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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen
lich nicht wider das so genannte Völcker-Recht ist. Jn Litthauen
hielten ehedessen die Weiber unterschiedene junge Leute/ welche
sie Matrimoniorum Adjutores, oder Gehülffen deß Ehestandes/
zu nennen pflegeten. Evenus, König in Schottland/ hatte ein
Gesetz gegeben/ worinnen einem jeden Amtmann erlaubet war/
denen Bräuten seines Amts Bezircks die schwere Bürde der
Jungferschafft abzunehmen. So haben auch die Dom Herren
zu Leyden hiebevor das Recht gehabt/ die erste Nacht bey ihrer
Unterthanen Vertrauten zu schlaffen/ und dieses Recht haben
sie Jus Luxandae Coxae oder Cunnagii geheiffen.

Weilen dann die Frantzosen in dieser herühmten Völcker
Fußstapffen tretten/ so möchte darauß erscheinen/ daß sie recht-
guthertzige Leute/ welche verstehen/ was Galanterie sey/ die Teut-
schen aber Hirn schellige und murrische Ehegatten wären/ so
ihre Eheliche Liebe mit dem Essig der Eyfersucht allezeit zu ver-
sauren pflegeten/ auch ihre Weiber nicht consideriren/ als Mit-
Gehülffinnen und Mit-Herrscherinnen im Haußhalten/ sondern
als etwa von dem Feind erbeutete Sclavinnen/ so ihren Män-
nern von einem jeden Augenblick Rechenschafft geben müsten.
Ja/ es erforderten die Teutschen von ihren Weibern das Jenige/
so die Allermächtigsten Könige und Tyrannen von ihren Ge-
mahlinnen nicht erhalten möchten/ nemlich/ daß selbige für sie
allein seyn solten/ welches selten zu geschehen pfleget/ wie auß de-
nen Exempeln der Olympias und Philippi, der Cleopatra und
Ptolemaei, der Clitemnestra und Agamemnons/ der Helenen
und Menelai, der Pasiphae und Minos, der Phedte und Theseus,
auch vieler andern/ zu sehen. Ja/ es haben die Götter selbst ein-
ander Hörner auf gesetzet/ wie der Mars dem Vulcano gethan.
Dem sey aber/ wie ihm wolle/ so wird angeführter Ursachen kei-
ne die Teutschen leicht zu einer Nachfolge in der Galanterie be-
wegen können/ sondern sie werden die Cocu, oder Guckguck/ wie
ihr die Hahnreyen zu nennen pfleget/ gerne bey euch in Franck-
reich lassen/ massen sie kein Belieben zu diesem Vogel haben/ als
welcher in anderer Vögel Nester seine Eyer zu legen pfleget; Zu
deme erndten die Teutschen nicht gerne/ wo sie nicht gesäet ha-
ben/ wie jener Poet dem Ligurino vorwirfft:

Uxorem, Ligurine, tuam colit Arrius: Alter
Sementem fecit, sed tua messis erit.

Befürchten auch/ wann sie sich zu euer so genannten Galanterie
gewöhnen wolten/ eine andere euch nicht ungemeine Galanterie
Jener auf dem Fuß folgen dürffte/ so man auf Teutsch die

Frantzosen

Deß Academiſchen
lich nicht wider das ſo genannte Voͤlcker-Recht iſt. Jn Litthauen
hielten ehedeſſen die Weiber unterſchiedene junge Leute/ welche
ſie Matrimoniorum Adjutores, oder Gehuͤlffen deß Eheſtandes/
zu nennen pflegeten. Evenus, Koͤnig in Schottland/ hatte ein
Geſetz gegeben/ worinnen einem jeden Amtmann erlaubet war/
denen Braͤuten ſeines Amts Bezircks die ſchwere Buͤrde der
Jungferſchafft abzunehmen. So haben auch die Dom Herren
zu Leyden hiebevor das Recht gehabt/ die erſte Nacht bey ihrer
Unterthanen Vertrauten zu ſchlaffen/ und dieſes Recht haben
ſie Jus Luxandæ Coxæ oder Cunnagii geheiffen.

