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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen
solche Weise/ mein ehrlicher Troll/ möchtet ihr unter
allen Geschöpffen in der Welt/ unter Todten und Le-
bendigen/ auch unter Vernünfftigen und Unvernünff-
tigen gar leicht eine Bluts-Freundschafft außfinden.
Saget mir aber/ wann ihr den Cerebacchium tituli-
ren wollet/ wie wollet ihr ihn wol nennen. Troll
schmutzerte jetzo/ und sprach darzu: Als ich diese selza-
me Creatur vor etlichen Stunden auf dem Feld li-
gend fand/ und mit meinem Pferd über ihn herstür-
tzete/ da war er/ die Warheit blosser Dings zu beken-
nen/ ein Truncus vocalis, ein Klotz/ welcher reden kun-
te/ aber seit dem/ daß ich ihn jetzo bey der Mahlzeit be-
trachtet/ erkenne ich/ daß er ist eine Spelunca insatia-
bilis,
oder eine unersättliche Höhle. Du Narr/ sprach
der Printz de Tursis darzwischen/ weist du wol/ was ein
Truncus vocalis ist? Wer hat ehemahlen einen Klotz
reden hören? Klingenfeld sprach: Mein Herr/ ich wil
eurem Diener das Wort führen/ und erweisen/ daß
man wol ehe redende Klötze/ Bäume und Steine ge-
habt/ und als der Printz zu vernehmen gab/ daß er
gerne ein mehrers hiervon wissen möchte/ ließ sich
Jener folgender Gestalt hören:

Unter andern raren Kunst-Stücken der klugen
Egyptier ist nicht das Geringste gewesen/ das Bild-
nüß Memnonis, welches bey Aufgang der Sonnen
jedes mahl einen Musicalischen Laut von sich hören
lassen. Ob nun gleich von dem gemeinen Mann die-
ses vor ein unerhörtes Wunder-Werck geachtet wor-
den/ so war es doch nichts anders/ als eine künstliche
Erfindung kluger Leute/ wordurch sie dem Pöbel
offtmahl eine Einbildung grosser Wunder-Wercke
beybrachten.

Es kan aber ein solches Memnonis-Bild auf
folgende Weise verfertiget werden: Weil bekandt

ist/

Deß Academiſchen
ſolche Weiſe/ mein ehrlicher Troll/ moͤchtet ihr unter
allen Geſchoͤpffen in der Welt/ unter Todten und Le-
bendigen/ auch unter Vernuͤnfftigen und Unvernuͤnff-
tigen gar leicht eine Bluts-Freundſchafft außfinden.
Saget mir aber/ wann ihr den Cerebacchium tituli-
ren wollet/ wie wollet ihr ihn wol nennen. Troll
ſchmutzerte jetzo/ und ſprach darzu: Als ich dieſe ſelza-
me Creatur vor etlichen Stunden auf dem Feld li-
gend fand/ und mit meinem Pferd uͤber ihn herſtuͤr-
tzete/ da war er/ die Warheit bloſſer Dings zu beken-
nen/ ein Truncus vocalis, ein Klotz/ welcher reden kun-
te/ aber ſeit dem/ daß ich ihn jetzo bey der Mahlzeit be-
trachtet/ erkenne ich/ daß er iſt eine Spelunca inſatia-
bilis,
oder eine unerſaͤttliche Hoͤhle. Du Narꝛ/ ſprach
der Printz de Turſis darzwiſchen/ weiſt du wol/ was ein
Truncus vocalis iſt? Wer hat ehemahlen einen Klotz
reden hoͤren? Klingenfeld ſprach: Mein Herꝛ/ ich wil
eurem Diener das Wort fuͤhren/ und erweiſen/ daß
man wol ehe redende Kloͤtze/ Baͤume und Steine ge-
habt/ und als der Printz zu vernehmen gab/ daß er
gerne ein mehrers hiervon wiſſen moͤchte/ ließ ſich
Jener folgender Geſtalt hoͤren:

Unter andern raren Kunſt-Stuͤcken der klugen
Egyptier iſt nicht das Geringſte geweſen/ das Bild-
nuͤß Memnonis, welches bey Aufgang der Sonnen
jedes mahl einen Muſicaliſchen Laut von ſich hoͤren
laſſen. Ob nun gleich von dem gemeinen Mann die-
ſes vor ein unerhoͤrtes Wunder-Werck geachtet wor-
den/ ſo war es doch nichts anders/ als eine kuͤnſtliche
Erfindung kluger Leute/ wordurch ſie dem Poͤbel
offtmahl eine Einbildung groſſer Wunder-Wercke
beybrachten.

Es kan aber ein ſolches Memnonis-Bild auf
folgende Weiſe verfertiget werden: Weil bekandt

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[194/0206] Deß Academiſchen ſolche Weiſe/ mein ehrlicher Troll/ moͤchtet ihr unter allen Geſchoͤpffen in der Welt/ unter Todten und Le- bendigen/ auch unter Vernuͤnfftigen und Unvernuͤnff- tigen gar leicht eine Bluts-Freundſchafft außfinden. Saget mir aber/ wann ihr den Cerebacchium tituli- ren wollet/ wie wollet ihr ihn wol nennen. Troll ſchmutzerte jetzo/ und ſprach darzu: Als ich dieſe ſelza- me Creatur vor etlichen Stunden auf dem Feld li- gend fand/ und mit meinem Pferd uͤber ihn herſtuͤr- tzete/ da war er/ die Warheit bloſſer Dings zu beken- nen/ ein Truncus vocalis, ein Klotz/ welcher reden kun- te/ aber ſeit dem/ daß ich ihn jetzo bey der Mahlzeit be- trachtet/ erkenne ich/ daß er iſt eine Spelunca inſatia- bilis, oder eine unerſaͤttliche Hoͤhle. Du Narꝛ/ ſprach der Printz de Turſis darzwiſchen/ weiſt du wol/ was ein Truncus vocalis iſt? Wer hat ehemahlen einen Klotz reden hoͤren? Klingenfeld ſprach: Mein Herꝛ/ ich wil eurem Diener das Wort fuͤhren/ und erweiſen/ daß man wol ehe redende Kloͤtze/ Baͤume und Steine ge- habt/ und als der Printz zu vernehmen gab/ daß er gerne ein mehrers hiervon wiſſen moͤchte/ ließ ſich Jener folgender Geſtalt hoͤren: Unter andern raren Kunſt-Stuͤcken der klugen Egyptier iſt nicht das Geringſte geweſen/ das Bild- nuͤß Memnonis, welches bey Aufgang der Sonnen jedes mahl einen Muſicaliſchen Laut von ſich hoͤren laſſen. Ob nun gleich von dem gemeinen Mann die- ſes vor ein unerhoͤrtes Wunder-Werck geachtet wor- den/ ſo war es doch nichts anders/ als eine kuͤnſtliche Erfindung kluger Leute/ wordurch ſie dem Poͤbel offtmahl eine Einbildung groſſer Wunder-Wercke beybrachten. Es kan aber ein ſolches Memnonis-Bild auf folgende Weiſe verfertiget werden: Weil bekandt iſt/

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/206>, abgerufen am 27.11.2024.