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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans I. Buch.
sich mit einem sehr kleinen Viatico in die Fremde/ dul-
dete sich gewaltig/ litte Hunger und Durst/ Hitz und
Kälte/ informirte anderer feinen Leuten Kinder/ biß er
einen Pfenning vor sich gebracht/ da zohe er wieder
auf Universitäten/ und bekam bald andere Vocation,
seine Brüder aber giengen/ gleich wie er/ einer nach
dem andern auch in die Fremde/ daß man endlich nicht
hat erfahren mögen/ wohin sie gekommen/ ohne daß
einer an einem gewissen Ort gestorben/ die andern
wissen von einander noch diese Stunde nicht/ wo sie
sind geblieben. Die Mutter ist im Anfang ihres
Jammer-Standes gestorben/ und die Tochter hat
sich verheurathet. Was für eine Ehe aber der Studio-
sus,
so dieses Unglück angestifftet/ mit seiner Frauen
hernach gehabt/ darvon wil ich nichts sagen/ es mö-
gen deßfalls andere Leute reden/ die besser/ als ich/ dar-
um wissen. Einmahl ist gewiß/ daß er bey weitem
nicht capabel war/ dem armen Priester seinen Scha-
den zu erstatten.

Als Klingenfeld hiermit zu reden aufhörete/ und
hingegen ein wenig von dem vorgesetzten Frühstück
genosse/ da kam Troll unversehens auß der grünen
Lauben herfür/ und spielete auf einer Maul-Trummel/
welche er allwege bey sich trug. Der Podesta lachete
deß possierlichen Knechts/ und forschete/ wer ihn so
wacker hätte spielen lernen? Apollo, Dauniae Rex, gab
er zur Antwort/ und hiermit reichete er dem Podesta
die Maul-Trummel/ und bathe ihn/ er möchte sich auch
ein wenig hören lassen. Dieser aber sprach: Wer da
spielet/ da andere Leute essen/ der ist entweder ein Mu-
sicant,
oder ein Narr. Troll hingegen gab ihm diese
fertige Replication: Themistocles cum in epulis recu-
sasset lyram, habitus est indoctior;
Welcher Rede alle
Anwesenden von Hertzen lachen musten. Sie stun-

den
B b

Romans I. Buch.
ſich mit einem ſehr kleinen Viatico in die Fremde/ dul-
dete ſich gewaltig/ litte Hunger und Durſt/ Hitz und
Kaͤlte/ informirte anderer feinen Leuten Kinder/ biß er
einen Pfenning vor ſich gebracht/ da zohe er wieder
auf Univerſitaͤten/ und bekam bald andere Vocation,
ſeine Bruͤder aber giengen/ gleich wie er/ einer nach
dem andern auch in die Fremde/ daß man endlich nicht
hat erfahren moͤgen/ wohin ſie gekommen/ ohne daß
einer an einem gewiſſen Ort geſtorben/ die andern
wiſſen von einander noch dieſe Stunde nicht/ wo ſie
ſind geblieben. Die Mutter iſt im Anfang ihres
Jammer-Standes geſtorben/ und die Tochter hat
ſich verheurathet. Was fuͤr eine Ehe aber der Studio-
ſus,
ſo dieſes Ungluͤck angeſtifftet/ mit ſeiner Frauen
hernach gehabt/ darvon wil ich nichts ſagen/ es moͤ-
gen deßfalls andere Leute reden/ die beſſer/ als ich/ dar-
um wiſſen. Einmahl iſt gewiß/ daß er bey weitem
nicht capabel war/ dem armen Prieſter ſeinen Scha-
den zu erſtatten.

Als Klingenfeld hiermit zu reden aufhoͤrete/ und
hingegen ein wenig von dem vorgeſetzten Fruͤhſtuͤck
genoſſe/ da kam Troll unverſehens auß der gruͤnen
Lauben herfuͤr/ und ſpielete auf einer Maul-Trum̃el/
welche er allwege bey ſich trug. Der Podeſtà lachete
deß poſſierlichen Knechts/ und forſchete/ wer ihn ſo
wacker haͤtte ſpielen lernen? Apollo, Dauniæ Rex, gab
er zur Antwort/ und hiermit reichete er dem Podeſtà
die Maul-Trum̃el/ und bathe ihn/ er moͤchte ſich auch
ein wenig hoͤren laſſen. Dieſer aber ſprach: Wer da
ſpielet/ da andere Leute eſſen/ der iſt entweder ein Mu-
ſicant,
oder ein Narꝛ. Troll hingegen gab ihm dieſe
fertige Replication: Themiſtocles cum in epulis recu-
ſaſſet lyram, habitus eſt indoctior;
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Anweſenden von Hertzen lachen muſten. Sie ſtun-

den
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[385/0399] Romans I. Buch. ſich mit einem ſehr kleinen Viatico in die Fremde/ dul- dete ſich gewaltig/ litte Hunger und Durſt/ Hitz und Kaͤlte/ informirte anderer feinen Leuten Kinder/ biß er einen Pfenning vor ſich gebracht/ da zohe er wieder auf Univerſitaͤten/ und bekam bald andere Vocation, ſeine Bruͤder aber giengen/ gleich wie er/ einer nach dem andern auch in die Fremde/ daß man endlich nicht hat erfahren moͤgen/ wohin ſie gekommen/ ohne daß einer an einem gewiſſen Ort geſtorben/ die andern wiſſen von einander noch dieſe Stunde nicht/ wo ſie ſind geblieben. Die Mutter iſt im Anfang ihres Jammer-Standes geſtorben/ und die Tochter hat ſich verheurathet. Was fuͤr eine Ehe aber der Studio- ſus, ſo dieſes Ungluͤck angeſtifftet/ mit ſeiner Frauen hernach gehabt/ darvon wil ich nichts ſagen/ es moͤ- gen deßfalls andere Leute reden/ die beſſer/ als ich/ dar- um wiſſen. Einmahl iſt gewiß/ daß er bey weitem nicht capabel war/ dem armen Prieſter ſeinen Scha- den zu erſtatten. Als Klingenfeld hiermit zu reden aufhoͤrete/ und hingegen ein wenig von dem vorgeſetzten Fruͤhſtuͤck genoſſe/ da kam Troll unverſehens auß der gruͤnen Lauben herfuͤr/ und ſpielete auf einer Maul-Trum̃el/ welche er allwege bey ſich trug. Der Podeſtà lachete deß poſſierlichen Knechts/ und forſchete/ wer ihn ſo wacker haͤtte ſpielen lernen? Apollo, Dauniæ Rex, gab er zur Antwort/ und hiermit reichete er dem Podeſtà die Maul-Trum̃el/ und bathe ihn/ er moͤchte ſich auch ein wenig hoͤren laſſen. Dieſer aber ſprach: Wer da ſpielet/ da andere Leute eſſen/ der iſt entweder ein Mu- ſicant, oder ein Narꝛ. Troll hingegen gab ihm dieſe fertige Replication: Themiſtocles cum in epulis recu- ſaſſet lyram, habitus eſt indoctior; Welcher Rede alle Anweſenden von Hertzen lachen muſten. Sie ſtun- den B b

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/399>, abgerufen am 22.11.2024.