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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans II. Buch.
mangelte/ einen unmenschlichen Schluß/ nemlich einen Schiff-
Gesellen in Stücken zu schneiden. Von dieser Greuel-Speise/
so ihnen der Hunger/ als ein grausamer Speise-Meister/ für-
gesetzet/ assen sie etliche Tage/ und waren nunmehr wieder in der
äussersten Roth/ als ein Englisches Schiff ankam/ und die
Armseeligen errettete. Man brachte sie zu der Königin Elisa-
beth/ welche dazumahl eben beschlossen hatte/ eine Schiffs-
Flotte nach Florida zu schicken.

Unterdessen hat man von gemelten Frantzosen in ihrem
Vatterland nichts erfahren. Koligni, da er bey dem König wie-
der in Gnaden (oder in Schein-Gnaden) war/ brachte so viel
zuwegen/ daß Renatus Laudonnier mit 3. Schiffen abgefertiget
ward/ die Frantzösische Besatz-Völcker in der Carlsburg zu
besuchen. Diese ländete in Neu-Franckreich an/ und sahe den
Marcktstein/ den Ribald vor 2. Jahren allda aufgerichtet/ und
mit dem Frantzös. Wapen und Lorbeer-Gräntzen gezieret. Auch
besuchete er den Heydnischen König Saturiona, dessen Sohn
Atoreus mit seiner eigenen Mutter/ nach Gewonheit dieser Völ-
cker/ unterschiedliche Kinder gezeuget. Jndem er sich allda auf-
hielt/ flackerte ein solches Feuer durch die Lufft/ daß in etlichen
Flüssen für grosser Hitze/ die Fische sturben/ und alles Gewächse
weit und breit verbrannte. Worüber diese neue Ankömmlinge so
wol/ als die Wilden/ in grosse Hungers-Noth fielen. Solcher
Mangel wolte auch nicht abnehmen/ sondern vielmehr zuneh-
men/ und wachsen. Darum/ nachdem Laudonnier eine Zeit-
lang mit dem Hunger gerungen/ und endlich von dem Engel-
länder/ Johann Hauk/ der mit 4. Schiffen daselbst war ange-
langet/ einige Lebens-Mittel/ samt einem Schiff/ erhalten hatte/
schickte er sich/ von dannen wegzuseegeln. Alles war zur Abfahrt
fertig/ als Ricaut, welcher von Diepen zu Seegel gegangen/ mit
7. Schiffen/ vor Carlsburg ankam/ dahin nach wenig Tagen
8. Spanische Kriegs-Schiffe unter dem See-Obersten/ Peter
Melandez,
sich begaben. Die Frantzosen hieben die Ancker-Seile
in Stücken/ und machten sich eilig auß dem Staube. Die Spa-
nische folgeten ihnen auf dem Fuß nach/ kunten sie aber nicht
einholen/ darum lieffen sie in den Mund deß Flusses Delfin, da
das Vorgebürge mit Hülffe der Mohren bevestiget ward. Ri-
bald
ruckete mit der Schiffs-Flotte geschwinde nach der neuen
Schantze zu/ die Spanier herauß zu schlagen/ ehe sie sich vest
verschantzeten. Aber es entstunde ein solcher Sturm/ daß er
zwischen den Klippen seine 7. Schiffe verlohr/ wiewol das Schiff-

Volck
S s s 4

Romans II. Buch.
mangelte/ einen unmenſchlichen Schluß/ nemlich einen Schiff-
Geſellen in Stuͤcken zu ſchneiden. Von dieſer Greuel-Speiſe/
ſo ihnen der Hunger/ als ein grauſamer Speiſe-Meiſter/ fuͤr-
geſetzet/ aſſen ſie etliche Tage/ und waren nunmehr wieder in der
aͤuſſerſten Roth/ als ein Engliſches Schiff ankam/ und die
Armſeeligen errettete. Man brachte ſie zu der Koͤnigin Eliſa-
beth/ welche dazumahl eben beſchloſſen hatte/ eine Schiffs-
Flotte nach Florida zu ſchicken.

