Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Deß Academischen
herab allerhand Schelt-Worte auf sie loß donnern/
dahero es an ein gewaltiges Schmähen gieng/ daß
der Wirth nicht schlaffen kunte/ welches ihm aber-
mahl eine neue Aergernüß erweckete. Endlich hielten
die droben ein/ und stelleten sich/ als wären sie einge-
schlaffen. Bald hernach fieng Giurgy abgeredeter
Massen wieder an/ rieff dem Gomery, und sprach:
Siehest du dorten einen grossen Drachen/ der sein
Maul weit aufsperret? Gomery sprach: Laß ihn nur
zufrieden/ wir wollen ihn nicht reitzen. Zu den Wäch-
tern aber rieff er/ sie solten ihre Säbel zucken/ und ihn
vor dem Drachen/ wann er ja näher kommen solte/
beschirmen. Diese/ ob sie gleich nichts sehen kunten/
begunten am gantzen Leib zu zittern/ weil Giurgy
nicht abließ/ deß Gespenstes abscheuliche Gestalt zu
beschreiben. Gleich hierauf zog der Priester den Sack
und das Küssen auf einmahl mit grossem Ungestümm
in die Höhe/ da dann der Sack zerrisse/ daß das
leuchtende Holtz allenthalben wie Feuerfuncken auf
und neben das Bette fiel. Da erhub sich nun ein gros-
ser Tumult; Gomery so wol/ als die Wächter/ meyne-
ten/ der Drache speye Feuer auß/ und weil ein Jeder
etwas vom Holtz an sich fand/ wuste er nicht zu blei-
ben/ dann sie meyneten/ sie müsten verbrennen/ rüttel-
ten und schüttelten demnach das vermeynete Feuer
von sich/ und unterdessen machte der Priester das
Küssen loß/ und zog den Sack durchs Loch/ samt dem
Stücklein zu sich. Wie nun das Küssen dem einen
Wächter auf den Kopff fiel/ sprang er für Angst
nach der Thür/ und meynete/ der Drache läge mit
dem gantzen Leib auf ihm. Also ward dieser Tumult
noch grösser/ als der erste/ und der Wirth muste aber-
mahl mit dem Liecht kommen/ welcher aber kein Feuer/
sondern faul Holtz fand/ darauß er den Possen der

andern

Deß Academiſchen
herab allerhand Schelt-Worte auf ſie loß donnern/
dahero es an ein gewaltiges Schmaͤhen gieng/ daß
der Wirth nicht ſchlaffen kunte/ welches ihm aber-
mahl eine neue Aergernuͤß erweckete. Endlich hielten
die droben ein/ und ſtelleten ſich/ als waͤren ſie einge-
ſchlaffen. Bald hernach fieng Giurgy abgeredeter
Maſſen wieder an/ rieff dem Gomery, und ſprach:
Sieheſt du dorten einen groſſen Drachen/ der ſein
Maul weit aufſperret? Gomery ſprach: Laß ihn nur
zufrieden/ wir wollen ihn nicht reitzen. Zu den Waͤch-
tern aber rieff er/ ſie ſolten ihre Saͤbel zucken/ und ihn
vor dem Drachen/ wann er ja naͤher kommen ſolte/
beſchirmen. Dieſe/ ob ſie gleich nichts ſehen kunten/
begunten am gantzen Leib zu zittern/ weil Giurgy
nicht abließ/ deß Geſpenſtes abſcheuliche Geſtalt zu
beſchreiben. Gleich hierauf zog der Prieſter den Sack
und das Kuͤſſen auf einmahl mit groſſem Ungeſtuͤm̃
in die Hoͤhe/ da dann der Sack zerriſſe/ daß das
leuchtende Holtz allenthalben wie Feuerfuncken auf
und neben das Bette fiel. Da erhub ſich nun ein groſ-
ſer Tumult; Gomery ſo wol/ als die Waͤchter/ meyne-
