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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans II. Buch.
hinauß/ an welchen die Nachbarin Statt der Fla-
schen ein zinnern Büchslein voll Brandtewein band/
wie solches die Kinder zugebrauchen pflegen/ wann sie
von der Mutter-Brust gewöhnet werden/ um Milch
oder etwas anders auß einer Röhr darvon zu trin-
cken/ dahero man es eine Säuge-Büchs/ oder in
Nieder-Sachsen ein Nünnecken zu nennen pfleget.
Venereus zog solche Büchse herein/ und kannte sie
bald/ setzete sie an den Mund/ und nahm einen guten
Schlurff zu sich/ überreichte sie hernach dem Troll/
und sagte: Da saufft nur/ es schmecket warlich gut.
Troll setzte das unterste Ende an den Mund/ und wu-
ste nicht/ wie er daran war/ daß solches verschlossen
war/ dann im Dunckeln kunte er nichts sehen; Er
empfand aber/ das durch das umgekehrte Röhrlein
die Tropffen herauß fielen/ dannenhero sprach er:
Wie mach ichs/ hier ist kein Loch/ und dannoch zapffet
der Brandtewein auß? Venereus hielt ihm die Röhr
zum Mund/ und also tranck Troll/ muste aber her-
nach lachen/ daß dieses das erste mahl/ daß er auß ei-
ner Kinder-Büchsen Brandtewein getruncken hätte.
Als auch die andern von ihrer Gesellschafft darvon zu
hören bekommen/ musten sie deß Possen von Hertzen
lachen. Wann deß Nachts die Wacht vorbey gieng/
und rieff/ so fiel Troll in ein Mauer-Loch/ und schalt
sie auf allerhand Weise auß/ alsdann muste der
Wirth aufmachen/ und seine Gäste besichtigen/ aber
da schlieffen sie alsdann alle mit einander/ und war
keiner schuldig daran. Sie warffen auch wol mit
Steinen nach der Wacht/ und hatten viel seltzame
Possen im Gefangen-Hause. Wie auch der Wirth
erfuhr/ daß man Brandtewein in der Nacht in das
Hauß bekommen hatte/ wolte er den Thäter wissen/
und drohete ihm mit Schlägen. Sie warffen sich

aber
T t t

Romans II. Buch.
hinauß/ an welchen die Nachbarin Statt der Fla-
ſchen ein zinnern Buͤchslein voll Brandtewein band/
wie ſolches die Kinder zugebrauchen pflegen/ wann ſie
von der Mutter-Bruſt gewoͤhnet werden/ um Milch
oder etwas anders auß einer Roͤhr darvon zu trin-
cken/ dahero man es eine Saͤuge-Buͤchs/ oder in
Nieder-Sachſen ein Nuͤnnecken zu nennen pfleget.
Venereus zog ſolche Buͤchſe herein/ und kannte ſie
bald/ ſetzete ſie an den Mund/ und nahm einen guten
Schlurff zu ſich/ uͤberreichte ſie hernach dem Troll/
und ſagte: Da ſaufft nur/ es ſchmecket warlich gut.
Troll ſetzte das unterſte Ende an den Mund/ und wu-
ſte nicht/ wie er daran war/ daß ſolches verſchloſſen
war/ dann im Dunckeln kunte er nichts ſehen; Er
empfand aber/ das durch das umgekehrte Roͤhrlein
die Tropffen herauß fielen/ dannenhero ſprach er:
Wie mach ichs/ hier iſt kein Loch/ und dannoch zapffet
der Brandtewein auß? Venereus hielt ihm die Roͤhr
zum Mund/ und alſo tranck Troll/ muſte aber her-
nach lachen/ daß dieſes das erſte mahl/ daß er auß ei-
ner Kinder-Buͤchſen Brandtewein getruncken haͤtte.
Als auch die andern von ihrer Geſellſchafft darvon zu
hoͤren bekommen/ muſten ſie deß Poſſen von Hertzen
lachen. Wann deß Nachts die Wacht vorbey gieng/
und rieff/ ſo fiel Troll in ein Mauer-Loch/ und ſchalt
ſie auf allerhand Weiſe auß/ alsdann muſte der
Wirth aufmachen/ und ſeine Gaͤſte beſichtigen/ aber
da ſchlieffen ſie alsdann alle mit einander/ und war
keiner ſchuldig daran. Sie warffen auch wol mit
Steinen nach der Wacht/ und hatten viel ſeltzame
Poſſen im Gefangen-Hauſe. Wie auch der Wirth
erfuhr/ daß man Brandtewein in der Nacht in das
Hauß bekommen hatte/ wolte er den Thaͤter wiſſen/
und drohete ihm mit Schlaͤgen. Sie warffen ſich

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[1025/1047] Romans II. Buch. hinauß/ an welchen die Nachbarin Statt der Fla- ſchen ein zinnern Buͤchslein voll Brandtewein band/ wie ſolches die Kinder zugebrauchen pflegen/ wann ſie von der Mutter-Bruſt gewoͤhnet werden/ um Milch oder etwas anders auß einer Roͤhr darvon zu trin- cken/ dahero man es eine Saͤuge-Buͤchs/ oder in Nieder-Sachſen ein Nuͤnnecken zu nennen pfleget. Venereus zog ſolche Buͤchſe herein/ und kannte ſie bald/ ſetzete ſie an den Mund/ und nahm einen guten Schlurff zu ſich/ uͤberreichte ſie hernach dem Troll/ und ſagte: Da ſaufft nur/ es ſchmecket warlich gut. Troll ſetzte das unterſte Ende an den Mund/ und wu- ſte nicht/ wie er daran war/ daß ſolches verſchloſſen war/ dann im Dunckeln kunte er nichts ſehen; Er empfand aber/ das durch das umgekehrte Roͤhrlein die Tropffen herauß fielen/ dannenhero ſprach er: Wie mach ichs/ hier iſt kein Loch/ und dannoch zapffet der Brandtewein auß? Venereus hielt ihm die Roͤhr zum Mund/ und alſo tranck Troll/ muſte aber her- nach lachen/ daß dieſes das erſte mahl/ daß er auß ei- ner Kinder-Buͤchſen Brandtewein getruncken haͤtte. Als auch die andern von ihrer Geſellſchafft darvon zu hoͤren bekommen/ muſten ſie deß Poſſen von Hertzen lachen. Wann deß Nachts die Wacht vorbey gieng/ und rieff/ ſo fiel Troll in ein Mauer-Loch/ und ſchalt ſie auf allerhand Weiſe auß/ alsdann muſte der Wirth aufmachen/ und ſeine Gaͤſte beſichtigen/ aber da ſchlieffen ſie alsdann alle mit einander/ und war keiner ſchuldig daran. Sie warffen auch wol mit Steinen nach der Wacht/ und hatten viel ſeltzame Poſſen im Gefangen-Hauſe. Wie auch der Wirth erfuhr/ daß man Brandtewein in der Nacht in das Hauß bekommen hatte/ wolte er den Thaͤter wiſſen/ und drohete ihm mit Schlaͤgen. Sie warffen ſich aber T t t

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 1025. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/1047>, abgerufen am 22.07.2024.