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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans II. Buch.

ES giebt zwar/ sprach ein ansehnlicher Venetianer jetzo/ in der
Welt viel böse Zahler/ aber der die grausame Unbarmher-
tzigkeit außzahlen soll/ lässet den Termin nicht vorbey streichen/
welchen der Vergelter alles Guten und Bösen bestimmet hatl
daß an demselben ein Jeglicher/ seiner Handlungen halben/ solle
heimgesuthet werden. Dann GOTT/ gleich wie er gegen die
Barmhertzigen gütig und freundlich ist/ und ihnen wiederum
Barmhertzigkeit wiederfahren lässet/ lässet also im Gegentheil
über die Unbarmbertzigen ein unbarmhertziges Gericht ergehen/
und ihnen mit gleicher Maase messen. Solcher sein gerechter
Eyfer ergreisfet und verzehret nicht allein die Jenigen/ welche
mit getaufften Christen umgehen/ wie Löwen und Bären mit
den Schaafen und Lämmern/ sondern eben so wol die/ so den ar-
men Heyden/ ohne alle Ursache/ die Klauen ihrer wilden Grau-
samkeit zu füblen geben. Jnmassen solches unterschiedliche
Americanische Geschichten außweisen. Weil die Spanische
Besatzung der Chilischen schönen Stadt Baldivia grosse Uber-
last und unerträgliche Plage anthäte/ ward dieselbe endlich dar-
über so hefftig erbittert/ daß sie A. 1599. alle Spanier erwürgete.
Dem Statthalter ward/ als einem unersättlichen Gold-Geyer/
geschmeltztes Gold in Mund und Ohren gegossen. Auß seiner
Hirnschaale machten sie Trinck-Geschirre/ und auß den Schen-
ckeln Trompete[n]. Auf der Jnsel Porto Rico wurden alle Ein-
wohner nach und nach durch die Tyranney der Spanier auß-
gerottet/ also/ daß diese zuletzt sich mit Africanischen Mohren
bersehen musten/ damit die Bergwercke und Zucker-Mühlen
nicht dörfften feyren. Aher der unvergnügliche Geitz bürdete
diesen Schwartzen eben so wol unmenschliche Bürden auf/ und
verfuhr mit ihnen gar unbarmhertzig. Dann/ wann ein Mohr
deß Abends nicht Goldes gung heim brachte/ ließ ihn sein Herr
nacket abkleiden/ band ihn an einen Pfahl/ geisselte und peitschete
ihn wund/ goß folgends siedends Oel in die Wunden/ streuete
nachmahls Saltz und Pfeffer hinein/ und ließ ihn ligen. Bißwei-
len senckete er ihn in einen Brunnen voll Wassers/ also/ daß wei-
ter nichts/ ohne allein der Kopff herauß stund. Aber hierdurch
wurden die Tyrannisirte veranlasset/ tapsser außzureissen/ und
sich in grosse Hauffen zu rottiren. Wann ihnen nun die Spa-
nier in die Hände geriethen/ blieben sie ihnen nichts schnldig/ son-
dern zahleten mit gleicher Müntze redlich auß. Ja/ sie vermehr-
ten sich auf Hispaniola so häuffig/ daß die Kron Spanien einen
allgemeinen Aufstand befürchten muste. Das seynd der Tyran-
ney endliche Früchte!

Jn
S s s 3
Romans II. Buch.

ES giebt zwar/ ſprach ein anſehnlicher Venetianer jetzo/ in der
Welt viel boͤſe Zahler/ aber der die grauſame Unbarmher-
tzigkeit außzahlen ſoll/ laͤſſet den Termin nicht vorbey ſtreichen/
welchen der Vergelter alles Guten und Boͤſen beſtimmet hatl
daß an demſelben ein Jeglicher/ ſeiner Handlungen halben/ ſolle
heimgeſuthet werden. Dann GOTT/ gleich wie er gegen die
Barmhertzigen guͤtig und freundlich iſt/ und ihnen wiederum
Barmhertzigkeit wiederfahren laͤſſet/ laͤſſet alſo im Gegentheil
uͤber die Unbarmbertzigen ein unbarmhertziges Gericht ergehen/
und ihnen mit gleicher Maaſe meſſen. Solcher ſein gerechter
Eyfer ergreiſfet und verzehret nicht allein die Jenigen/ welche
mit getaufften Chriſten umgehen/ wie Loͤwen und Baͤren mit
den Schaafen und Laͤmmern/ ſondern eben ſo wol die/ ſo den ar-
men Heyden/ ohne alle Urſache/ die Klauen ihrer wilden Grau-
ſamkeit zu fuͤblen geben. Jnmaſſen ſolches unterſchiedliche
Americaniſche Geſchichten außweiſen. Weil die Spaniſche
Beſatzung der Chiliſchen ſchoͤnen Stadt Baldivia groſſe Uber-
laſt und unertraͤgliche Plage anthaͤte/ ward dieſelbe endlich dar-
uͤber ſo hefftig erbittert/ daß ſie A. 1599. alle Spanier erwuͤrgete.
Dem Statthalter ward/ als einem unerſaͤttlichen Gold-Geyer/
geſchmeltztes Gold in Mund und Ohren gegoſſen. Auß ſeiner
Hirnſchaale machten ſie Trinck-Geſchirre/ und auß den Schen-
ckeln Trompete[n]. Auf der Jnſel Porto Rico wurden alle Ein-
wohner nach und nach durch die Tyranney der Spanier auß-
gerottet/ alſo/ daß dieſe zuletzt ſich mit Africaniſchen Mohren
berſehen muſten/ damit die Bergwercke und Zucker-Muͤhlen
nicht doͤrfften feyren. Aher der unvergnuͤgliche Geitz buͤrdete
dieſen Schwartzen eben ſo wol unmenſchliche Buͤrden auf/ und
verfuhr mit ihnen gar unbarmhertzig. Dann/ wann ein Mohr
deß Abends nicht Goldes gung heim brachte/ ließ ihn ſein Herꝛ
nacket abkleiden/ band ihn an einen Pfahl/ geiſſelte und peitſchete
ihn wund/ goß folgends ſiedends Oel in die Wunden/ ſtreuete
nachmahls Saltz und Pfeffer hinein/ und ließ ihn ligen. Bißwei-
len ſenckete er ihn in einen Brunnen voll Waſſers/ alſo/ daß wei-
ter nichts/ ohne allein der Kopff herauß ſtund. Aber hierdurch
wurden die Tyranniſirte veranlaſſet/ tapſſer außzureiſſen/ und
ſich in groſſe Hauffen zu rottiren. Wann ihnen nun die Spa-
nier in die Haͤnde geriethen/ blieben ſie ihnen nichts ſchnldig/ ſon-
dern zahleten mit gleicher Muͤntze redlich auß. Ja/ ſie vermehr-
ten ſich auf Hiſpaniola ſo haͤuffig/ daß die Kron Spanien einen
allgemeinen Aufſtand befuͤrchten muſte. Das ſeynd der Tyran-
ney endliche Fruͤchte!

