Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Romans II. Buch.
anfieng. Er rieff dem andern zu/ das Esels-Gespenst
habe ihm das Küssen unterm Kopff weggerissen/ und
tringe auf ihn loß. Jndem er aber also im Bette sas-
se/ machte der lustige Priester die Chorde oben loß/
und ließ das Küssen wieder fallen/ welches dem
furchtsamen Gomery recht auf den Kopff fiel. Hier-
über erschrack Gomery noch mehr/ und rieff: Ach
Giurgy, kommt mir zu Hülffe/ das Gespenst wil mich
steinigen. Dieser hätte für Lachen schier seine Lippen
zerbissen/ doch zwang er sich/ lieff von der Thüre zu
ihm/ und thäte ihm Beystand. Gomery fühlete nach
dem Kopff/ und bildete ihm ein/ er sey verwundet/
derowegen klopffete er so lange/ biß der Wirth mit ei-
nem Liecht herauf kam/ und diesem klagete er seine
grosse Noth; Wie er aber keine Wunde/ viel weniger
eine Beule fand/ da sprach der Wirth: Was gilt es/
Gomery, die andern Gefangenen vexiren euch? Er
aber betheurete/ daß ein Gespenst bey ihm gewesen/
beschriebe ihm auch/ wie es außgesehen/ da er es doch
selber nicht gesehen hatte. Am folgenden Tag ward
dem Gomery abermahl vom Wirth vergönnet/ wider
der Obrigkeit Befehl/ auß seiner Käy zu gehen/ wel-
cher Gelegenheit sich Giurgi, welcher frey ab- und zu-
gehen mochte/ bedienete. Und nachdem er sich mit de-
nen droben beredet/ sammlete er einen alten Sack voll
schimmerenden faulen Holtzes/ legete dem Gomery
solches unter das Hauptküssen/ machte den Sack/
samt dem Küssen/ an die herab gelassene Chorde wie-
der vest/ und als sie Abends zu Bette giengen/ ersuch-
te er den Wirth/ etliche von der Nacht-Wache bey
ihm und seinem Cammeraden zu wachen/ damit sie
nicht durch das Gespenst in Verzweifflung gebracht
würden. Es kamen also 2. Wächter/ welche im Tun-
ckeln bey dem Bette sassen. Aber sie höreten von oben

herab

Romans II. Buch.
anfieng. Er rieff dem andern zu/ das Eſels-Geſpenſt
habe ihm das Kuͤſſen unterm Kopff weggeriſſen/ und
tringe auf ihn loß. Jndem er aber alſo im Bette ſaſ-
ſe/ machte der luſtige Prieſter die Chorde oben loß/
und ließ das Kuͤſſen wieder fallen/ welches dem
furchtſamen Gomery recht auf den Kopff fiel. Hier-
uͤber erſchrack Gomery noch mehr/ und rieff: Ach
Giurgy, kommt mir zu Huͤlffe/ das Geſpenſt wil mich
ſteinigen. Dieſer haͤtte fuͤr Lachen ſchier ſeine Lippen
zerbiſſen/ doch zwang er ſich/ lieff von der Thuͤre zu
ihm/ und thaͤte ihm Beyſtand. Gomery fuͤhlete nach
dem Kopff/ und bildete ihm ein/ er ſey verwundet/
derowegen klopffete er ſo lange/ biß der Wirth mit ei-
nem Liecht herauf kam/ und dieſem klagete er ſeine
groſſe Noth; Wie er aber keine Wunde/ viel weniger
eine Beule fand/ da ſprach der Wirth: Was gilt es/
Gomery, die andern Gefangenen vexiren euch? Er
aber betheurete/ daß ein Geſpenſt bey ihm geweſen/
beſchriebe ihm auch/ wie es außgeſehen/ da er es doch
ſelber nicht geſehen hatte. Am folgenden Tag ward
dem Gomery abermahl vom Wirth vergoͤnnet/ wider
der Obrigkeit Befehl/ auß ſeiner Kaͤy zu gehen/ wel-
cher Gelegenheit ſich Giurgi, welcher frey ab- und zu-
gehen mochte/ bedienete. Und nachdem er ſich mit de-
nen droben beredet/ ſam̃lete er einen alten Sack voll
ſchimmerenden faulen Holtzes/ legete dem Gomery
ſolches unter das Hauptkuͤſſen/ machte den Sack/
ſamt dem Kuͤſſen/ an die herab gelaſſene Chorde wie-
der veſt/ und als ſie Abends zu Bette giengen/ erſuch-
te er den Wirth/ etliche von der Nacht-Wache bey
ihm und ſeinem Cammeraden zu wachen/ damit ſie
nicht durch das Geſpenſt in Verzweifflung gebracht
wuͤrden. Es kamen alſo 2. Waͤchter/ welche im Tun-
ckeln bey dem Bette ſaſſen. Aber ſie hoͤreten von oben

