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Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731.

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ist Raum und Statt/ und kan also GOtt auf
keine Weise beygeleget werden. Daß GOtt durch
Wörter seinen Willen bekannt machen könne/
hat nichts Widersprechendes in sich und ist auch
würcklich geschehen: allein da solches nicht in der
Ordnung der Natur gegründet und folglich nicht
allgemein; so ist diß nicht der Weg/ vermittelst wel-
che wir durch Hülffe blosser Vernunft zur Erkännt-
nüs des göttl. Willens gelangen mögen. Solchem-
nach bleibt nichts übrig/ als daß man aus den
Wercken GOttes seinen Willen beurtheile. Jch
setze als unstreitig fest/ daß GOtt bey allen sei-
nen Wercken seine Absichten habe/ welche auf die
Erhaltung einer allgemeinen Absicht/ die keine an-
dere als der vollenkommenste Glückstand seiner ver-
nünftigen Creaturen nach dem Maaß ihrer Fä-
higkeit seyn kan/ abzielen muß: ich nehm dabey
als gewiß an/ daß solche auf die bestmöglichste
Folge und Wirckung eines jeden Dinges gerich-
tet/ und daß es/ damit solcher erreichet werde/ auf
den rechten Gebrauch menschlicher Freyheit mit
ankomme: und daraus folgere ich dann diesen
Satz: GOtt will/ daß der Mensch sich bey
einer jeglichen Sache seiner Freyheit also ge-
brauche/ damit daraus die beste Wirckung/ so
möglich ist/ erfolge.
Z. E. der Mensch hat ein
scharffes Gefühl von seinem Leben: der vollenkommen-
ste Nutzen davon ist der/ daß er lang/ gesund und
in dem Stand der Zufriedenheit lebe; so geht die
göttliche Absicht/ in dem GOtt diese Empfin-

dung



iſt Raum und Statt/ und kan alſo GOtt auf
keine Weiſe beygeleget werden. Daß GOtt durch
Woͤrter ſeinen Willen bekannt machen koͤnne/
hat nichts Widerſprechendes in ſich und iſt auch
wuͤrcklich geſchehen: allein da ſolches nicht in der
Ordnung der Natur gegruͤndet und folglich nicht
allgemein; ſo iſt diß nicht der Weg/ vermittelſt wel-
che wir durch Huͤlffe bloſſer Vernunft zur Erkaͤnnt-
nuͤs des goͤttl. Willens gelangen moͤgen. Solchem-
nach bleibt nichts uͤbrig/ als daß man aus den
Wercken GOttes ſeinen Willen beurtheile. Jch
ſetze als unſtreitig feſt/ daß GOtt bey allen ſei-
nen Wercken ſeine Abſichten habe/ welche auf die
Erhaltung einer allgemeinen Abſicht/ die keine an-
dere als der vollenkommenſte Gluͤckſtand ſeiner ver-
nuͤnftigen Creaturen nach dem Maaß ihrer Faͤ-
higkeit ſeyn kan/ abzielen muß: ich nehm dabey
als gewiß an/ daß ſolche auf die beſtmoͤglichſte
Folge und Wirckung eines jeden Dinges gerich-
tet/ und daß es/ damit ſolcher erreichet werde/ auf
den rechten Gebrauch menſchlicher Freyheit mit
ankomme: und daraus folgere ich dann dieſen
Satz: GOtt will/ daß der Menſch ſich bey
einer jeglichen Sache ſeiner Freyheit alſo ge-
brauche/ damit daraus die beſte Wirckung/ ſo
moͤglich iſt/ erfolge.
Z. E. der Menſch hat ein
ſcharffes Gefuͤhl von ſeinem Leben: der vollenkom̃en-
ſte Nutzen davon iſt der/ daß er lang/ geſund und
in dem Stand der Zufriedenheit lebe; ſo geht die
goͤttliche Abſicht/ in dem GOtt dieſe Empfin-

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[40/0092] iſt Raum und Statt/ und kan alſo GOtt auf keine Weiſe beygeleget werden. Daß GOtt durch Woͤrter ſeinen Willen bekannt machen koͤnne/ hat nichts Widerſprechendes in ſich und iſt auch wuͤrcklich geſchehen: allein da ſolches nicht in der Ordnung der Natur gegruͤndet und folglich nicht allgemein; ſo iſt diß nicht der Weg/ vermittelſt wel- che wir durch Huͤlffe bloſſer Vernunft zur Erkaͤnnt- nuͤs des goͤttl. Willens gelangen moͤgen. Solchem- nach bleibt nichts uͤbrig/ als daß man aus den Wercken GOttes ſeinen Willen beurtheile. Jch ſetze als unſtreitig feſt/ daß GOtt bey allen ſei- nen Wercken ſeine Abſichten habe/ welche auf die Erhaltung einer allgemeinen Abſicht/ die keine an- dere als der vollenkommenſte Gluͤckſtand ſeiner ver- nuͤnftigen Creaturen nach dem Maaß ihrer Faͤ- higkeit ſeyn kan/ abzielen muß: ich nehm dabey als gewiß an/ daß ſolche auf die beſtmoͤglichſte Folge und Wirckung eines jeden Dinges gerich- tet/ und daß es/ damit ſolcher erreichet werde/ auf den rechten Gebrauch menſchlicher Freyheit mit ankomme: und daraus folgere ich dann dieſen Satz: GOtt will/ daß der Menſch ſich bey einer jeglichen Sache ſeiner Freyheit alſo ge- brauche/ damit daraus die beſte Wirckung/ ſo moͤglich iſt/ erfolge. Z. E. der Menſch hat ein ſcharffes Gefuͤhl von ſeinem Leben: der vollenkom̃en- ſte Nutzen davon iſt der/ daß er lang/ geſund und in dem Stand der Zufriedenheit lebe; ſo geht die goͤttliche Abſicht/ in dem GOtt dieſe Empfin- dung

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Zitationshilfe: Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731/92>, abgerufen am 27.11.2024.