ten/ der Drache ſpeye Feuer auß/ und weil ein Jeder
etwas vom Holtz an ſich fand/ wuſte er nicht zu blei-
ben/ dann ſie meyneten/ ſie muͤſten verbrennen/ ruͤttel-
ten und ſchuͤttelten demnach das vermeynete Feuer
von ſich/ und unterdeſſen machte der Prieſter das
Kuͤſſen loß/ und zog den Sack durchs Loch/ ſamt dem
Stuͤcklein zu ſich. Wie nun das Kuͤſſen dem einen
Waͤchter auf den Kopff fiel/ ſprang er fuͤr Angſt
nach der Thuͤr/ und meynete/ der Drache laͤge mit
dem gantzen Leib auf ihm. Alſo ward dieſer Tumult
noch groͤſſer/ als der erſte/ und der Wirth muſte aber-
mahl mit dem Liecht kom̃en/ welcher aber kein Feuer/
ſondern faul Holtz fand/ darauß er den Poſſen der

andern
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f1058" n="1036"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Deß <hi rendition="#aq">Academi</hi>&#x017F;chen</hi></fw><lb/>
herab allerhand Schelt-Worte auf &#x017F;ie loß donnern/<lb/>
dahero es an ein gewaltiges Schma&#x0364;hen gieng/ daß<lb/>
der Wirth nicht &#x017F;chlaffen kunte/ welches ihm aber-<lb/>
mahl eine neue Aergernu&#x0364;ß erweckete. Endlich hielten<lb/>
die droben ein/ und &#x017F;telleten &#x017F;ich/ als wa&#x0364;ren &#x017F;ie einge-<lb/>
&#x017F;chlaffen. Bald hernach fieng <hi rendition="#aq">Giurgy</hi> abgeredeter<lb/>
Ma&#x017F;&#x017F;en wieder an/ rieff dem <hi rendition="#aq">Gomery,</hi> und &#x017F;prach:<lb/>
Siehe&#x017F;t du dorten einen gro&#x017F;&#x017F;en Drachen/ der &#x017F;ein<lb/>
Maul weit auf&#x017F;perret? <hi rendition="#aq">Gomery</hi> &#x017F;prach: Laß ihn nur<lb/>
zufrieden/ wir wollen ihn nicht reitzen. Zu den Wa&#x0364;ch-<lb/>
tern aber rieff er/ &#x017F;ie &#x017F;olten ihre Sa&#x0364;bel zucken/ und ihn<lb/>
vor dem Drachen/ wann er ja na&#x0364;her kommen &#x017F;olte/<lb/>
be&#x017F;chirmen. Die&#x017F;e/ ob &#x017F;ie gleich nichts &#x017F;ehen kunten/<lb/>
begunten am gantzen Leib zu zittern/ weil <hi rendition="#aq">Giurgy</hi><lb/>
nicht abließ/ deß Ge&#x017F;pen&#x017F;tes ab&#x017F;cheuliche Ge&#x017F;talt zu<lb/>
be&#x017F;chreiben. Gleich hierauf zog der Prie&#x017F;ter den Sack<lb/>
und das Ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en auf einmahl mit gro&#x017F;&#x017F;em Unge&#x017F;tu&#x0364;m&#x0303;<lb/>
in die Ho&#x0364;he/ da dann der Sack zerri&#x017F;&#x017F;e/ daß das<lb/>
leuchtende Holtz allenthalben wie Feuerfuncken auf<lb/>
und neben das Bette fiel. Da erhub &#x017F;ich nun ein gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er <hi rendition="#aq">Tumult; Gomery</hi> &#x017F;o wol/ als die Wa&#x0364;chter/ meyne-<lb/>
ten/ der Drache &#x017F;peye Feuer auß/ und weil ein Jeder<lb/>
etwas vom Holtz an &#x017F;ich fand/ wu&#x017F;te er nicht zu blei-<lb/>
ben/ dann &#x017F;ie meyneten/ &#x017F;ie mu&#x0364;&#x017F;ten verbrennen/ ru&#x0364;ttel-<lb/>
ten und &#x017F;chu&#x0364;ttelten demnach das vermeynete Feuer<lb/>