herab
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f1057" n="1035"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Romans <hi rendition="#aq">II.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
anfieng. Er rieff dem andern zu/ das E&#x017F;els-Ge&#x017F;pen&#x017F;t<lb/>
habe ihm das Ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en unterm Kopff weggeri&#x017F;&#x017F;en/ und<lb/>
tringe auf ihn loß. Jndem er aber al&#x017F;o im Bette &#x017F;a&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e/ machte der lu&#x017F;tige Prie&#x017F;ter die Chorde oben loß/<lb/>
und ließ das Ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wieder fallen/ welches dem<lb/>
furcht&#x017F;amen <hi rendition="#aq">Gomery</hi> recht auf den Kopff fiel. Hier-<lb/>
u&#x0364;ber er&#x017F;chrack <hi rendition="#aq">Gomery</hi> noch mehr/ und rieff: Ach<lb/><hi rendition="#aq">Giurgy,</hi> kommt mir zu Hu&#x0364;lffe/ das Ge&#x017F;pen&#x017F;t wil mich<lb/>
&#x017F;teinigen. Die&#x017F;er ha&#x0364;tte fu&#x0364;r Lachen &#x017F;chier &#x017F;eine Lippen<lb/>
zerbi&#x017F;&#x017F;en/ doch zwang er &#x017F;ich/ lieff von der Thu&#x0364;re zu<lb/>
ihm/ und tha&#x0364;te ihm Bey&#x017F;tand. <hi rendition="#aq">Gomery</hi> fu&#x0364;hlete nach<lb/>
dem Kopff/ und bildete ihm ein/ er &#x017F;ey verwundet/<lb/>
derowegen klopffete er &#x017F;o lange/ biß der Wirth mit ei-<lb/>
nem Liecht herauf kam/ und die&#x017F;em klagete er &#x017F;eine<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;e Noth; Wie er aber keine Wunde/ viel weniger<lb/>
eine Beule fand/ da &#x017F;prach der Wirth: Was gilt es/<lb/><hi rendition="#aq">Gomery,</hi> die andern Gefangenen vexiren euch? Er<lb/>
aber betheurete/ daß ein Ge&#x017F;pen&#x017F;t bey ihm gewe&#x017F;en/<lb/>
be&#x017F;chriebe ihm auch/ wie es außge&#x017F;ehen/ da er es doch<lb/>
&#x017F;elber nicht ge&#x017F;ehen hatte. Am folgenden Tag ward<lb/>
dem <hi rendition="#aq">Gomery</hi> abermahl vom Wirth vergo&#x0364;nnet/ wider<lb/>
der Obrigkeit Befehl/ auß &#x017F;einer Ka&#x0364;y zu gehen/ wel-<lb/>
cher Gelegenheit &#x017F;ich <hi rendition="#aq">Giurgi,</hi> welcher frey ab- und zu-<lb/>
gehen mochte/ bedienete. Und nachdem er &#x017F;ich mit de-<lb/>
nen droben beredet/ &#x017F;am&#x0303;lete er einen alten Sack voll<lb/>
&#x017F;chimmerenden faulen Holtzes/ legete dem <hi rendition="#aq">Gomery</hi><lb/>
&#x017F;olches unter das Hauptku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ machte den Sack/<lb/>
&#x017F;amt dem Ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ an die herab gela&#x017F;&#x017F;ene Chorde wie-<lb/>
der ve&#x017F;t/ und als &#x017F;ie Abends zu Bette giengen/ er&#x017F;uch-<lb/>
te er den Wirth/ etliche von der Nacht-Wache bey<lb/>
ihm und &#x017F;einem Cammeraden zu wachen/ damit &#x017F;ie<lb/>
nicht durch das Ge&#x017F;pen&#x017F;t in Verzweifflung gebracht<lb/>
wu&#x0364;rden. Es kamen al&#x017F;o 2. Wa&#x0364;chter/ welche im Tun-<lb/>
ckeln bey dem Bette &#x017F;a&#x017F;&#x017F;en. Aber &#x017F;ie ho&#x0364;reten von oben<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">herab</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1035/1057] Romans II. Buch. anfieng. Er rieff dem andern zu/ das Eſels-Geſpenſt habe ihm das Kuͤſſen unterm Kopff weggeriſſen/ und tringe auf ihn loß. Jndem er aber alſo im Bette ſaſ- ſe/ machte der luſtige Prieſter die Chorde oben loß/ und ließ das Kuͤſſen wieder fallen/ welches dem furchtſamen Gomery recht auf den Kopff fiel. Hier- uͤber erſchrack Gomery noch mehr/ und rieff: Ach Giurgy, kommt mir zu Huͤlffe/ das Geſpenſt wil mich ſteinigen. Dieſer haͤtte fuͤr Lachen ſchier ſeine Lippen zerbiſſen/ doch zwang er ſich/ lieff von der Thuͤre zu ihm/ und thaͤte ihm Beyſtand. Gomery fuͤhlete nach dem Kopff/ und bildete ihm ein/ er ſey verwundet/ derowegen klopffete er ſo lange/ biß der Wirth mit ei- nem Liecht herauf kam/ und dieſem klagete er ſeine groſſe Noth; Wie er aber keine Wunde/ viel weniger eine Beule fand/ da ſprach der Wirth: Was gilt es/ Gomery, die andern Gefangenen vexiren euch? Er aber betheurete/ daß ein Geſpenſt bey ihm geweſen/ beſchriebe ihm auch/ wie es außgeſehen/ da er es doch ſelber nicht geſehen hatte. Am folgenden Tag ward dem Gomery abermahl vom Wirth vergoͤnnet/ wider der Obrigkeit Befehl/ auß ſeiner Kaͤy zu gehen/ wel- cher Gelegenheit ſich Giurgi, welcher frey ab- und zu- gehen mochte/ bedienete. Und nachdem er ſich mit de- nen droben beredet/ ſam̃lete er einen alten Sack voll ſchimmerenden faulen Holtzes/ legete dem Gomery ſolches unter das Hauptkuͤſſen/ machte den Sack/ ſamt dem Kuͤſſen/ an die herab gelaſſene Chorde wie- der veſt/ und als ſie Abends zu Bette giengen/ erſuch- te er den Wirth/ etliche von der Nacht-Wache bey ihm und ſeinem Cammeraden zu wachen/ damit ſie nicht durch das Geſpenſt in Verzweifflung gebracht wuͤrden. Es kamen alſo 2. Waͤchter/ welche im Tun- ckeln bey dem Bette ſaſſen. Aber ſie hoͤreten von oben herab

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/1057
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 1035. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/1057>, abgerufen am 23.11.2024.