Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731.

Bild:
<< vorherige Seite



mung müsse geordnet haben. Diese vorherbe-
stimmte Harmonie unter denen Lastern und dem
Ubel des Leidens ist nicht so schwer zu begreiffen;
als die/ welche nach der Meynung des Hn. von
Leibnitz zwischen Leib und Seele seyn soll. Theod.
P. I. §. LXXIV.
Aber wir haben uns hiebey noch
auf eine andere Art über J. C. Dippel zu beschwe-
ren. Er wil nicht/ daß die natürliche Straffen
der Sünden von GOtt kommen: er bringt uns
aber dagegen den Begriff von GOtt bey/ als
wenn er an der Sünde oder dem Abfall selbst
Ursache. Jn meinem Augen ist es eine wunder-
liche und fast Gotteslästerliche Lehre/ wenn. J. C.
Dippel
sagt/ daß GOtt dem Menschen den
Einfluß seiner Seeligkeit auf eine Zeit entzo-
gen/ um durch diesen Mangel ihm bekannt zu
machen/ daß er als ein Geschöpff seine Se-
ligkeit nicht aus sich selbst besitze/ sondern
von einem andern müsse herabhangen/ um
glückselig und vergnügt zu seyn und daß der
Mensch in diesem
statu penuriae sich durch Ver-
führung des Teufels hätte verleiten lassen etc.

p. 81. Nach denen Dippelschen Grund-Lehren
frage ich: Was hat GOtt daran gelegen seyn
können/ ob der Mensch wüste/ woher er seine
Seligkeit hätte? denn siehet GOtt in seinen Be-
mühungen/ die Creatur glücklich zu machen/ nicht
auf sich selbst/ wie J. C. Dippel lehret/ warum
sollte er wollen/ daß sie eben wissen müsten/ von wel-
chem sie ihre Seligkeit hätten? Für mich aber frage

ich:



mung muͤſſe geordnet haben. Dieſe vorherbe-
ſtimmte Harmonie unter denen Laſtern und dem
Ubel des Leidens iſt nicht ſo ſchwer zu begreiffen;
als die/ welche nach der Meynung des Hn. von
Leibnitz zwiſchen Leib und Seele ſeyn ſoll. Theod.
P. I. §. LXXIV.
Aber wir haben uns hiebey noch
auf eine andere Art uͤber J. C. Dippel zu beſchwe-
ren. Er wil nicht/ daß die natuͤrliche Straffen
der Suͤnden von GOtt kommen: er bringt uns
aber dagegen den Begriff von GOtt bey/ als
wenn er an der Suͤnde oder dem Abfall ſelbſt
Urſache. Jn meinem Augen iſt es eine wunder-
liche und faſt Gotteslaͤſterliche Lehre/ wenn. J. C.
Dippel
ſagt/ daß GOtt dem Menſchen den
Einfluß ſeiner Seeligkeit auf eine Zeit entzo-
gen/ um durch dieſen Mangel ihm bekannt zu
machen/ daß er als ein Geſchoͤpff ſeine Se-
ligkeit nicht aus ſich ſelbſt beſitze/ ſondern
von einem andern muͤſſe herabhangen/ um
gluͤckſelig und vergnuͤgt zu ſeyn und daß der
Menſch in dieſem
ſtatu penuriæ ſich durch Ver-
fuͤhrung des Teufels haͤtte verleiten laſſen ꝛc.

p. 81. Nach denen Dippelſchen Grund-Lehren
frage ich: Was hat GOtt daran gelegen ſeyn
koͤnnen/ ob der Menſch wuͤſte/ woher er ſeine
Seligkeit haͤtte? denn ſiehet GOtt in ſeinen Be-
muͤhungen/ die Creatur gluͤcklich zu machen/ nicht
auf ſich ſelbſt/ wie J. C. Dippel lehret/ warum
ſollte er wollen/ daß ſie eben wiſſen muͤſten/ von wel-
chem ſie ihre Seligkeit haͤtten? Fuͤr mich aber frage

