Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Romans I. Buch.
wenig in Gedancken/ und bildete ihm ein/ dieser Bur-
ger hätte den Brieff etwa selber geschrieben/ um die
Beute/ die ein anderer verlohren/ und darvon er etwa
möchte haben sprechen hören/ solcher Gestalt listiglich
an sich zu ziehen. Anderseits dachte er wieder/ daß
es all zu verwegen vor einen Burger/ sich so liederlich
unter so viel Feinde zu wagen/ im Fall er nicht von ei-
ner höhern Macht unterstützet wäre. Weiter bedach-
te er/ daß es ein gefährliches Werck seyn könte/ sich in
sothanen Fällen zu entdecken/ und daß die Leute/ wel-
che verordnet/ ihre Gesellschafft in das Gefängnüß/
und alsdann auf das Schavot zu bringen/ ihnen ge-
meiniglich Honig an den Mund streichen/ um sie sol-
cher Gestalt desto ehe in das Netz oder Fallstrick zu
bringen. Diese verschiedene Betrachtungen machten
den Cajo gantz bestürtzt/ nichts destoweniger hielte er
sich lieber an den Jnnhalt deß Brieffs/ als an seine
zweiffelhaffte Einbildungen/ und resolvirte/ einem
unbekannten/ der ihn wol mehr/ als zu viel kennen
möchte/ einen Gefallen zu erweisen. Dannenhero
kehrete er sich nach dem Burger/ und sprach mit sanff-
ter Stimme zu ihm: Was die zween ersten Puncten
eurer Forderung belanget/ darzu können wir euch
vielleicht verhelffen/ aber das dritte ist Trinckgeld vor
die Messieurs, dann gemüntzt Gold wird man im Fall
der Wiedergebung niemahlen bey uns finden. Jch
schencke euch/ sprach der Burger/ dieses von Hertzen
gerne/ und wann ich das andere nur wieder bekomme/
gebe ich noch ein mehrers darzu. So gehet dann jetzo/
verfolgete Cajo, nach euren Geschäfften/ und wann
es euch über 2. Stunden wieder zu kommen beliebet/
solt ihr haben/ was ihr verlanget/ ich wil eurenthal-
ben sorgen. Jnmittelst/ so fern man einmahl trin-
cken könte auf die Gesundheit eines Unbekandten/

wolte

Romans I. Buch.
wenig in Gedancken/ und bildete ihm ein/ dieſer Bur-
ger haͤtte den Brieff etwa ſelber geſchrieben/ um die
Beute/ die ein anderer verlohren/ und darvon er etwa
moͤchte haben ſprechen hoͤren/ ſolcher Geſtalt liſtiglich
an ſich zu ziehen. Anderſeits dachte er wieder/ daß
es all zu verwegen vor einen Burger/ ſich ſo liederlich
unter ſo viel Feinde zu wagen/ im Fall er nicht von ei-
ner hoͤhern Macht unterſtuͤtzet waͤre. Weiter bedach-
te er/ daß es ein gefaͤhrliches Werck ſeyn koͤnte/ ſich in
ſothanen Faͤllen zu entdecken/ und daß die Leute/ wel-
che verordnet/ ihre Geſellſchafft in das Gefaͤngnuͤß/
und alsdann auf das Schavot zu bringen/ ihnen ge-
meiniglich Honig an den Mund ſtreichen/ um ſie ſol-
cher Geſtalt deſto ehe in das Netz oder Fallſtrick zu
bringen. Dieſe verſchiedene Betrachtungen machten
den Cajo gantz beſtuͤrtzt/ nichts deſtoweniger hielte er
ſich lieber an den Jnnhalt deß Brieffs/ als an ſeine
zweiffelhaffte Einbildungen/ und reſolvirte/ einem
unbekannten/ der ihn wol mehr/ als zu viel kennen
moͤchte/ einen Gefallen zu erweiſen. Dannenhero
kehrete er ſich nach dem Burger/ und ſprach mit ſanff-
ter Stimme zu ihm: Was die zween erſten Puncten
eurer Forderung belanget/ darzu koͤnnen wir euch
vielleicht verhelffen/ aber das dritte iſt Trinckgeld vor
die Meſſieurs, dann gemuͤntzt Gold wird man im Fall
der Wiedergebung niemahlen bey uns finden. Jch
ſchencke euch/ ſprach der Burger/ dieſes von Hertzen
gerne/ und wann ich das andere nur wieder bekom̃e/
gebe ich noch ein mehrers darzu. So gehet dann jetzo/
verfolgete Cajo, nach euren Geſchaͤfften/ und wann
es euch uͤber 2. Stunden wieder zu kommen beliebet/
ſolt ihr haben/ was ihr verlanget/ ich wil eurenthal-
ben ſorgen. Jnmittelſt/ ſo fern man einmahl trin-
cken koͤnte auf die Geſundheit eines Unbekandten/

