Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Deß Academischen
war die Antwort/ euer Teutscher Landsmann werde
euch nicht verlassen/ es mangelt ihm ja keines Weges
am Geld/ dessen er ohnweit Mantua jüngst eine an-
sehnliche Summa mit geringer Mühe erworben hat.
Jch habe einen Juden/ zu dem mich der Hauß-Wirth
gewiesen/ hieher beschieden/ der sagte mir/ daß er also-
bald kommen/ und etliche Kleider mit sich bringen
wolle. Jch hoffe auch/ er werde fordersamst sich ein-
stellen/ und euch befriedigen.

Es ist nicht zu beschreiben/ wie sehr sich Cerebac-
chius
über diese Zeitung erfreuete/ er vergaß darüber
seiner erlittenen Schmach gäntzlich/ und warff alle
Schuld auf die Margara und ihre Magd. Darüber
kam der Jud endlich daher getretten mit einer ziem-
lichen Last Kleider. Klingenfeld und Cavina, samt
dem Printzen/ tratten auch hinein/ und als der Jud
die Kleider auß einander geleget hatte/ und selbige
eines nach dem andern dem Cerebacchio fürzeigete/ er-
blickete dieser sein eigen Kleid darunter/ dannenhero
stund er auf/ legte dasselbe fein säuberlich an/ da in-
zwischen die andern nicht wusten/ wie dieser Hebrceer
zu seinem Kleid müsse gekommen seyn. Nachdem
er sich in seinem vollen Habit befand/ sprach er: Jud/
was wilt du für dieses Kleid haben? Er antwortete:
Zwantzig Ducaten. Cereb. Jch wil dir dreissig geben.
Jud: Das ist mir so viel lieber. Hierauf sahe sich
Cerebacchius nach einem Prügel um/ und als er einen
Stock im Winckel gefunden/ wolte er auf den Juden
loßschlagen/ welcher ein hefftiges Geschrey anfieng/
aber der andere sagte: Du hast 20. gefordert/ und ich
habe dir 30. zugesaget/ was meynest du wol? Duca-
ten? bey Leibe nicht. Jch meyne Schläge/ dann das
ist mein Kleid/ welches du mir diese Nacht gestohlen
hast. Der Jud fluchte und schwur bey seiner Schamma/

daß

Deß Academiſchen
war die Antwort/ euer Teutſcher Landsmann werde
euch nicht verlaſſen/ es mangelt ihm ja keines Weges
am Geld/ deſſen er ohnweit Mantua juͤngſt eine an-
ſehnliche Summa mit geringer Muͤhe erworben hat.
Jch habe einen Juden/ zu dem mich der Hauß-Wirth
gewieſen/ hieher beſchieden/ der ſagte mir/ daß er alſo-
bald kommen/ und etliche Kleider mit ſich bringen
wolle. Jch hoffe auch/ er werde forderſamſt ſich ein-
ſtellen/ und euch befriedigen.

Es iſt nicht zu beſchreiben/ wie ſehr ſich Cerebac-
chius
uͤber dieſe Zeitung erfreuete/ er vergaß daruͤber
ſeiner erlittenen Schmach gaͤntzlich/ und warff alle
Schuld auf die Margara und ihre Magd. Daruͤber
kam der Jud endlich daher getretten mit einer ziem-
lichen Laſt Kleider. Klingenfeld und Cavina, ſamt
dem Printzen/ tratten auch hinein/ und als der Jud
die Kleider auß einander geleget hatte/ und ſelbige
eines nach dem andern dem Cerebacchio fuͤrzeigete/ er-
blickete dieſer ſein eigen Kleid darunter/ dannenhero
ſtund er auf/ legte daſſelbe fein ſaͤuberlich an/ da in-
zwiſchen die andern nicht wuſten/ wie dieſer Hebrceer
zu ſeinem Kleid muͤſſe gekommen ſeyn. Nachdem
er ſich in ſeinem vollen Habit befand/ ſprach er: Jud/
was wilt du fuͤr dieſes Kleid haben? Er antwortete:
Zwantzig Ducaten. Cereb. Jch wil dir dreiſſig geben.
Jud: Das iſt mir ſo viel lieber. Hierauf ſahe ſich
Cerebacchius nach einem Pruͤgel um/ und als er einen
Stock im Winckel gefunden/ wolte er auf den Juden
loßſchlagen/ welcher ein hefftiges Geſchrey anfieng/
aber der andere ſagte: Du haſt 20. gefordert/ und ich
habe dir 30. zugeſaget/ was meyneſt du wol? Duca-
ten? bey Leibe nicht. Jch meyne Schlaͤge/ dann das
iſt mein Kleid/ welches du mir dieſe Nacht geſtohlen
haſt. Der Jud fluchte und ſchwur bey ſeiner Scham̃a/

