Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.Romans II. Buch. welchem er jenes mahls auch viel zu thun gehabt/zwar grimmig an/ durffte sich aber ohne gegebene Ge- legenheit an ihm nicht vergreiffen/ dieser hingegen lachete/ und sprach: Jhr Herren Brüder/ sind wir nicht brave Leute/ die wir jetzo speisen/ und so viel Auf- wärter hinter uns haben. Die Mit-Gefangenen lacheten mit/ und sprach der Priester: Es ist billig/ daß wir unsere Diener bedencken! Er schnitte auch ein Stück Fleisch herunter/ und etliche andern folge- ten ihm darinnen nach/ welches sie der Wacht über- reicheten/ und diese/ als armseelige verhungerte Leute/ nahmen es auch willig an/ und verzehreten es auf der Uberreicher Gesundheit/ welches dem Wirth aber- mahl einen Stich im Hertzen gab. Dahero gieng er hin zur Obrigkeit/ und verklagete seine Gefangene von neuem/ und der Diener kam abermahl/ und be- deutete den Gefangenen/ sie solten darum losen/ daß ihrer drey/ gleich Troll und Venereo, auf Wasser und Brodt sitzen solten/ weil sie den Wirth also vexirten. Weil solches nun die Gefangenen nichts achteten/ loseten sie willig/ und traff das Loß den Officirer/ den Pastorn/ und den Jenigen/ welcher die Gefangenen so offt bey dem Wirth angab/ und mit demselben hielte. Also ward der Officirer zum Pastorn geleget/ und der Dritte/ so Gomery hieß/ blieb allein. Die Gefangenen nahmen zwar ihr Brodt und Wasser an/ liessen es aber stehen/ und assen oder truncken nicht das Gering- ste darvon/ dann so bald solches in der Stadt ruchbar worden/ daß 5. Gefangene auf Wasser und Brodt sassen/ da kamen die Burger der Stadt auß grossem Mitleyden häuffig herein zu ihnen/ und brachten ih- nen mehr von niedlichen Speisen/ als sie verlangeten. Alle Abend rieff Venereus sein gewöhnliches Kükery ky/ ky. Und alsobald bekam er Wein und Brandte- wein. T t t 5
Romans II. Buch. welchem er jenes mahls auch viel zu thun gehabt/zwar grimmig an/ durffte ſich aber ohne gegebene Ge- legenheit an ihm nicht vergreiffen/ dieſer hingegen lachete/ und ſprach: Jhr Herren Bruͤder/ ſind wir nicht brave Leute/ die wir jetzo ſpeiſen/ und ſo viel Auf- waͤrter hinter uns haben. Die Mit-Gefangenen lacheten mit/ und ſprach der Prieſter: Es iſt billig/ daß wir unſere Diener bedencken! Er ſchnitte auch ein Stuͤck Fleiſch herunter/ und etliche andern folge- ten ihm darinnen nach/ welches ſie der Wacht uͤber- reicheten/ und dieſe/ als armſeelige verhungerte Leute/ nahmen es auch willig an/ und verzehreten es auf der Uberreicher Geſundheit/ welches dem Wirth aber- mahl einen Stich im Hertzen gab. Dahero gieng er hin zur Obrigkeit/ und verklagete ſeine Gefangene von neuem/ und der Diener kam abermahl/ und be- deutete den Gefangenen/ ſie ſolten darum loſen/ daß ihrer drey/ gleich Troll und Venereo, auf Waſſer und Brodt ſitzen ſolten/ weil ſie den Wirth alſo vexirten. Weil ſolches nun die Gefangenen nichts achteten/ loſeten ſie willig/ und traff das Loß den Officirer/ den Paſtorn/ und den Jenigen/ welcher die Gefangenen ſo offt bey dem Wirth angab/ und mit demſelben hielte. Alſo ward der Officirer zum Paſtorn geleget/ und der Dritte/ ſo Gomery hieß/ blieb allein. Die Gefangenen nahmen zwar ihr Brodt und Waſſer an/ lieſſen es aber ſtehen/ und aſſen oder truncken nicht das Gering- ſte darvon/ dann ſo bald ſolches in der Stadt ruchbar worden/ daß 5. Gefangene auf Waſſer und Brodt ſaſſen/ da kamen die Burger der Stadt auß groſſem Mitleyden haͤuffig herein zu ihnen/ und brachten ih- nen mehr von niedlichen Speiſen/ als ſie verlangeten. Alle Abend rieff Venereus ſein gewoͤhnliches Kuͤkery ky/ ky. Und alſobald bekam er Wein und Brandte- wein. T t t 5
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Romans II. Buch.
welchem er jenes mahls auch viel zu thun gehabt/
zwar grimmig an/ durffte ſich aber ohne gegebene Ge-
legenheit an ihm nicht vergreiffen/ dieſer hingegen
lachete/ und ſprach: Jhr Herren Bruͤder/ ſind wir
nicht brave Leute/ die wir jetzo ſpeiſen/ und ſo viel Auf-
waͤrter hinter uns haben. Die Mit-Gefangenen
lacheten mit/ und ſprach der Prieſter: Es iſt billig/
daß wir unſere Diener bedencken! Er ſchnitte auch
ein Stuͤck Fleiſch herunter/ und etliche andern folge-
ten ihm darinnen nach/ welches ſie der Wacht uͤber-
reicheten/ und dieſe/ als armſeelige verhungerte Leute/
nahmen es auch willig an/ und verzehreten es auf der
Uberreicher Geſundheit/ welches dem Wirth aber-
mahl einen Stich im Hertzen gab. Dahero gieng er
hin zur Obrigkeit/ und verklagete ſeine Gefangene
von neuem/ und der Diener kam abermahl/ und be-
deutete den Gefangenen/ ſie ſolten darum loſen/ daß
ihrer drey/ gleich Troll und Venereo, auf Waſſer und
Brodt ſitzen ſolten/ weil ſie den Wirth alſo vexirten.
Weil ſolches nun die Gefangenen nichts achteten/
loſeten ſie willig/ und traff das Loß den Officirer/ den
Paſtorn/ und den Jenigen/ welcher die Gefangenen ſo
offt bey dem Wirth angab/ und mit demſelben hielte.
Alſo ward der Officirer zum Paſtorn geleget/ und der
Dritte/ ſo Gomery hieß/ blieb allein. Die Gefangenen
nahmen zwar ihr Brodt und Waſſer an/ lieſſen es
aber ſtehen/ und aſſen oder truncken nicht das Gering-
ſte darvon/ dann ſo bald ſolches in der Stadt ruchbar
worden/ daß 5. Gefangene auf Waſſer und Brodt
ſaſſen/ da kamen die Burger der Stadt auß groſſem
Mitleyden haͤuffig herein zu ihnen/ und brachten ih-
nen mehr von niedlichen Speiſen/ als ſie verlangeten.
Alle Abend rieff Venereus ſein gewoͤhnliches Kuͤkery
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