ich:
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0104" n="52"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
mung mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e geordnet haben. Die&#x017F;e vorherbe-<lb/>
&#x017F;timmte <hi rendition="#aq">Harmonie</hi> unter denen La&#x017F;tern und dem<lb/>
Ubel des Leidens i&#x017F;t nicht &#x017F;o &#x017F;chwer zu begreiffen;<lb/>
als die/ welche nach der Meynung des Hn. von<lb/><hi rendition="#aq">Leibnitz</hi> zwi&#x017F;chen Leib und Seele &#x017F;eyn &#x017F;oll. <hi rendition="#aq">Theod.<lb/>
P. I. §. LXXIV.</hi> Aber wir haben uns hiebey noch<lb/>
auf eine andere Art u&#x0364;ber <hi rendition="#aq">J. C. Dippel</hi> zu be&#x017F;chwe-<lb/>
ren. Er wil nicht/ daß die natu&#x0364;rliche Straffen<lb/>
der Su&#x0364;nden von GOtt kommen: er bringt uns<lb/>
aber dagegen den Begriff von GOtt bey/ als<lb/>
wenn er an der Su&#x0364;nde oder dem Abfall &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
Ur&#x017F;ache. Jn meinem Augen i&#x017F;t es eine wunder-<lb/>
liche und fa&#x017F;t Gottesla&#x0364;&#x017F;terliche Lehre/ wenn. <hi rendition="#aq">J. C.<lb/>
Dippel</hi> &#x017F;agt/ daß <hi rendition="#fr">GOtt dem Men&#x017F;chen den<lb/>
Einfluß &#x017F;einer Seeligkeit auf eine Zeit entzo-<lb/>
gen/ um durch die&#x017F;en Mangel ihm bekannt zu<lb/>
machen/ daß er als ein Ge&#x017F;cho&#x0364;pff &#x017F;eine Se-<lb/>
ligkeit nicht aus &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t be&#x017F;itze/ &#x017F;ondern<lb/>
von einem andern mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e herabhangen/ um<lb/>
glu&#x0364;ck&#x017F;elig und vergnu&#x0364;gt zu &#x017F;eyn und daß der<lb/>
Men&#x017F;ch in die&#x017F;em</hi> <hi rendition="#aq">&#x017F;tatu penuriæ</hi> <hi rendition="#fr">&#x017F;ich durch Ver-<lb/>
fu&#x0364;hrung des Teufels ha&#x0364;tte verleiten la&#x017F;&#x017F;en &#xA75B;c.</hi><lb/><hi rendition="#aq">p.</hi> 81. Nach denen <hi rendition="#aq">Dippel</hi>&#x017F;chen Grund-Lehren<lb/>
frage ich: Was hat GOtt daran gelegen &#x017F;eyn<lb/>
ko&#x0364;nnen/ ob der Men&#x017F;ch wu&#x0364;&#x017F;te/ woher er &#x017F;eine<lb/>
Seligkeit ha&#x0364;tte? denn &#x017F;iehet GOtt in &#x017F;einen Be-<lb/>
mu&#x0364;hungen/ die Creatur glu&#x0364;cklich zu machen/ nicht<lb/>
auf &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t/ wie <hi rendition="#aq">J. C. Dippel</hi> lehret/ warum<lb/>
&#x017F;ollte er wollen/ daß &#x017F;ie eben wi&#x017F;&#x017F;en mu&#x0364;&#x017F;ten/ von wel-<lb/>
chem &#x017F;ie ihre Seligkeit ha&#x0364;tten? Fu&#x0364;r mich aber frage<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ich:</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[52/0104] mung muͤſſe geordnet haben. Dieſe vorherbe- ſtimmte Harmonie unter denen Laſtern und dem Ubel des Leidens iſt nicht ſo ſchwer zu begreiffen; als die/ welche nach der Meynung des Hn. von Leibnitz zwiſchen Leib und Seele ſeyn ſoll. Theod. P. I. §. LXXIV. Aber wir haben uns hiebey noch auf eine andere Art uͤber J. C. Dippel zu beſchwe- ren. Er wil nicht/ daß die natuͤrliche Straffen der Suͤnden von GOtt kommen: er bringt uns aber dagegen den Begriff von GOtt bey/ als wenn er an der Suͤnde oder dem Abfall ſelbſt Urſache. Jn meinem Augen iſt es eine wunder- liche und faſt Gotteslaͤſterliche Lehre/ wenn. J. C. Dippel ſagt/ daß GOtt dem Menſchen den Einfluß ſeiner Seeligkeit auf eine Zeit entzo- gen/ um durch dieſen Mangel ihm bekannt zu machen/ daß er als ein Geſchoͤpff ſeine Se- ligkeit nicht aus ſich ſelbſt beſitze/ ſondern von einem andern muͤſſe herabhangen/ um gluͤckſelig und vergnuͤgt zu ſeyn und daß der Menſch in dieſem ſtatu penuriæ ſich durch Ver- fuͤhrung des Teufels haͤtte verleiten laſſen ꝛc. p. 81. Nach denen Dippelſchen Grund-Lehren frage ich: Was hat GOtt daran gelegen ſeyn koͤnnen/ ob der Menſch wuͤſte/ woher er ſeine Seligkeit haͤtte? denn ſiehet GOtt in ſeinen Be- muͤhungen/ die Creatur gluͤcklich zu machen/ nicht auf ſich ſelbſt/ wie J. C. Dippel lehret/ warum ſollte er wollen/ daß ſie eben wiſſen muͤſten/ von wel- chem ſie ihre Seligkeit haͤtten? Fuͤr mich aber frage ich:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731/104
Zitationshilfe: Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731/104>, abgerufen am 24.11.2024.