daß
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0268" n="256"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Deß <hi rendition="#aq">Academi</hi>&#x017F;chen</hi></fw><lb/>
war die Antwort/ euer Teut&#x017F;cher Landsmann werde<lb/>
euch nicht verla&#x017F;&#x017F;en/ es mangelt ihm ja keines Weges<lb/>
am Geld/ de&#x017F;&#x017F;en er ohnweit <hi rendition="#aq">Mantua</hi> ju&#x0364;ng&#x017F;t eine an-<lb/>
&#x017F;ehnliche Summa mit geringer Mu&#x0364;he erworben hat.<lb/>
Jch habe einen Juden/ zu dem mich der Hauß-Wirth<lb/>
gewie&#x017F;en/ hieher be&#x017F;chieden/ der &#x017F;agte mir/ daß er al&#x017F;o-<lb/>
bald kommen/ und etliche Kleider mit &#x017F;ich bringen<lb/>
wolle. Jch hoffe auch/ er werde forder&#x017F;am&#x017F;t &#x017F;ich ein-<lb/>
&#x017F;tellen/ und euch befriedigen.</p><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t nicht zu be&#x017F;chreiben/ wie &#x017F;ehr &#x017F;ich <hi rendition="#aq">Cerebac-<lb/>
chius</hi> u&#x0364;ber die&#x017F;e Zeitung erfreuete/ er vergaß daru&#x0364;ber<lb/>
&#x017F;einer erlittenen Schmach ga&#x0364;ntzlich/ und warff alle<lb/>
Schuld auf die <hi rendition="#aq">Margara</hi> und ihre Magd. Daru&#x0364;ber<lb/>
kam der Jud endlich daher getretten mit einer ziem-<lb/>
lichen La&#x017F;t Kleider. Klingenfeld und <hi rendition="#aq">Cavina,</hi> &#x017F;amt<lb/>
dem Printzen/ tratten auch hinein/ und als der Jud<lb/>
die Kleider auß einander geleget hatte/ und &#x017F;elbige<lb/>
eines nach dem andern dem <hi rendition="#aq">Cerebacchio</hi> fu&#x0364;rzeigete/ er-<lb/>
blickete die&#x017F;er &#x017F;ein eigen Kleid darunter/ dannenhero<lb/>
&#x017F;tund er auf/ legte da&#x017F;&#x017F;elbe fein &#x017F;a&#x0364;uberlich an/ da in-<lb/>
zwi&#x017F;chen die andern nicht wu&#x017F;ten/ wie die&#x017F;er Hebrceer<lb/>
zu &#x017F;einem Kleid mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e gekommen &#x017F;eyn. Nachdem<lb/>
er &#x017F;ich in &#x017F;einem vollen Habit befand/ &#x017F;prach er: Jud/<lb/>
was wilt du fu&#x0364;r die&#x017F;es Kleid haben? Er antwortete:<lb/>
Zwantzig Ducaten. <hi rendition="#aq">Cereb.</hi> Jch wil dir drei&#x017F;&#x017F;ig geben.<lb/>
Jud: Das i&#x017F;t mir &#x017F;o viel lieber. Hierauf &#x017F;ahe &#x017F;ich<lb/><hi rendition="#aq">Cerebacchius</hi> nach einem Pru&#x0364;gel um/ und als er einen<lb/>
Stock im Winckel gefunden/ wolte er auf den Juden<lb/>
loß&#x017F;chlagen/ welcher ein hefftiges Ge&#x017F;chrey anfieng/<lb/>
aber der andere &#x017F;agte: Du ha&#x017F;t 20. gefordert/ und ich<lb/>
habe dir 30. zuge&#x017F;aget/ was meyne&#x017F;t du wol? Duca-<lb/>
ten? bey Leibe nicht. Jch meyne Schla&#x0364;ge/ dann das<lb/>
i&#x017F;t mein Kleid/ welches du mir die&#x017F;e Nacht ge&#x017F;tohlen<lb/>
ha&#x017F;t. Der Jud fluchte und &#x017F;chwur bey &#x017F;einer Scham&#x0303;a/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">daß</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[256/0268] Deß Academiſchen war die Antwort/ euer Teutſcher Landsmann werde euch nicht verlaſſen/ es mangelt ihm ja keines Weges am Geld/ deſſen er ohnweit Mantua juͤngſt eine an- ſehnliche Summa mit geringer Muͤhe erworben hat. Jch habe einen Juden/ zu dem mich der Hauß-Wirth gewieſen/ hieher beſchieden/ der ſagte mir/ daß er alſo- bald kommen/ und etliche Kleider mit ſich bringen wolle. Jch hoffe auch/ er werde forderſamſt ſich ein- ſtellen/ und euch befriedigen. Es iſt nicht zu beſchreiben/ wie ſehr ſich Cerebac- chius uͤber dieſe Zeitung erfreuete/ er vergaß daruͤber ſeiner erlittenen Schmach gaͤntzlich/ und warff alle Schuld auf die Margara und ihre Magd. Daruͤber kam der Jud endlich daher getretten mit einer ziem- lichen Laſt Kleider. Klingenfeld und Cavina, ſamt dem Printzen/ tratten auch hinein/ und als der Jud die Kleider auß einander geleget hatte/ und ſelbige eines nach dem andern dem Cerebacchio fuͤrzeigete/ er- blickete dieſer ſein eigen Kleid darunter/ dannenhero ſtund er auf/ legte daſſelbe fein ſaͤuberlich an/ da in- zwiſchen die andern nicht wuſten/ wie dieſer Hebrceer zu ſeinem Kleid muͤſſe gekommen ſeyn. Nachdem er ſich in ſeinem vollen Habit befand/ ſprach er: Jud/ was wilt du fuͤr dieſes Kleid haben? Er antwortete: Zwantzig Ducaten. Cereb. Jch wil dir dreiſſig geben. Jud: Das iſt mir ſo viel lieber. Hierauf ſahe ſich Cerebacchius nach einem Pruͤgel um/ und als er einen Stock im Winckel gefunden/ wolte er auf den Juden loßſchlagen/ welcher ein hefftiges Geſchrey anfieng/ aber der andere ſagte: Du haſt 20. gefordert/ und ich habe dir 30. zugeſaget/ was meyneſt du wol? Duca- ten? bey Leibe nicht. Jch meyne Schlaͤge/ dann das iſt mein Kleid/ welches du mir dieſe Nacht geſtohlen haſt. Der Jud fluchte und ſchwur bey ſeiner Scham̃a/ daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/268
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/268>, abgerufen am 25.11.2024.