet haben. DEr Rector Magnificus forſchete anjetzo bey dem Vorſteher der Teutſchen/ ob dann alle Teut- ſche Studenten dem Freſſen und Sauffen al- ſo nachhiengen? Und dieſer/ als ein alter Academi- cus, ertheilete ihm nachfolgende Antwort: Jch kan leyder! unſerm lieben Vatterland den Ruhm nicht ertheilen/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/464
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 450. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/464>, abgerufen am 18.12.2024.