Weilen dann die Frantzoſen in dieſer heruͤhmten Voͤlcker
Fußſtapffen tretten/ ſo moͤchte darauß erſcheinen/ daß ſie recht-
guthertzige Leute/ welche verſtehen/ was Galanterie ſey/ die Teut-
ſchen aber Hirn ſchellige und murriſche Ehegatten waͤren/ ſo
ihre Eheliche Liebe mit dem Eſſig der Eyferſucht allezeit zu ver-
ſauren pflegeten/ auch ihre Weiber nicht conſideriren/ als Mit-
Gehuͤlffinnen und Mit-Herꝛſcherinnen im Haußhalten/ ſondern
als etwa von dem Feind erbeutete Sclavinnen/ ſo ihren Maͤn-
nern von einem jeden Augenblick Rechenſchafft geben muͤſten.
Ja/ es erforderten die Teutſchen von ihren Weibern das Jenige/
ſo die Allermaͤchtigſten Koͤnige und Tyrannen von ihren Ge-
mahlinnen nicht erhalten moͤchten/ nemlich/ daß ſelbige fuͤr ſie
allein ſeyn ſolten/ welches ſelten zu geſchehen pfleget/ wie auß de-
nen Exempeln der Olympias und Philippi, der Cleopatra und
Ptolemæi, der Clitemneſtra und Agamemnons/ der Helenen
und Menelai, der Paſiphaë und Minos, der Phedte und Theſeus,
auch vieler andern/ zu ſehen. Ja/ es haben die Goͤtter ſelbſt ein-
ander Hoͤrner auf geſetzet/ wie der Mars dem Vulcano gethan.
Dem ſey aber/ wie ihm wolle/ ſo wird angefuͤhrter Urſachen kei-
ne die Teutſchen leicht zu einer Nachfolge in der Galanterie be-
wegen koͤnnen/ ſondern ſie werden die Cocu, oder Guckguck/ wie
ihr die Hahnreyen zu nennen pfleget/ gerne bey euch in Franck-
reich laſſen/ maſſen ſie kein Belieben zu dieſem Vogel haben/ als
welcher in anderer Voͤgel Neſter ſeine Eyer zu legen pfleget; Zu
deme erndten die Teutſchen nicht gerne/ wo ſie nicht geſaͤet ha-
ben/ wie jener Poet dem Ligurino vorwirfft:

Uxorem, Ligurine, tuam colit Arrius: Alter
Sementem fecit, ſed tua meſſis erit.

Befuͤrchten auch/ wann ſie ſich zu euer ſo genannten Galanterie
gewoͤhnen wolten/ eine andere euch nicht ungemeine Galanterie
Jener auf dem Fuß folgen duͤrffte/ ſo man auf Teutſch die

Frantzoſen
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[142/0154] Deß Academiſchen lich nicht wider das ſo genannte Voͤlcker-Recht iſt. Jn Litthauen hielten ehedeſſen die Weiber unterſchiedene junge Leute/ welche ſie Matrimoniorum Adjutores, oder Gehuͤlffen deß Eheſtandes/ zu nennen pflegeten. Evenus, Koͤnig in Schottland/ hatte ein Geſetz gegeben/ worinnen einem jeden Amtmann erlaubet war/ denen Braͤuten ſeines Amts Bezircks die ſchwere Buͤrde der Jungferſchafft abzunehmen. So haben auch die Dom Herren zu Leyden hiebevor das Recht gehabt/ die erſte Nacht bey ihrer Unterthanen Vertrauten zu ſchlaffen/ und dieſes Recht haben ſie Jus Luxandæ Coxæ oder Cunnagii geheiffen. Weilen dann die Frantzoſen in dieſer heruͤhmten Voͤlcker Fußſtapffen tretten/ ſo moͤchte darauß erſcheinen/ daß ſie recht- guthertzige Leute/ welche verſtehen/ was Galanterie ſey/ die Teut- ſchen aber Hirn ſchellige und murriſche Ehegatten waͤren/ ſo ihre Eheliche Liebe mit dem Eſſig der Eyferſucht allezeit zu ver- ſauren pflegeten/ auch ihre Weiber nicht conſideriren/ als Mit- Gehuͤlffinnen und Mit-Herꝛſcherinnen im Haußhalten/ ſondern als etwa von dem Feind erbeutete Sclavinnen/ ſo ihren Maͤn- nern von einem jeden Augenblick Rechenſchafft geben muͤſten. Ja/ es erforderten die Teutſchen von ihren Weibern das Jenige/ ſo die Allermaͤchtigſten Koͤnige und Tyrannen von ihren Ge- mahlinnen nicht erhalten moͤchten/ nemlich/ daß ſelbige fuͤr ſie allein ſeyn ſolten/ welches ſelten zu geſchehen pfleget/ wie auß de- nen Exempeln der Olympias und Philippi, der Cleopatra und Ptolemæi, der Clitemneſtra und Agamemnons/ der Helenen und Menelai, der Paſiphaë und Minos, der Phedte und Theſeus, auch vieler andern/ zu ſehen. Ja/ es haben die Goͤtter ſelbſt ein- ander Hoͤrner auf geſetzet/ wie der Mars dem Vulcano gethan. Dem ſey aber/ wie ihm wolle/ ſo wird angefuͤhrter Urſachen kei- ne die Teutſchen leicht zu einer Nachfolge in der Galanterie be- wegen koͤnnen/ ſondern ſie werden die Cocu, oder Guckguck/ wie ihr die Hahnreyen zu nennen pfleget/ gerne bey euch in Franck- reich laſſen/ maſſen ſie kein Belieben zu dieſem Vogel haben/ als welcher in anderer Voͤgel Neſter ſeine Eyer zu legen pfleget; Zu deme erndten die Teutſchen nicht gerne/ wo ſie nicht geſaͤet ha- ben/ wie jener Poet dem Ligurino vorwirfft: Uxorem, Ligurine, tuam colit Arrius: Alter Sementem fecit, ſed tua meſſis erit. Befuͤrchten auch/ wann ſie ſich zu euer ſo genannten Galanterie gewoͤhnen wolten/ eine andere euch nicht ungemeine Galanterie Jener auf dem Fuß folgen duͤrffte/ ſo man auf Teutſch die Frantzoſen

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/154>, abgerufen am 27.11.2024.