von &#x017F;ich/ und unterde&#x017F;&#x017F;en machte der Prie&#x017F;ter das<lb/>
Ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en loß/ und zog den Sack durchs Loch/ &#x017F;amt dem<lb/>
Stu&#x0364;cklein zu &#x017F;ich. Wie nun das Ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en dem einen<lb/>
Wa&#x0364;chter auf den Kopff fiel/ &#x017F;prang er fu&#x0364;r Ang&#x017F;t<lb/>
nach der Thu&#x0364;r/ und meynete/ der Drache la&#x0364;ge mit<lb/>
dem gantzen Leib auf ihm. Al&#x017F;o ward die&#x017F;er <hi rendition="#aq">Tumult</hi><lb/>
noch gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er/ als der er&#x017F;te/ und der Wirth mu&#x017F;te aber-<lb/>
mahl mit dem Liecht kom&#x0303;en/ welcher aber kein Feuer/<lb/>
&#x017F;ondern faul Holtz fand/ darauß er den Po&#x017F;&#x017F;en der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">andern</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1036/1058] Deß Academiſchen herab allerhand Schelt-Worte auf ſie loß donnern/ dahero es an ein gewaltiges Schmaͤhen gieng/ daß der Wirth nicht ſchlaffen kunte/ welches ihm aber- mahl eine neue Aergernuͤß erweckete. Endlich hielten die droben ein/ und ſtelleten ſich/ als waͤren ſie einge- ſchlaffen. Bald hernach fieng Giurgy abgeredeter Maſſen wieder an/ rieff dem Gomery, und ſprach: Sieheſt du dorten einen groſſen Drachen/ der ſein Maul weit aufſperret? Gomery ſprach: Laß ihn nur zufrieden/ wir wollen ihn nicht reitzen. Zu den Waͤch- tern aber rieff er/ ſie ſolten ihre Saͤbel zucken/ und ihn vor dem Drachen/ wann er ja naͤher kommen ſolte/ beſchirmen. Dieſe/ ob ſie gleich nichts ſehen kunten/ begunten am gantzen Leib zu zittern/ weil Giurgy nicht abließ/ deß Geſpenſtes abſcheuliche Geſtalt zu beſchreiben. Gleich hierauf zog der Prieſter den Sack und das Kuͤſſen auf einmahl mit groſſem Ungeſtuͤm̃ in die Hoͤhe/ da dann der Sack zerriſſe/ daß das leuchtende Holtz allenthalben wie Feuerfuncken auf und neben das Bette fiel. Da erhub ſich nun ein groſ- ſer Tumult; Gomery ſo wol/ als die Waͤchter/ meyne- ten/ der Drache ſpeye Feuer auß/ und weil ein Jeder etwas vom Holtz an ſich fand/ wuſte er nicht zu blei- ben/ dann ſie meyneten/ ſie muͤſten verbrennen/ ruͤttel- ten und ſchuͤttelten demnach das vermeynete Feuer von ſich/ und unterdeſſen machte der Prieſter das Kuͤſſen loß/ und zog den Sack durchs Loch/ ſamt dem Stuͤcklein zu ſich. Wie nun das Kuͤſſen dem einen Waͤchter auf den Kopff fiel/ ſprang er fuͤr Angſt nach der Thuͤr/ und meynete/ der Drache laͤge mit dem gantzen Leib auf ihm. Alſo ward dieſer Tumult noch groͤſſer/ als der erſte/ und der Wirth muſte aber- mahl mit dem Liecht kom̃en/ welcher aber kein Feuer/ ſondern faul Holtz fand/ darauß er den Poſſen der andern

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/1058
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 1036. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/1058>, abgerufen am 14.11.2024.