Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731.

Bild:
<< vorherige Seite



da meinen/ daß der Mensch aus eigenen Kräften
sich könne zu GOtt wenden/ das Gesetz vollen-
kommentlich halten/ und das ewige Leben erwer-
ben. Sie hält nicht weniger die Meinungen
der Semipelagianer, der Massilienser, der Papisten/
Synergisten/ Enthusiasten und anderer/ welche dem
Menschen in seinem natürlichen Zustand einige
Kraft an seiner Seligkeit zu wircken beylegen/
mit Grund vor irrig. form. conc. art. II. de lib. ar-
bitr. p. 677. edit. Rechenb.
Ob nun zwar auf solche
Art dem Menschen die Freyheit/ durch sich selbst
bekehrt zu werden und den Weg zum Leben zu fin-
den/ abgesprochen wird; so bleibt ihm doch die
Freyheit durch sich selbst nicht bekehrt zu werden/
und der Gnade/ welche sich hiezu geschäftig erweist/
Widerstand zu thun. Hulsem. dispp. III. de aux.
gratiae quaest. VII. thes. I.
§. 4. GOtt braucht in der
Bekehrung des Menschen eine zulängliche/ aber
keine unüberwindliche oder/ wie es etliche ausdrü-
cken/ allmächtige Gnade. Es würde aus dem
Werck der Bekehrung ein mechanismus spiritualis
und der bekehrte Mensch in primo termino con-
versionis
ein automa spirituale seyn. Es ist nicht
zu begreiffen/ wie es mit der Menschlichkeit zusam-
men zu reimen/ wenn etliche in der Reformirten
Kirche lehren/ daß der Gnade Gottes von dem
Menschen in actu primo & secundo nicht möge wi-
derstanden werden/ d. i. daß diejenige/ an welchen
GOtt mit seiner Gnade wircket/ nicht nur würck-
lich allemahl bekehret werden; sondern daß es auch

nicht



da meinen/ daß der Menſch aus eigenen Kraͤften
ſich koͤnne zu GOtt wenden/ das Geſetz vollen-
kommentlich halten/ und das ewige Leben erwer-
ben. Sie haͤlt nicht weniger die Meinungen
der Semipelagianer, der Maſſilienſer, der Papiſten/
Synergiſten/ Enthuſiaſten und anderer/ welche dem
Menſchen in ſeinem natuͤrlichen Zuſtand einige
Kraft an ſeiner Seligkeit zu wircken beylegen/
mit Grund vor irrig. form. conc. art. II. de lib. ar-
bitr. p. 677. edit. Rechenb.
Ob nun zwar auf ſolche
Art dem Menſchen die Freyheit/ durch ſich ſelbſt
bekehrt zu werden und den Weg zum Leben zu fin-
den/ abgeſprochen wird; ſo bleibt ihm doch die
Freyheit durch ſich ſelbſt nicht bekehrt zu werden/
und der Gnade/ welche ſich hiezu geſchaͤftig erweiſt/
Widerſtand zu thun. Hulſem. diſpp. III. de aux.
gratiæ quæſt. VII. theſ. I.
§. 4. GOtt braucht in der
Bekehrung des Menſchen eine zulaͤngliche/ aber
keine unuͤberwindliche oder/ wie es etliche ausdruͤ-
cken/ allmaͤchtige Gnade. Es wuͤrde aus dem
Werck der Bekehrung ein mechanismus ſpiritualis
und der bekehrte Menſch in primo termino con-
verſionis
ein automa ſpirituale ſeyn. Es iſt nicht
zu begreiffen/ wie es mit der Menſchlichkeit zuſam-
men zu reimen/ wenn etliche in der Reformirten
Kirche lehren/ daß der Gnade Gottes von dem
Menſchen in actu primo & ſecundo nicht moͤge wi-
derſtanden werden/ d. i. daß diejenige/ an welchen
GOtt mit ſeiner Gnade wircket/ nicht nur wuͤrck-
lich allemahl bekehret werden; ſondern daß es auch