Jn
S s s 3
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[1013/1035] Romans II. Buch. ES giebt zwar/ ſprach ein anſehnlicher Venetianer jetzo/ in der Welt viel boͤſe Zahler/ aber der die grauſame Unbarmher- tzigkeit außzahlen ſoll/ laͤſſet den Termin nicht vorbey ſtreichen/ welchen der Vergelter alles Guten und Boͤſen beſtimmet hatl daß an demſelben ein Jeglicher/ ſeiner Handlungen halben/ ſolle heimgeſuthet werden. Dann GOTT/ gleich wie er gegen die Barmhertzigen guͤtig und freundlich iſt/ und ihnen wiederum Barmhertzigkeit wiederfahren laͤſſet/ laͤſſet alſo im Gegentheil uͤber die Unbarmbertzigen ein unbarmhertziges Gericht ergehen/ und ihnen mit gleicher Maaſe meſſen. Solcher ſein gerechter Eyfer ergreiſfet und verzehret nicht allein die Jenigen/ welche mit getaufften Chriſten umgehen/ wie Loͤwen und Baͤren mit den Schaafen und Laͤmmern/ ſondern eben ſo wol die/ ſo den ar- men Heyden/ ohne alle Urſache/ die Klauen ihrer wilden Grau- ſamkeit zu fuͤblen geben. Jnmaſſen ſolches unterſchiedliche Americaniſche Geſchichten außweiſen. Weil die Spaniſche Beſatzung der Chiliſchen ſchoͤnen Stadt Baldivia groſſe Uber- laſt und unertraͤgliche Plage anthaͤte/ ward dieſelbe endlich dar- uͤber ſo hefftig erbittert/ daß ſie A. 1599. alle Spanier erwuͤrgete. Dem Statthalter ward/ als einem unerſaͤttlichen Gold-Geyer/ geſchmeltztes Gold in Mund und Ohren gegoſſen. Auß ſeiner Hirnſchaale machten ſie Trinck-Geſchirre/ und auß den Schen- ckeln Trompeten. Auf der Jnſel Porto Rico wurden alle Ein- wohner nach und nach durch die Tyranney der Spanier auß- gerottet/ alſo/ daß dieſe zuletzt ſich mit Africaniſchen Mohren berſehen muſten/ damit die Bergwercke und Zucker-Muͤhlen nicht doͤrfften feyren. Aher der unvergnuͤgliche Geitz buͤrdete dieſen Schwartzen eben ſo wol unmenſchliche Buͤrden auf/ und verfuhr mit ihnen gar unbarmhertzig. Dann/ wann ein Mohr deß Abends nicht Goldes gung heim brachte/ ließ ihn ſein Herꝛ nacket abkleiden/ band ihn an einen Pfahl/ geiſſelte und peitſchete ihn wund/ goß folgends ſiedends Oel in die Wunden/ ſtreuete nachmahls Saltz und Pfeffer hinein/ und ließ ihn ligen. Bißwei- len ſenckete er ihn in einen Brunnen voll Waſſers/ alſo/ daß wei- ter nichts/ ohne allein der Kopff herauß ſtund. Aber hierdurch wurden die Tyranniſirte veranlaſſet/ tapſſer außzureiſſen/ und ſich in groſſe Hauffen zu rottiren. Wann ihnen nun die Spa- nier in die Haͤnde geriethen/ blieben ſie ihnen nichts ſchnldig/ ſon- dern zahleten mit gleicher Muͤntze redlich auß. Ja/ ſie vermehr- ten ſich auf Hiſpaniola ſo haͤuffig/ daß die Kron Spanien einen allgemeinen Aufſtand befuͤrchten muſte. Das ſeynd der Tyran- ney endliche Fruͤchte! Jn S s s 3

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 1013. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/1035>, abgerufen am 23.11.2024.