Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Romans I. Buch.
ihm/ er solte seinem Herrn sagen/ wer ihm die Macht
gegeben/ solche Leute von der Gemeinschafft ehrlicher
Bürger außzuschliessen? Ob er grösser wäre/ als der
König/ der ihnen solche hätte verstattet? Wer ihn ge-
lehret/ von einer Lehre zu urtheilen/ darvon er nie-
mahls ein Wort gehöret/ viel weniger verstünde?

Hierauf zoch der Mandarin, oder Stadt-Praesi-
dent,
die Schnautzen geschwinde ein/ besorgend/ diese
hoch-vermögliche Dame dürffte ihn in Gefahr brin-
gen; Schickte derhalben den Außruffern geschwinde
nach/ und ließ sie zuruck entbieten/ auch an denen Or-
ten/ da es allbereit außgeschryen war/ unter den Leu-
ten außsprengen/ das Verbott sey wiederum abge-
than. P. Rhodes stellete sich/ als hätte er nichts von
dem vernommen/ was fürgelauffen/ verwandelte sei-
ne Privat-Unterweisung in eine frey-offentliche/ und
predigte täglich vor der Kirchen-Thür/ von der ewi-
gen Straffe und Belohnung/ so der Mensch nach
dem Tod zu gewarten hätte/ und wie man einig und
allein durch die Gnade deß Heylandes JEsu Christi
jener entgehen/ dieser aber theilhafftig werden könte.

Das XXXVI. Capitul/

Eine abholde Mißgönner in der armen Schüler wird übel ab-
gestraffet. Candado und seine Gesellschafft kommen in Action/ darinn
sie sich wol halten.

EIn Jeder von der Gesellschafft muste gestehen/
daß Cavina wol geredet hatte. Jndem sie aber
mit einander fortgiengen/ kamen ihnen etliche
Knaben in einer sonderlichen seltzamen Kleidung ent-
gegen/ und als gefraget ward/ was es für Kinder wä-
ren/ bedeutete Cavina, daß es arme Kinder/ denen die
Stadt erlaubet hätte/ umher zu gehen/ und die Almo-
sen zu sammlen/ um darfür zu studiren. Hiermit zog er
einen Groschen auß/ und reichete ihnen denselben hin.

Der
D d 5

Romans I. Buch.
ihm/ er ſolte ſeinem Herꝛn ſagen/ wer ihm die Macht
gegeben/ ſolche Leute von der Gemeinſchafft ehrlicher
Buͤrger außzuſchlieſſen? Ob er groͤſſer waͤre/ als der
Koͤnig/ der ihnen ſolche haͤtte verſtattet? Wer ihn ge-
lehret/ von einer Lehre zu urtheilen/ darvon er nie-
mahls ein Wort gehoͤret/ viel weniger verſtuͤnde?

Hierauf zoch der Mandarin, oder Stadt-Præſi-
dent,
die Schnautzen geſchwinde ein/ beſorgend/ dieſe
hoch-vermoͤgliche Dame duͤrffte ihn in Gefahr brin-
gen; Schickte derhalben den Außruffern geſchwinde
nach/ und ließ ſie zuruck entbieten/ auch an denen Or-
ten/ da es allbereit außgeſchryen war/ unter den Leu-
ten außſprengen/ das Verbott ſey wiederum abge-
than. P. Rhodes ſtellete ſich/ als haͤtte er nichts von
dem vernommen/ was fuͤrgelauffen/ verwandelte ſei-
ne Privat-Unterweiſung in eine frey-offentliche/ und
predigte taͤglich vor der Kirchen-Thuͤr/ von der ewi-
gen Straffe und Belohnung/ ſo der Menſch nach
dem Tod zu gewarten haͤtte/ und wie man einig und
allein durch die Gnade deß Heylandes JEſu Chriſti
jener entgehen/ dieſer aber theilhafftig werden koͤnte.

Das XXXVI. Capitul/

Eine abholde Mißgoͤnner in der armen Schuͤler wird uͤbel ab-
geſtraffet. Candado und ſeine Geſellſchafft kommen in Action/ darinn
ſie ſich wol halten.

EIn Jeder von der Geſellſchafft muſte geſtehen/
daß Cavina wol geredet hatte. Jndem ſie aber
mit einander fortgiengen/ kamen ihnen etliche
Knaben in einer ſonderlichen ſeltzamen Kleidung ent-
gegen/ und als gefraget ward/ was es fuͤr Kinder waͤ-
ren/ bedeutete Cavina, daß es arme Kinder/ denen die
Stadt erlaubet haͤtte/ umher zu gehen/ und die Almo-
ſen zu ſammlen/ um darfuͤr zu ſtudiren. Hiermit zog er
einen Groſchen auß/ und reichete ihnen denſelben hin.