Unterdeſſen hat man von gemelten Frantzoſen in ihrem
Vatterland nichts erfahren. Koligni, da er bey dem Koͤnig wie-
der in Gnaden (oder in Schein-Gnaden) war/ brachte ſo viel
zuwegen/ daß Renatus Laudonnier mit 3. Schiffen abgefertiget
ward/ die Frantzoͤſiſche Beſatz-Voͤlcker in der Carlsburg zu
beſuchen. Dieſe laͤndete in Neu-Franckreich an/ und ſahe den
Marcktſtein/ den Ribald vor 2. Jahren allda aufgerichtet/ und
mit dem Frantzoͤſ. Wapen und Lorbeer-Graͤntzen gezieret. Auch
beſuchete er den Heydniſchen Koͤnig Saturiona, deſſen Sohn
Atoreus mit ſeiner eigenen Mutter/ nach Gewonheit dieſer Voͤl-
cker/ unterſchiedliche Kinder gezeuget. Jndem er ſich allda auf-
hielt/ flackerte ein ſolches Feuer durch die Lufft/ daß in etlichen
Fluͤſſen fuͤr groſſer Hitze/ die Fiſche ſturben/ und alles Gewaͤchſe
weit und breit verbrannte. Woruͤber dieſe neue Ankoͤm̃linge ſo
wol/ als die Wilden/ in groſſe Hungers-Noth fielen. Solcher
Mangel wolte auch nicht abnehmen/ ſondern vielmehr zuneh-
men/ und wachſen. Darum/ nachdem Laudonnier eine Zeit-
lang mit dem Hunger gerungen/ und endlich von dem Engel-
laͤnder/ Johann Hauk/ der mit 4. Schiffen daſelbſt war ange-
langet/ einige Lebens-Mittel/ ſamt einem Schiff/ erhalten hatte/
ſchickte er ſich/ von dannen wegzuſeegeln. Alles war zur Abfahrt
fertig/ als Ricaut, welcher von Diepen zu Seegel gegangen/ mit
7. Schiffen/ vor Carlsburg ankam/ dahin nach wenig Tagen
8. Spaniſche Kriegs-Schiffe unter dem See-Oberſten/ Peter
Melandez,
ſich begaben. Die Frantzoſen hieben die Ancker-Seile
in Stuͤcken/ und machten ſich eilig auß dem Staube. Die Spa-
niſche folgeten ihnen auf dem Fuß nach/ kunten ſie aber nicht
einholen/ darum lieffen ſie in den Mund deß Fluſſes Delfin, da
das Vorgebuͤrge mit Huͤlffe der Mohren beveſtiget ward. Ri-
bald
ruckete mit der Schiffs-Flotte geſchwinde nach der neuen
Schantze zu/ die Spanier herauß zu ſchlagen/ ehe ſie ſich veſt
verſchantzeten. Aber es entſtunde ein ſolcher Sturm/ daß er
zwiſchen den Klippen ſeine 7. Schiffe verlohr/ wiewol das Schiff-

Volck
S s s 4
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[1015/1037] Romans II. Buch. mangelte/ einen unmenſchlichen Schluß/ nemlich einen Schiff- Geſellen in Stuͤcken zu ſchneiden. Von dieſer Greuel-Speiſe/ ſo ihnen der Hunger/ als ein grauſamer Speiſe-Meiſter/ fuͤr- geſetzet/ aſſen ſie etliche Tage/ und waren nunmehr wieder in der aͤuſſerſten Roth/ als ein Engliſches Schiff ankam/ und die Armſeeligen errettete. Man brachte ſie zu der Koͤnigin Eliſa- beth/ welche dazumahl eben beſchloſſen hatte/ eine Schiffs- Flotte nach Florida zu ſchicken. Unterdeſſen hat man von gemelten Frantzoſen in ihrem Vatterland nichts erfahren. Koligni, da er bey dem Koͤnig wie- der in Gnaden (oder in Schein-Gnaden) war/ brachte ſo viel zuwegen/ daß Renatus Laudonnier mit 3. Schiffen abgefertiget ward/ die Frantzoͤſiſche Beſatz-Voͤlcker in der Carlsburg zu beſuchen. Dieſe laͤndete in Neu-Franckreich an/ und ſahe den Marcktſtein/ den Ribald vor 2. Jahren allda aufgerichtet/ und mit dem Frantzoͤſ. Wapen und Lorbeer-Graͤntzen gezieret. Auch beſuchete er den Heydniſchen Koͤnig Saturiona, deſſen Sohn Atoreus mit ſeiner eigenen Mutter/ nach Gewonheit dieſer Voͤl- cker/ unterſchiedliche Kinder gezeuget. Jndem er ſich allda auf- hielt/ flackerte ein ſolches Feuer durch die Lufft/ daß in etlichen Fluͤſſen fuͤr groſſer Hitze/ die Fiſche ſturben/ und alles Gewaͤchſe weit und breit verbrannte. Woruͤber dieſe neue Ankoͤm̃linge ſo wol/ als die Wilden/ in groſſe Hungers-Noth fielen. Solcher Mangel wolte auch nicht abnehmen/ ſondern vielmehr zuneh- men/ und wachſen. Darum/ nachdem Laudonnier eine Zeit- lang mit dem Hunger gerungen/ und endlich von dem Engel- laͤnder/ Johann Hauk/ der mit 4. Schiffen daſelbſt war ange- langet/ einige Lebens-Mittel/ ſamt einem Schiff/ erhalten hatte/ ſchickte er ſich/ von dannen wegzuſeegeln. Alles war zur Abfahrt fertig/ als Ricaut, welcher von Diepen zu Seegel gegangen/ mit 7. Schiffen/ vor Carlsburg ankam/ dahin nach wenig Tagen 8. Spaniſche Kriegs-Schiffe unter dem See-Oberſten/ Peter Melandez, ſich begaben. Die Frantzoſen hieben die Ancker-Seile in Stuͤcken/ und machten ſich eilig auß dem Staube. Die Spa- niſche folgeten ihnen auf dem Fuß nach/ kunten ſie aber nicht einholen/ darum lieffen ſie in den Mund deß Fluſſes Delfin, da das Vorgebuͤrge mit Huͤlffe der Mohren beveſtiget ward. Ri- bald ruckete mit der Schiffs-Flotte geſchwinde nach der neuen Schantze zu/ die Spanier herauß zu ſchlagen/ ehe ſie ſich veſt verſchantzeten. Aber es entſtunde ein ſolcher Sturm/ daß er zwiſchen den Klippen ſeine 7. Schiffe verlohr/ wiewol das Schiff- Volck S s s 4

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 1015. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/1037>, abgerufen am 23.11.2024.