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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen
Götzen-Lehrer der Orientalischen Länder/ die Dialecti-
cam
gar nicht kennen.

Hingegen maß Buzomius alle seine Beweißthü-
mer nach der Vernunfft-schlüssigen Richtschnur/ ließ
ihn nicht also ungezäumet herum schweiffen/ sondern
stellete alles in behörige Form/ daß der Betrug seines
Geschwätzes leichtlich entdecket/ und er offt gezwun-
gen ward/ in sein eigen Schwerdt zu fallen/ das ist/ sol-
che Sachen zu reden/ die wider sich selbst stritten/ bald
ein Ding zu bejahen/ bald wiederum zu verneinen.
Er fand sich in allem gefangen und bestrickt/ was er
auch immermehr wählete/ und wuste dem endlichen
Hertz-Stoß/ welchen ihm die Vernunfft-Spitze sei-
nes Gegen-Streiters von allen Seiten dräuete/ an-
ders nicht/ ohn durch ein schimpffliches Stillschwei-
gen/ zu entgehen. Hierüber begunten seine Lehr-Jun-
gen mit zusammen gestossenen Köpffen erstlich unter
einander zu murren/ bald aber darauf mit lauten
Stimmen ihm zuzuruffen/ er solte doch antworten.
Aber er trug nunmehr die Zunge im Bande der Ver-
wirrung und Unwissenheit/ die Schamröthe überlieff
ihm sein gantzes Antlitz/ mahlete den Anschauern sei-
nen Sinn und Wunsch kändtlich gnugsam vor/ daß
ihm nemlich die Erde ihren Rachen bieten/ und/ samt
dem Leib/ seine Schande verschlingen möchte. Weil
er dann so gar verstummete/ und kein Wörtlein mehr
auß ihm zu bringen war/ ward die Disputation endlich
aufgehoben/ durch ein spöttisches Geschrey/ und Ge-
lächter der Zuhörer/ welche billig darüber lachten/ daß
dieser hoch-trabender Aufschneider so kahl darvon
kam/ und nachdem er mit 200. Personen auf die
Wahlstatt angelanget/ jetzo allein nur wieder heim
gieng/ mit stäts niedergebucktem Haupt/ das für
Schande seine Augen nicht aufheben durffte. Einen

solchen

Deß Academiſchen
Goͤtzen-Lehrer der Orientaliſchen Laͤnder/ die Dialecti-
cam
gar nicht kennen.

Hingegen maß Buzomius alle ſeine Beweißthuͤ-
mer nach der Vernunfft-ſchluͤſſigen Richtſchnur/ ließ
ihn nicht alſo ungezaͤumet herum ſchweiffen/ ſondern
ſtellete alles in behoͤrige Form/ daß der Betrug ſeines
Geſchwaͤtzes leichtlich entdecket/ und er offt gezwun-
gen ward/ in ſein eigen Schwerdt zu fallen/ das iſt/ ſol-
che Sachen zu reden/ die wider ſich ſelbſt ſtritten/ bald
ein Ding zu bejahen/ bald wiederum zu verneinen.
Er fand ſich in allem gefangen und beſtrickt/ was er
auch immermehr waͤhlete/ und wuſte dem endlichen
Hertz-Stoß/ welchen ihm die Vernunfft-Spitze ſei-
nes Gegen-Streiters von allen Seiten draͤuete/ an-
ders nicht/ ohn durch ein ſchimpffliches Stillſchwei-
gen/ zu entgehen. Hieruͤber begunten ſeine Lehr-Jun-
gen mit zuſammen geſtoſſenen Koͤpffen erſtlich unter
einander zu murren/ bald aber darauf mit lauten
Stimmen ihm zuzuruffen/ er ſolte doch antworten.
Aber er trug nunmehr die Zunge im Bande der Ver-
wirrung und Unwiſſenheit/ die Schamroͤthe uͤberlieff
ihm ſein gantzes Antlitz/ mahlete den Anſchauern ſei-
nen Sinn und Wunſch kaͤndtlich gnugſam vor/ daß
ihm nemlich die Erde ihren Rachen bieten/ und/ ſamt
dem Leib/ ſeine Schande verſchlingen moͤchte. Weil
er dann ſo gar verſtummete/ und kein Woͤrtlein mehr
auß ihm zu bringen war/ ward die Diſputation endlich
aufgehoben/ durch ein ſpoͤttiſches Geſchrey/ und Ge-
laͤchter der Zuhoͤrer/ welche billig daruͤber lachten/ daß
dieſer hoch-trabender Aufſchneider ſo kahl darvon
kam/ und nachdem er mit 200. Perſonen auf die
Wahlſtatt angelanget/ jetzo allein nur wieder heim
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Schande ſeine Augen nicht aufheben durffte. Einen

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[418/0432] Deß Academiſchen Goͤtzen-Lehrer der Orientaliſchen Laͤnder/ die Dialecti- cam gar nicht kennen. Hingegen maß Buzomius alle ſeine Beweißthuͤ- mer nach der Vernunfft-ſchluͤſſigen Richtſchnur/ ließ ihn nicht alſo ungezaͤumet herum ſchweiffen/ ſondern ſtellete alles in behoͤrige Form/ daß der Betrug ſeines Geſchwaͤtzes leichtlich entdecket/ und er offt gezwun- gen ward/ in ſein eigen Schwerdt zu fallen/ das iſt/ ſol- che Sachen zu reden/ die wider ſich ſelbſt ſtritten/ bald ein Ding zu bejahen/ bald wiederum zu verneinen. Er fand ſich in allem gefangen und beſtrickt/ was er auch immermehr waͤhlete/ und wuſte dem endlichen Hertz-Stoß/ welchen ihm die Vernunfft-Spitze ſei- nes Gegen-Streiters von allen Seiten draͤuete/ an- ders nicht/ ohn durch ein ſchimpffliches Stillſchwei- gen/ zu entgehen. Hieruͤber begunten ſeine Lehr-Jun- gen mit zuſammen geſtoſſenen Koͤpffen erſtlich unter einander zu murren/ bald aber darauf mit lauten Stimmen ihm zuzuruffen/ er ſolte doch antworten. Aber er trug nunmehr die Zunge im Bande der Ver- wirrung und Unwiſſenheit/ die Schamroͤthe uͤberlieff ihm ſein gantzes Antlitz/ mahlete den Anſchauern ſei- nen Sinn und Wunſch kaͤndtlich gnugſam vor/ daß ihm nemlich die Erde ihren Rachen bieten/ und/ ſamt dem Leib/ ſeine Schande verſchlingen moͤchte. Weil er dann ſo gar verſtummete/ und kein Woͤrtlein mehr auß ihm zu bringen war/ ward die Diſputation endlich aufgehoben/ durch ein ſpoͤttiſches Geſchrey/ und Ge- laͤchter der Zuhoͤrer/ welche billig daruͤber lachten/ daß dieſer hoch-trabender Aufſchneider ſo kahl darvon kam/ und nachdem er mit 200. Perſonen auf die Wahlſtatt angelanget/ jetzo allein nur wieder heim gieng/ mit ſtaͤts niedergebucktem Haupt/ das fuͤr Schande ſeine Augen nicht aufheben durffte. Einen ſolchen

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/432>, abgerufen am 22.07.2024.