Der
D d 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0439" n="425"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Romans <hi rendition="#aq">I.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
ihm/ er &#x017F;olte &#x017F;einem Her&#xA75B;n &#x017F;agen/ wer ihm die Macht<lb/>
gegeben/ &#x017F;olche Leute von der Gemein&#x017F;chafft ehrlicher<lb/>
Bu&#x0364;rger außzu&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en? Ob er gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er wa&#x0364;re/ als der<lb/>
Ko&#x0364;nig/ der ihnen &#x017F;olche ha&#x0364;tte ver&#x017F;tattet? Wer ihn ge-<lb/>
lehret/ von einer Lehre zu urtheilen/ darvon er nie-<lb/>
mahls ein Wort geho&#x0364;ret/ viel weniger ver&#x017F;tu&#x0364;nde?</p><lb/>
          <p>Hierauf zoch der <hi rendition="#aq">Mandarin,</hi> oder Stadt-<hi rendition="#aq">Præ&#x017F;i-<lb/>
dent,</hi> die Schnautzen ge&#x017F;chwinde ein/ be&#x017F;orgend/ die&#x017F;e<lb/>
hoch-vermo&#x0364;gliche <hi rendition="#aq">Dame</hi> du&#x0364;rffte ihn in Gefahr brin-<lb/>
gen; Schickte derhalben den Außruffern ge&#x017F;chwinde<lb/>
nach/ und ließ &#x017F;ie zuruck entbieten/ auch an denen Or-<lb/>
ten/ da es allbereit außge&#x017F;chryen war/ unter den Leu-<lb/>
ten auß&#x017F;prengen/ das Verbott &#x017F;ey wiederum abge-<lb/>
than. <hi rendition="#aq">P. Rhodes</hi> &#x017F;tellete &#x017F;ich/ als ha&#x0364;tte er nichts von<lb/>
dem vernommen/ was fu&#x0364;rgelauffen/ verwandelte &#x017F;ei-<lb/>
ne <hi rendition="#aq">Privat-</hi>Unterwei&#x017F;ung in eine frey-offentliche/ und<lb/>
predigte ta&#x0364;glich vor der Kirchen-Thu&#x0364;r/ von der ewi-<lb/>
gen Straffe und Belohnung/ &#x017F;o der Men&#x017F;ch nach<lb/>
dem Tod zu gewarten ha&#x0364;tte/ und wie man einig und<lb/>
allein durch die Gnade deß Heylandes JE&#x017F;u Chri&#x017F;ti<lb/>
jener entgehen/ die&#x017F;er aber theilhafftig werden ko&#x0364;nte.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">XXXVI</hi>.</hi> Capitul/</hi> </head><lb/>
          <argument>
            <p><hi rendition="#fr">Eine abholde Mißgo&#x0364;nner in der armen Schu&#x0364;ler wird u&#x0364;bel ab-</hi><lb/>
ge&#x017F;traffet. Candado und &#x017F;eine Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft kommen in Action/ darinn<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich wol halten.</p>
          </argument><lb/>
          <p><hi rendition="#in">E</hi>In Jeder von der Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft mu&#x017F;te ge&#x017F;tehen/<lb/>
daß <hi rendition="#aq">Cavina</hi> wol geredet hatte. Jndem &#x017F;ie aber<lb/>
mit einander fortgiengen/ kamen ihnen etliche<lb/>
Knaben in einer &#x017F;onderlichen &#x017F;eltzamen Kleidung ent-<lb/>
gegen/ und als gefraget ward/ was es fu&#x0364;r Kinder wa&#x0364;-<lb/>
ren/ bedeutete <hi rendition="#aq">Cavina,</hi> daß es arme Kinder/ denen die<lb/>
Stadt erlaubet ha&#x0364;tte/ umher zu gehen/ und die Almo-<lb/>
&#x017F;en zu &#x017F;ammlen/ um darfu&#x0364;r zu <hi rendition="#aq">&#x017F;tudi</hi>ren. Hiermit zog er<lb/>
einen Gro&#x017F;chen auß/ und reichete ihnen den&#x017F;elben hin.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D d 5</fw><fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[425/0439] Romans I. Buch. ihm/ er ſolte ſeinem Herꝛn ſagen/ wer ihm die Macht gegeben/ ſolche Leute von der Gemeinſchafft ehrlicher Buͤrger außzuſchlieſſen? Ob er groͤſſer waͤre/ als der Koͤnig/ der ihnen ſolche haͤtte verſtattet? Wer ihn ge- lehret/ von einer Lehre zu urtheilen/ darvon er nie- mahls ein Wort gehoͤret/ viel weniger verſtuͤnde? Hierauf zoch der Mandarin, oder Stadt-Præſi- dent, die Schnautzen geſchwinde ein/ beſorgend/ dieſe hoch-vermoͤgliche Dame duͤrffte ihn in Gefahr brin- gen; Schickte derhalben den Außruffern geſchwinde nach/ und ließ ſie zuruck entbieten/ auch an denen Or- ten/ da es allbereit außgeſchryen war/ unter den Leu- ten außſprengen/ das Verbott ſey wiederum abge- than. P. Rhodes ſtellete ſich/ als haͤtte er nichts von dem vernommen/ was fuͤrgelauffen/ verwandelte ſei- ne Privat-Unterweiſung in eine frey-offentliche/ und predigte taͤglich vor der Kirchen-Thuͤr/ von der ewi- gen Straffe und Belohnung/ ſo der Menſch nach dem Tod zu gewarten haͤtte/ und wie man einig und allein durch die Gnade deß Heylandes JEſu Chriſti jener entgehen/ dieſer aber theilhafftig werden koͤnte. Das XXXVI. Capitul/ Eine abholde Mißgoͤnner in der armen Schuͤler wird uͤbel ab- geſtraffet. Candado und ſeine Geſellſchafft kommen in Action/ darinn ſie ſich wol halten. EIn Jeder von der Geſellſchafft muſte geſtehen/ daß Cavina wol geredet hatte. Jndem ſie aber mit einander fortgiengen/ kamen ihnen etliche Knaben in einer ſonderlichen ſeltzamen Kleidung ent- gegen/ und als gefraget ward/ was es fuͤr Kinder waͤ- ren/ bedeutete Cavina, daß es arme Kinder/ denen die Stadt erlaubet haͤtte/ umher zu gehen/ und die Almo- ſen zu ſammlen/ um darfuͤr zu ſtudiren. Hiermit zog er einen Groſchen auß/ und reichete ihnen denſelben hin. Der D d 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/439
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/439>, abgerufen am 18.11.2024.