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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen
dern in absonderlichen und unterschiedlichen Arten
eines jeden Geschlechtes beruhen möge/ da es doch
wol dahin kommet/ daß alles/ was wir wissen/ das We-
nigste ist von dem/ das wir nicht wissen. Maxima pars
eorum, quaescimus, est minima pars eorum, quae igno-
ramus.

Wer sich nun mit einer Wissenschafft nicht wil
ersättigen lassen/ der kan zwar in vielen etwas/ in al-
len aber nichts Grundständiges wissen/ sondern der
Musen-Berg wird ihme zu einem Jrr-Garten wer-
den. Er wird nach 2. Hasen jagen/ und keinen fangen/
und ist der Natur gemäß/ daß man sich auf eine
Sache/ darzu man sich von ihr gewiedmet befindet/
begebe; Gleichwie auch sie zu jedem Wercke einer-
ley Werckzeug oder Organum verordnet/ als: Das
Aug zu sehen/ das Ohr zu hören/ die Hände zu greif-
fen/ etc. Ein jeder Baum träget seine Frucht/ ein jeder
Bedienter in einem Regiment hat sein Amt/ und in
der Stadt treibet ein jeder Handwercker seine Ar-
beit; Da hingegen auf den Dörffern ein Stimpler
allerley/ und keines recht machet.

Wider diese scheinbare Meynung wird füglich
eingewendet/ daß solches alles denen Jenigen gelten
möge/ welche ein schwaches Gehirn/ und nach ihren
Kräfften auch von andern urtheilen. Deß Menschen
Verstand ist kein Gefäß/ das sich also anfüllet/ wie
etwan ein Becher/ darein eine Maaß/ und nicht mehr/
kan gegossen werden! Nein/ er mag so viel nicht be-
greiffen/ das er nicht noch viel ein mehrers solte fassen
und lernen können/ und solche unendliche Fähigkeit
und Begierde zu lernen ist das Kennzeichen seiner
überirrdischen und fast Göttlichen Eigenschafft.

Zu dem hangen alle Künste an einander/ wie an
einer Ketten/ können und werden nicht wol gesondert;

Daß

Deß Academiſchen
dern in abſonderlichen und unterſchiedlichen Arten
eines jeden Geſchlechtes beruhen moͤge/ da es doch
wol dahin kom̃et/ daß alles/ was wir wiſſen/ das We-
nigſte iſt von dem/ das wir nicht wiſſen. Maxima pars
eorum, quæſcimus, eſt minima pars eorum, quæ igno-
ramus.

Wer ſich nun mit einer Wiſſenſchafft nicht wil
erſaͤttigen laſſen/ der kan zwar in vielen etwas/ in al-
len aber nichts Grundſtaͤndiges wiſſen/ ſondern der
Muſen-Berg wird ihme zu einem Jrꝛ-Garten wer-
den. Er wird nach 2. Haſen jagen/ und keinen fangen/
und iſt der Natur gemaͤß/ daß man ſich auf eine
Sache/ darzu man ſich von ihr gewiedmet befindet/
begebe; Gleichwie auch ſie zu jedem Wercke einer-
ley Werckzeug oder Organum verordnet/ als: Das
Aug zu ſehen/ das Ohr zu hoͤren/ die Haͤnde zu greif-
fen/ ꝛc. Ein jeder Baum traͤget ſeine Frucht/ ein jeder
Bedienter in einem Regiment hat ſein Amt/ und in
der Stadt treibet ein jeder Handwercker ſeine Ar-
beit; Da hingegen auf den Doͤrffern ein Stimpler
allerley/ und keines recht machet.

Wider dieſe ſcheinbare Meynung wird fuͤglich
eingewendet/ daß ſolches alles denen Jenigen gelten
moͤge/ welche ein ſchwaches Gehirn/ und nach ihren
Kraͤfften auch von andern urtheilen. Deß Menſchen
Verſtand iſt kein Gefaͤß/ das ſich alſo anfuͤllet/ wie
etwan ein Becher/ darein eine Maaß/ und nicht mehr/
kan gegoſſen werden! Nein/ er mag ſo viel nicht be-
greiffen/ das er nicht noch viel ein mehrers ſolte faſſen
und lernen koͤnnen/ und ſolche unendliche Faͤhigkeit
und Begierde zu lernen iſt das Kennzeichen ſeiner
uͤberirꝛdiſchen und faſt Goͤttlichen Eigenſchafft.

Zu dem hangen alle Kuͤnſte an einander/ wie an
einer Ketten/ koͤnnen und werden nicht wol geſondert;

Daß
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[438/0452] Deß Academiſchen dern in abſonderlichen und unterſchiedlichen Arten eines jeden Geſchlechtes beruhen moͤge/ da es doch wol dahin kom̃et/ daß alles/ was wir wiſſen/ das We- nigſte iſt von dem/ das wir nicht wiſſen. Maxima pars eorum, quæſcimus, eſt minima pars eorum, quæ igno- ramus. Wer ſich nun mit einer Wiſſenſchafft nicht wil erſaͤttigen laſſen/ der kan zwar in vielen etwas/ in al- len aber nichts Grundſtaͤndiges wiſſen/ ſondern der Muſen-Berg wird ihme zu einem Jrꝛ-Garten wer- den. Er wird nach 2. Haſen jagen/ und keinen fangen/ und iſt der Natur gemaͤß/ daß man ſich auf eine Sache/ darzu man ſich von ihr gewiedmet befindet/ begebe; Gleichwie auch ſie zu jedem Wercke einer- ley Werckzeug oder Organum verordnet/ als: Das Aug zu ſehen/ das Ohr zu hoͤren/ die Haͤnde zu greif- fen/ ꝛc. Ein jeder Baum traͤget ſeine Frucht/ ein jeder Bedienter in einem Regiment hat ſein Amt/ und in der Stadt treibet ein jeder Handwercker ſeine Ar- beit; Da hingegen auf den Doͤrffern ein Stimpler allerley/ und keines recht machet. Wider dieſe ſcheinbare Meynung wird fuͤglich eingewendet/ daß ſolches alles denen Jenigen gelten moͤge/ welche ein ſchwaches Gehirn/ und nach ihren Kraͤfften auch von andern urtheilen. Deß Menſchen Verſtand iſt kein Gefaͤß/ das ſich alſo anfuͤllet/ wie etwan ein Becher/ darein eine Maaß/ und nicht mehr/ kan gegoſſen werden! Nein/ er mag ſo viel nicht be- greiffen/ das er nicht noch viel ein mehrers ſolte faſſen und lernen koͤnnen/ und ſolche unendliche Faͤhigkeit und Begierde zu lernen iſt das Kennzeichen ſeiner uͤberirꝛdiſchen und faſt Goͤttlichen Eigenſchafft. Zu dem hangen alle Kuͤnſte an einander/ wie an einer Ketten/ koͤnnen und werden nicht wol geſondert; Daß

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/452>, abgerufen am 22.11.2024.