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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans I. Buch.

Hierauf suchet Caramuel eine hohe Subtilität/ so
der Jesuit nicht verstanden. Er nahm eine leichtere/
und verführete den Praesidem dergestalten/ daß er dem
Caramuel anbotte/ den Cathedram zu betretten. Da
sagte der Bischoff/ man solle forschen/ wer eigentlich
dieser Mönch sey? Caramuel wolte es nicht sagen/
deßwegen schickten sie in die Stadt/ aber vor dem
Collegio stunde der Fuhr-Knecht/ so ihn dahin ge-
bracht/ der fragete die vorbeygehende Studenten/ ob
der Herr Krampel/ (dann anders konte ihn dieser
grobe Gesell nicht nennen/) nicht bald herauß kommen
würde? Auß diesen Worten verstunden die Studen-
ten alsbald/ daß es der Münch Caramuel seyn müste;
Brachten demnach die Post zuruck/ und der Bischoff
empfieng ihn selbst/ lud ihn zu sich/ und sagete im Hin-
außgehen: Nun glaube er vestiglich/ daß ein gestu-
di
rter Kloster-Münch gelehrter seye/ als 10. gestudir-
te Jesuiten. Wurde auch gleich darauf vom Bischoff
promoviret/ und zu höhern Dignitäten befördert.

Der hochberühmte Jesuit Ariaga war deß vor-
gedachten Caramuels Landsmann/ und haben die
Jesuiten noch wenig seines Gleichen gehabt. Diese
Beyde lebeten zu einer Zeit/ und haben einsmahls in
Prag so eyferig und hitzig mit einander disputiret/
daß Ariaga, als welcher mit spitzfündigen Quaestionen
und Resolutionen vom Caramuel hintertrieben wor-
den/ auß dem Collegio gelauffen/ und seinen Praesi-
dem,
den Caramuel, auf der Cathedra stehen lassen/
nachdem er zuvor die Theses in Stücken zerrissen.
Dann es ist gar gewiß/ daß Caramuel weit ein besse-
rer Philosophus, als der Ariaga, gewesen/ obschon
Ariaga in der Theologia unvergleichlich gepriesen
wurde.

Dergleichen Leute/ sprach der Printz/ findet man

anjetzo
Q 3
Romans I. Buch.

Hierauf ſuchet Caramuel eine hohe Subtilitaͤt/ ſo
der Jeſuit nicht verſtanden. Er nahm eine leichtere/
und verfuͤhrete den Præſidem dergeſtalten/ daß er dem
Caramuel anbotte/ den Cathedram zu betretten. Da
ſagte der Biſchoff/ man ſolle forſchen/ wer eigentlich
dieſer Moͤnch ſey? Caramuel wolte es nicht ſagen/
deßwegen ſchickten ſie in die Stadt/ aber vor dem
Collegio ſtunde der Fuhr-Knecht/ ſo ihn dahin ge-
bracht/ der fragete die vorbeygehende Studenten/ ob
der Herꝛ Krampel/ (dann anders konte ihn dieſer
grobe Geſell nicht nennen/) nicht bald herauß kom̃en
wuͤrde? Auß dieſen Worten verſtunden die Studen-
ten alsbald/ daß es der Muͤnch Caramuel ſeyn muͤſte;
Brachten demnach die Poſt zuruck/ und der Biſchoff
empfieng ihn ſelbſt/ lud ihn zu ſich/ und ſagete im Hin-
außgehen: Nun glaube er veſtiglich/ daß ein geſtu-
di
rter Kloſter-Muͤnch gelehrter ſeye/ als 10. geſtudir-
te Jeſuiten. Wurde auch gleich darauf vom Biſchoff
promoviret/ und zu hoͤhern Dignitaͤten befoͤrdert.

Der hochberuͤhmte Jeſuit Ariaga war deß vor-
gedachten Caramuels Landsmann/ und haben die
Jeſuiten noch wenig ſeines Gleichen gehabt. Dieſe
Beyde lebeten zu einer Zeit/ und haben einsmahls in
Prag ſo eyferig und hitzig mit einander diſputiret/
daß Ariaga, als welcher mit ſpitzfuͤndigen Quæſtionen
und Reſolutionen vom Caramuel hintertrieben wor-
den/ auß dem Collegio gelauffen/ und ſeinen Præſi-
dem,
den Caramuel, auf der Cathedra ſtehen laſſen/
nachdem er zuvor die Theſes in Stuͤcken zerriſſen.
Dann es iſt gar gewiß/ daß Caramuel weit ein beſſe-
rer Philoſophus, als der Ariaga, geweſen/ obſchon
Ariaga in der Theologia unvergleichlich geprieſen
wurde.

Dergleichen Leute/ ſprach der Printz/ findet man

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[245/0257] Romans I. Buch. Hierauf ſuchet Caramuel eine hohe Subtilitaͤt/ ſo der Jeſuit nicht verſtanden. Er nahm eine leichtere/ und verfuͤhrete den Præſidem dergeſtalten/ daß er dem Caramuel anbotte/ den Cathedram zu betretten. Da ſagte der Biſchoff/ man ſolle forſchen/ wer eigentlich dieſer Moͤnch ſey? Caramuel wolte es nicht ſagen/ deßwegen ſchickten ſie in die Stadt/ aber vor dem Collegio ſtunde der Fuhr-Knecht/ ſo ihn dahin ge- bracht/ der fragete die vorbeygehende Studenten/ ob der Herꝛ Krampel/ (dann anders konte ihn dieſer grobe Geſell nicht nennen/) nicht bald herauß kom̃en wuͤrde? Auß dieſen Worten verſtunden die Studen- ten alsbald/ daß es der Muͤnch Caramuel ſeyn muͤſte; Brachten demnach die Poſt zuruck/ und der Biſchoff empfieng ihn ſelbſt/ lud ihn zu ſich/ und ſagete im Hin- außgehen: Nun glaube er veſtiglich/ daß ein geſtu- dirter Kloſter-Muͤnch gelehrter ſeye/ als 10. geſtudir- te Jeſuiten. Wurde auch gleich darauf vom Biſchoff promoviret/ und zu hoͤhern Dignitaͤten befoͤrdert. Der hochberuͤhmte Jeſuit Ariaga war deß vor- gedachten Caramuels Landsmann/ und haben die Jeſuiten noch wenig ſeines Gleichen gehabt. Dieſe Beyde lebeten zu einer Zeit/ und haben einsmahls in Prag ſo eyferig und hitzig mit einander diſputiret/ daß Ariaga, als welcher mit ſpitzfuͤndigen Quæſtionen und Reſolutionen vom Caramuel hintertrieben wor- den/ auß dem Collegio gelauffen/ und ſeinen Præſi- dem, den Caramuel, auf der Cathedra ſtehen laſſen/ nachdem er zuvor die Theſes in Stuͤcken zerriſſen. Dann es iſt gar gewiß/ daß Caramuel weit ein beſſe- rer Philoſophus, als der Ariaga, geweſen/ obſchon Ariaga in der Theologia unvergleichlich geprieſen wurde. Dergleichen Leute/ ſprach der Printz/ findet man anjetzo Q 3

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/257>, abgerufen am 22.11.2024.