vorher zu Rath ziehe/ ehe ich von diesem edlen Reben- safft judicire. Nun aber antworte ich distinguendo: Man begehret zu wissen/ cujus generis dieser Wein sey/ ich sage/ er ist dulce, und nicht amarum, er ist rubi- cundum, und nicht albescens, er ist gewachsen in Vite, und nicht in Salice. Wann ich ihn trincke/ ist er generis Masculini, wann ihn meine künfftige Braut trincket/ ist er generis Foeminini, und wann ihn dieser Herr Pater (auf den Jesuiten zielend/) einziehet/ so ist und bleibet er generis neutrius, dann ein Münch ist kein Mann und keine Frau. Keine Frau ratione Sexaus, und kein Mann/ dann er lebet allstäts in Coelibatu, und darff nicht zeigen/ daß er ein Mann sey. Diese Distinctio gefiel der gantzen Gesellschafft/ insonder- heit aber dem Hertzogen dermassen/ daß er sich recht- schaffen darüber zerlachete/ und dem possierlichen Troll den Rest deß Weins samt dem silbernen Pocal verehrete/ worüber dieser so voll Freuden war/ daß er etliche mahl herum sprang/ und sagte: Ago gratias pro poculo, quod trina circum saltatione dignissimum est, damit steckete er ihn zu sich/ und verwahrete ihn sehr wol.
Nachdem endlich die Tafel vollendet/ nahm der Printz de Tursis Abschied von dem Hertzogen/ und die andern folgeten ihm wieder nach der Herberge/ allwo sich einige Juden befunden/ die unserm Klin- genfeld alle seine gefundene Waaren abhandelten/ worfür er noch einen ehrlichen Pfenning erhub. Er machte aber das Geld durch einen Mantuanischen Kauffmann an einen gewissen Teutschen Handels- mann nach Venedig über/ und war also versichert/ daß er sich dessen von dannen allemahl/ wo er auch seyn möchte/ bedienen könte.
Das
Deß Academiſchen
vorher zu Rath ziehe/ ehe ich von dieſem edlen Reben- ſafft judicire. Nun aber antworte ich diſtinguendo: Man begehret zu wiſſen/ cujus generis dieſer Wein ſey/ ich ſage/ er iſt dulce, und nicht amarum, er iſt rubi- cundum, und nicht albeſcens, er iſt gewachſen in Vite, und nicht in Salice. Wann ich ihn trincke/ iſt er generis Maſculini, wann ihn meine kuͤnfftige Braut trincket/ iſt er generis Fœminini, und wann ihn dieſer Herꝛ Pater (auf den Jeſuiten zielend/) einziehet/ ſo iſt und bleibet er generis neutrius, dann ein Muͤnch iſt kein Mann und keine Frau. Keine Frau ratione Sexûs, und kein Mann/ dann er lebet allſtaͤts in Cœlibatu, und darff nicht zeigen/ daß er ein Mann ſey. Dieſe Diſtinctio gefiel der gantzen Geſellſchafft/ inſonder- heit aber dem Hertzogen dermaſſen/ daß er ſich recht- ſchaffen daruͤber zerlachete/ und dem poſſierlichen Troll den Reſt deß Weins ſamt dem ſilbernen Pocal verehrete/ woruͤber dieſer ſo voll Freuden war/ daß er etliche mahl herum ſprang/ und ſagte: Ago gratias pro poculo, quod trina circum ſaltatione digniſſimum eſt, damit ſteckete er ihn zu ſich/ und verwahrete ihn ſehr wol.
Nachdem endlich die Tafel vollendet/ nahm der Printz de Turſis Abſchied von dem Hertzogen/ und die andern folgeten ihm wieder nach der Herberge/ allwo ſich einige Juden befunden/ die unſerm Klin- genfeld alle ſeine gefundene Waaren abhandelten/ worfuͤr er noch einen ehrlichen Pfenning erhub. Er machte aber das Geld durch einen Mantuaniſchen Kauffmann an einen gewiſſen Teutſchen Handels- mann nach Venedig uͤber/ und war alſo verſichert/ daß er ſich deſſen von dannen allemahl/ wo er auch ſeyn moͤchte/ bedienen koͤnte.
Das
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Deß Academiſchen
vorher zu Rath ziehe/ ehe ich von dieſem edlen Reben-
ſafft judicire. Nun aber antworte ich diſtinguendo:
Man begehret zu wiſſen/ cujus generis dieſer Wein
ſey/ ich ſage/ er iſt dulce, und nicht amarum, er iſt rubi-
cundum, und nicht albeſcens, er iſt gewachſen in Vite,
und nicht in Salice. Wann ich ihn trincke/ iſt er generis
Maſculini, wann ihn meine kuͤnfftige Braut trincket/
iſt er generis Fœminini, und wann ihn dieſer Herꝛ
Pater (auf den Jeſuiten zielend/) einziehet/ ſo iſt und
bleibet er generis neutrius, dann ein Muͤnch iſt kein
Mann und keine Frau. Keine Frau ratione Sexûs,
und kein Mann/ dann er lebet allſtaͤts in Cœlibatu,
und darff nicht zeigen/ daß er ein Mann ſey. Dieſe
Diſtinctio gefiel der gantzen Geſellſchafft/ inſonder-
heit aber dem Hertzogen dermaſſen/ daß er ſich recht-
ſchaffen daruͤber zerlachete/ und dem poſſierlichen
Troll den Reſt deß Weins ſamt dem ſilbernen Pocal
verehrete/ woruͤber dieſer ſo voll Freuden war/ daß er
etliche mahl herum ſprang/ und ſagte: Ago gratias
pro poculo, quod trina circum ſaltatione digniſſimum
eſt, damit ſteckete er ihn zu ſich/ und verwahrete ihn
ſehr wol.
Nachdem endlich die Tafel vollendet/ nahm
der Printz de Turſis Abſchied von dem Hertzogen/ und
die andern folgeten ihm wieder nach der Herberge/
allwo ſich einige Juden befunden/ die unſerm Klin-
genfeld alle ſeine gefundene Waaren abhandelten/
worfuͤr er noch einen ehrlichen Pfenning erhub. Er
machte aber das Geld durch einen Mantuaniſchen
Kauffmann an einen gewiſſen Teutſchen Handels-
mann nach Venedig uͤber/ und war alſo verſichert/
daß er ſich deſſen von dannen allemahl/ wo
er auch ſeyn moͤchte/ bedienen
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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/188>, abgerufen am 23.11.2024.
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