nicht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0076" n="24"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
da meinen/ daß der Men&#x017F;ch aus eigenen Kra&#x0364;ften<lb/>
&#x017F;ich ko&#x0364;nne zu GOtt wenden/ das Ge&#x017F;etz vollen-<lb/>
kommentlich halten/ und das ewige Leben erwer-<lb/>
ben. Sie ha&#x0364;lt nicht weniger die Meinungen<lb/>
der <hi rendition="#aq">Semipelagianer,</hi> der <hi rendition="#aq">Ma&#x017F;&#x017F;ilien&#x017F;er,</hi> der Papi&#x017F;ten/<lb/><hi rendition="#aq">Synergi</hi>&#x017F;ten/ <hi rendition="#aq">Enthu&#x017F;ia</hi>&#x017F;ten und anderer/ welche dem<lb/>
Men&#x017F;chen in &#x017F;einem natu&#x0364;rlichen Zu&#x017F;tand einige<lb/>
Kraft an &#x017F;einer Seligkeit zu wircken beylegen/<lb/>
mit Grund vor irrig. <hi rendition="#aq">form. conc. art. II. de lib. ar-<lb/>
bitr. p. 677. edit. Rechenb.</hi> Ob nun zwar auf &#x017F;olche<lb/>
Art dem Men&#x017F;chen die Freyheit/ durch &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
bekehrt zu werden und den Weg zum Leben zu fin-<lb/>
den/ abge&#x017F;prochen wird; &#x017F;o bleibt ihm doch die<lb/>
Freyheit durch &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t nicht bekehrt zu werden/<lb/>
und der Gnade/ welche &#x017F;ich hiezu ge&#x017F;cha&#x0364;ftig erwei&#x017F;t/<lb/>
Wider&#x017F;tand zu thun. <hi rendition="#aq">Hul&#x017F;em. di&#x017F;pp. III. de aux.<lb/>
gratiæ quæ&#x017F;t. VII. the&#x017F;. I.</hi> §. 4. GOtt braucht in der<lb/>
Bekehrung des Men&#x017F;chen eine zula&#x0364;ngliche/ aber<lb/>
keine unu&#x0364;berwindliche oder/ wie es etliche ausdru&#x0364;-<lb/>
cken/ allma&#x0364;chtige Gnade. Es wu&#x0364;rde aus dem<lb/>
Werck der Bekehrung ein <hi rendition="#aq">mechanismus &#x017F;piritualis</hi><lb/>
und der bekehrte Men&#x017F;ch <hi rendition="#aq">in primo termino con-<lb/>
ver&#x017F;ionis</hi> ein <hi rendition="#aq">automa &#x017F;pirituale</hi> &#x017F;eyn. Es i&#x017F;t nicht<lb/>
zu begreiffen/ wie es mit der Men&#x017F;chlichkeit zu&#x017F;am-<lb/>
men zu reimen/ wenn etliche in der Reformirten<lb/>
Kirche lehren/ daß der Gnade Gottes von dem<lb/>
Men&#x017F;chen <hi rendition="#aq">in actu primo &amp; &#x017F;ecundo</hi> nicht mo&#x0364;ge wi-<lb/>
der&#x017F;tanden werden/ d. i. daß diejenige/ an welchen<lb/>
GOtt mit &#x017F;einer Gnade wircket/ nicht nur wu&#x0364;rck-<lb/>
lich allemahl bekehret werden; &#x017F;ondern daß es auch<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nicht</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[24/0076] da meinen/ daß der Menſch aus eigenen Kraͤften ſich koͤnne zu GOtt wenden/ das Geſetz vollen- kommentlich halten/ und das ewige Leben erwer- ben. Sie haͤlt nicht weniger die Meinungen der Semipelagianer, der Maſſilienſer, der Papiſten/ Synergiſten/ Enthuſiaſten und anderer/ welche dem Menſchen in ſeinem natuͤrlichen Zuſtand einige Kraft an ſeiner Seligkeit zu wircken beylegen/ mit Grund vor irrig. form. conc. art. II. de lib. ar- bitr. p. 677. edit. Rechenb. Ob nun zwar auf ſolche Art dem Menſchen die Freyheit/ durch ſich ſelbſt bekehrt zu werden und den Weg zum Leben zu fin- den/ abgeſprochen wird; ſo bleibt ihm doch die Freyheit durch ſich ſelbſt nicht bekehrt zu werden/ und der Gnade/ welche ſich hiezu geſchaͤftig erweiſt/ Widerſtand zu thun. Hulſem. diſpp. III. de aux. gratiæ quæſt. VII. theſ. I. §. 4. GOtt braucht in der Bekehrung des Menſchen eine zulaͤngliche/ aber keine unuͤberwindliche oder/ wie es etliche ausdruͤ- cken/ allmaͤchtige Gnade. Es wuͤrde aus dem Werck der Bekehrung ein mechanismus ſpiritualis und der bekehrte Menſch in primo termino con- verſionis ein automa ſpirituale ſeyn. Es iſt nicht zu begreiffen/ wie es mit der Menſchlichkeit zuſam- men zu reimen/ wenn etliche in der Reformirten Kirche lehren/ daß der Gnade Gottes von dem Menſchen in actu primo & ſecundo nicht moͤge wi- derſtanden werden/ d. i. daß diejenige/ an welchen GOtt mit ſeiner Gnade wircket/ nicht nur wuͤrck- lich allemahl bekehret werden; ſondern daß es auch nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731/76
Zitationshilfe: Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731/76>, abgerufen am 26.11.2024.