Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731.Vorrede. als mich in allerley dunckeln und künstlichenAusdrückungen verstecken: damit es dem Leser nicht sauer würde, bald von meinen Gedan- cken Begriffe zu erlangen. Die Warheit ist niemahls schöner, als wenn sie sich nackt sehen läst. Ob ich meinem Vorsatz ein Ge- nüge gethan, und Vernunft und Schrift auf die Art gebrauchet, welche ich selbst als ein Mittel zur Uberzeugung zu gelangen, angege- ben, darüber solt du, mein Leser, selbst das Ur- theil fällen und dieses falle aus, wie es wol- le, so wirst du mich niemals desfals mißver- gnügt und verdrießlich finden. Jch sehe ja täglich, was Menschen thun, wie sie sich in Beurtheilung anderer Gedancken von ihren Neigungen treiben lassen: und ich verlange nicht, daß man mir soll etwas neues machen. Doch damit du dich hierin nicht übereilen mö- gest, so erinnere ich wollmeinend, eine jede Frage so wohl nach ihrem Jnnhalt als nach ihrem Zusammenhang mit denen vorherge- henden, recht einzusehen und zu prüfen. Zwar was den Mann betrift, gegen welche diese Schrift insonderheit gerichtet; so ist er frey- lich von denen, die gar keinen Widerspruch vertragen können. Er handelt mit seinen Gegnern nicht allein unfreundlich; sondern auch
Vorrede. als mich in allerley dunckeln und kuͤnſtlichenAusdruͤckungen verſtecken: damit es dem Leſer nicht ſauer wuͤrde, bald von meinen Gedan- cken Begriffe zu erlangen. Die Warheit iſt niemahls ſchoͤner, als wenn ſie ſich nackt ſehen laͤſt. Ob ich meinem Vorſatz ein Ge- nuͤge gethan, und Vernunft und Schrift auf die Art gebrauchet, welche ich ſelbſt als ein Mittel zur Uberzeugung zu gelangen, angege- ben, daruͤber ſolt du, mein Leſer, ſelbſt das Ur- theil faͤllen und dieſes falle aus, wie es wol- le, ſo wirſt du mich niemals desfals mißver- gnuͤgt und verdrießlich finden. Jch ſehe ja taͤglich, was Menſchen thun, wie ſie ſich in Beurtheilung anderer Gedancken von ihren Neigungen treiben laſſen: und ich verlange nicht, daß man mir ſoll etwas neues machen. Doch damit du dich hierin nicht uͤbereilen moͤ- geſt, ſo erinnere ich wollmeinend, eine jede Frage ſo wohl nach ihrem Jnnhalt als nach ihrem Zuſammenhang mit denen vorherge- henden, recht einzuſehen und zu pruͤfen. Zwar was den Mann betrift, gegen welche dieſe Schrift inſonderheit gerichtet; ſo iſt er frey- lich von denen, die gar keinen Widerſpruch vertragen koͤnnen. Er handelt mit ſeinen Gegnern nicht allein unfreundlich; ſondern auch
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Vorrede.
als mich in allerley dunckeln und kuͤnſtlichen
Ausdruͤckungen verſtecken: damit es dem Leſer
nicht ſauer wuͤrde, bald von meinen Gedan-
cken Begriffe zu erlangen. Die Warheit
iſt niemahls ſchoͤner, als wenn ſie ſich nackt
ſehen laͤſt. Ob ich meinem Vorſatz ein Ge-
nuͤge gethan, und Vernunft und Schrift auf
die Art gebrauchet, welche ich ſelbſt als ein
Mittel zur Uberzeugung zu gelangen, angege-
ben, daruͤber ſolt du, mein Leſer, ſelbſt das Ur-
theil faͤllen und dieſes falle aus, wie es wol-
le, ſo wirſt du mich niemals desfals mißver-
gnuͤgt und verdrießlich finden. Jch ſehe ja
taͤglich, was Menſchen thun, wie ſie ſich in
Beurtheilung anderer Gedancken von ihren
Neigungen treiben laſſen: und ich verlange
nicht, daß man mir ſoll etwas neues machen.
Doch damit du dich hierin nicht uͤbereilen moͤ-
geſt, ſo erinnere ich wollmeinend, eine jede
Frage ſo wohl nach ihrem Jnnhalt als nach
ihrem Zuſammenhang mit denen vorherge-
henden, recht einzuſehen und zu pruͤfen. Zwar
was den Mann betrift, gegen welche dieſe
Schrift inſonderheit gerichtet; ſo iſt er frey-
lich von denen, die gar keinen Widerſpruch
vertragen koͤnnen. Er handelt mit ſeinen
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