wolte
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0039" n="29"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Romans <hi rendition="#aq">I.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
wenig in Gedancken/ und bildete ihm ein/ die&#x017F;er Bur-<lb/>
ger ha&#x0364;tte den Brieff etwa &#x017F;elber ge&#x017F;chrieben/ um die<lb/>
Beute/ die ein anderer verlohren/ und darvon er etwa<lb/>
mo&#x0364;chte haben &#x017F;prechen ho&#x0364;ren/ &#x017F;olcher Ge&#x017F;talt li&#x017F;tiglich<lb/>
an &#x017F;ich zu ziehen. Ander&#x017F;eits dachte er wieder/ daß<lb/>
es all zu verwegen vor einen Burger/ &#x017F;ich &#x017F;o liederlich<lb/>
unter &#x017F;o viel Feinde zu wagen/ im Fall er nicht von ei-<lb/>
ner ho&#x0364;hern Macht unter&#x017F;tu&#x0364;tzet wa&#x0364;re. Weiter bedach-<lb/>
te er/ daß es ein gefa&#x0364;hrliches Werck &#x017F;eyn ko&#x0364;nte/ &#x017F;ich in<lb/>
&#x017F;othanen Fa&#x0364;llen zu entdecken/ und daß die Leute/ wel-<lb/>
che verordnet/ ihre Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft in das Gefa&#x0364;ngnu&#x0364;ß/<lb/>
und alsdann auf das <hi rendition="#aq">Schavot</hi> zu bringen/ ihnen ge-<lb/>
meiniglich Honig an den Mund &#x017F;treichen/ um &#x017F;ie &#x017F;ol-<lb/>
cher Ge&#x017F;talt de&#x017F;to ehe in das Netz oder Fall&#x017F;trick zu<lb/>
bringen. Die&#x017F;e ver&#x017F;chiedene Betrachtungen machten<lb/>
den <hi rendition="#aq">Cajo</hi> gantz be&#x017F;tu&#x0364;rtzt/ nichts de&#x017F;toweniger hielte er<lb/>
&#x017F;ich lieber an den Jnnhalt deß Brieffs/ als an &#x017F;eine<lb/>
zweiffelhaffte Einbildungen/ und <hi rendition="#aq">re&#x017F;olvi</hi>rte/ einem<lb/>
unbekannten/ der ihn wol mehr/ als zu viel kennen<lb/>
mo&#x0364;chte/ einen Gefallen zu erwei&#x017F;en. Dannenhero<lb/>
kehrete er &#x017F;ich nach dem Burger/ und &#x017F;prach mit &#x017F;anff-<lb/>
ter Stimme zu ihm: Was die zween er&#x017F;ten Puncten<lb/>
eurer Forderung belanget/ darzu ko&#x0364;nnen wir euch<lb/>
vielleicht verhelffen/ aber das dritte i&#x017F;t Trinckgeld vor<lb/>
die <hi rendition="#aq">Me&#x017F;&#x017F;ieurs,</hi> dann gemu&#x0364;ntzt Gold wird man im Fall<lb/>
der Wiedergebung niemahlen bey uns finden. Jch<lb/>
&#x017F;chencke euch/ &#x017F;prach der Burger/ die&#x017F;es von Hertzen<lb/>
gerne/ und wann ich das andere nur wieder bekom&#x0303;e/<lb/>
gebe ich noch ein mehrers darzu. So gehet dann jetzo/<lb/>
verfolgete <hi rendition="#aq">Cajo,</hi> nach euren Ge&#x017F;cha&#x0364;fften/ und wann<lb/>
es euch u&#x0364;ber 2. Stunden wieder zu kommen beliebet/<lb/>
&#x017F;olt ihr haben/ was ihr verlanget/ ich wil eurenthal-<lb/>
ben &#x017F;orgen. Jnmittel&#x017F;t/ &#x017F;o fern man einmahl trin-<lb/>
cken ko&#x0364;nte auf die Ge&#x017F;undheit eines Unbekandten/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wolte</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[29/0039] Romans I. Buch. wenig in Gedancken/ und bildete ihm ein/ dieſer Bur- ger haͤtte den Brieff etwa ſelber geſchrieben/ um die Beute/ die ein anderer verlohren/ und darvon er etwa moͤchte haben ſprechen hoͤren/ ſolcher Geſtalt liſtiglich an ſich zu ziehen. Anderſeits dachte er wieder/ daß es all zu verwegen vor einen Burger/ ſich ſo liederlich unter ſo viel Feinde zu wagen/ im Fall er nicht von ei- ner hoͤhern Macht unterſtuͤtzet waͤre. Weiter bedach- te er/ daß es ein gefaͤhrliches Werck ſeyn koͤnte/ ſich in ſothanen Faͤllen zu entdecken/ und daß die Leute/ wel- che verordnet/ ihre Geſellſchafft in das Gefaͤngnuͤß/ und alsdann auf das Schavot zu bringen/ ihnen ge- meiniglich Honig an den Mund ſtreichen/ um ſie ſol- cher Geſtalt deſto ehe in das Netz oder Fallſtrick zu bringen. Dieſe verſchiedene Betrachtungen machten den Cajo gantz beſtuͤrtzt/ nichts deſtoweniger hielte er ſich lieber an den Jnnhalt deß Brieffs/ als an ſeine zweiffelhaffte Einbildungen/ und reſolvirte/ einem unbekannten/ der ihn wol mehr/ als zu viel kennen moͤchte/ einen Gefallen zu erweiſen. Dannenhero kehrete er ſich nach dem Burger/ und ſprach mit ſanff- ter Stimme zu ihm: Was die zween erſten Puncten eurer Forderung belanget/ darzu koͤnnen wir euch vielleicht verhelffen/ aber das dritte iſt Trinckgeld vor die Meſſieurs, dann gemuͤntzt Gold wird man im Fall der Wiedergebung niemahlen bey uns finden. Jch ſchencke euch/ ſprach der Burger/ dieſes von Hertzen gerne/ und wann ich das andere nur wieder bekom̃e/ gebe ich noch ein mehrers darzu. So gehet dann jetzo/ verfolgete Cajo, nach euren Geſchaͤfften/ und wann es euch uͤber 2. Stunden wieder zu kommen beliebet/ ſolt ihr haben/ was ihr verlanget/ ich wil eurenthal- ben ſorgen. Jnmittelſt/ ſo fern man einmahl trin- cken koͤnte auf die Geſundheit eines Unbekandten/ wolte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/39
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/39>, abgerufen am 24.11.2024.