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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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§ 18. Entscheidungskampf zwischen Kaisertum u. Papsttum (1239-1250).
heischte und im Notfall jedes entgegenstehende, auch das von ihm selbst ver-
liehene Recht brach. Es war ein System, das auf Gewalt und Mißtrauen auf-
gebaut war und eine geniale Leitung voraussetzte. Es mußte den heftigsten
Widerstand aller selbständigeren Elemente wecken und oft genug selbst er-
gebene Freunde in die Gegnerschaft treiben. Aber es war für Italien in
langen Jahrhunderten die einzige große Gelegenheit, aus der leidenvollen und
opferreichen Zerklüftung heraus zum straff organisierten, friedenverbürgenden,
auch nach außen Geltung erzwingenden, nationalen Einheitsstaate zu gelangen.
Und weit mehr noch, als in den roncalischen Beschlüssen, war hier Fortschritt
mit Reaktion verknüpft. Denn allenthalben in den italienischen Städten war
das Volk die blutigen Segnungen einer jahrzehntelangen Freiheit gründlich
satt; gleichgültig, nur erfüllt von brennender Friedenssehnsucht, schaute es dem
auf und abwogenden Kampfe der allmählich sich aufreibenden Adelsparteien
zu; kaiserliche oder kirchliche Herrschaft galt ihm gleich, wenn sie nur die
ewigen Störungen und Gefahren für den ruhigen Bürger beseitigte. So drängte
die Entwicklung, wie im Altertum, aus der aristokratischen Selbstverwaltung
zum demokratischen Cäsarismus und kam den Zielen Friedrichs mächtig ent-
gegen. Und daß dieser in der Tat nicht etwas schlechthin Ungesundes und
Undurchführbares erstrebte, wird durch nichts schlagender erwiesen, als durch
die Fortentwicklung seiner Schöpfungen nach seinem Tode selbst unter den
allerungünstigsten Verhältnissen. Aus der Wurzel der Generalvikariate, die
sich teilweise auch da zu behaupten vermochten, erwuchsen Signorien1), die
die freie Selbstbestimmung der Bürger ganz ebenso ausschalteten, und nicht
nur die letzten Staufer, sondern auch Karl von Anjou und die späteren
deutschen Herrscher, die in Italien eingriffen, haben an die Reste von
Friedrichs Verwaltungsorganisation als an die allein noch lebenskräftigen und
entwicklungsfähigen Einrichtungen angeknüpft.

Nicht in dem System selbst also lagen die Ursachen des Miß-
lingens, und für sich allein wären die Widerstandskräfte der italienischen
Städte gewiß nicht zureichend gewesen. Wohl aber begreift sich aus
diesen Bestrebungen die schlechthin notwendige Unversöhnlichkeit
des politischen Papsttums, denn in diesem absolutistischen italienischen
Einheitsstaate blieb für eine selbständige päpstliche Landesherrschaft
auf die Dauer kein Raum; sie aber galt seit langem als die einzige
Bürgschaft kirchlicher Entschlußfreiheit und war es damals wohl
auch tatsächlich. Erst an dem Widerstande des Papsttums, das
alle Gegner des Kaisers um sich scharte und seinem zentralistischen
System eine ebenso straffe und noch viel weiter greifende Organi-
sation entgegensetzte, sind Friedrichs Pläne gescheitert.

In dem nun ausbrechenden Kampfe war die Stellung des
Kaisers, politisch-militärisch betrachtet, unzweifelhaft weit überlegen.
Von der durch gesteigerte Zentralisation und gewaltsame Grenz-
sperren nach außen dauernd gesicherten Grundlage seines sizilischen
Königreichs, aus dem er immer neue Gelder für die Kriegführung
erpreßte, ausgehend, in Mittelitalien zunächst übermächtig, suchte

1) Vergl. auch Salzer, Über die Anfänge der Signorie in Oberitalien
(1900).

§ 18. Entscheidungskampf zwischen Kaisertum u. Papsttum (1239‒1250).
heischte und im Notfall jedes entgegenstehende, auch das von ihm selbst ver-
liehene Recht brach. Es war ein System, das auf Gewalt und Mißtrauen auf-
gebaut war und eine geniale Leitung voraussetzte. Es mußte den heftigsten
Widerstand aller selbständigeren Elemente wecken und oft genug selbst er-
gebene Freunde in die Gegnerschaft treiben. Aber es war für Italien in
langen Jahrhunderten die einzige große Gelegenheit, aus der leidenvollen und
opferreichen Zerklüftung heraus zum straff organisierten, friedenverbürgenden,
auch nach außen Geltung erzwingenden, nationalen Einheitsstaate zu gelangen.
Und weit mehr noch, als in den roncalischen Beschlüssen, war hier Fortschritt
mit Reaktion verknüpft. Denn allenthalben in den italienischen Städten war
das Volk die blutigen Segnungen einer jahrzehntelangen Freiheit gründlich
satt; gleichgültig, nur erfüllt von brennender Friedenssehnsucht, schaute es dem
auf und abwogenden Kampfe der allmählich sich aufreibenden Adelsparteien
zu; kaiserliche oder kirchliche Herrschaft galt ihm gleich, wenn sie nur die
ewigen Störungen und Gefahren für den ruhigen Bürger beseitigte. So drängte
die Entwicklung, wie im Altertum, aus der aristokratischen Selbstverwaltung
zum demokratischen Cäsarismus und kam den Zielen Friedrichs mächtig ent-
gegen. Und daß dieser in der Tat nicht etwas schlechthin Ungesundes und
Undurchführbares erstrebte, wird durch nichts schlagender erwiesen, als durch
die Fortentwicklung seiner Schöpfungen nach seinem Tode selbst unter den
allerungünstigsten Verhältnissen. Aus der Wurzel der Generalvikariate, die
sich teilweise auch da zu behaupten vermochten, erwuchsen Signorien1), die
die freie Selbstbestimmung der Bürger ganz ebenso ausschalteten, und nicht
nur die letzten Staufer, sondern auch Karl von Anjou und die späteren
deutschen Herrscher, die in Italien eingriffen, haben an die Reste von
Friedrichs Verwaltungsorganisation als an die allein noch lebenskräftigen und
entwicklungsfähigen Einrichtungen angeknüpft.

Nicht in dem System selbst also lagen die Ursachen des Miß-
lingens, und für sich allein wären die Widerstandskräfte der italienischen
Städte gewiß nicht zureichend gewesen. Wohl aber begreift sich aus
diesen Bestrebungen die schlechthin notwendige Unversöhnlichkeit
des politischen Papsttums, denn in diesem absolutistischen italienischen
Einheitsstaate blieb für eine selbständige päpstliche Landesherrschaft
auf die Dauer kein Raum; sie aber galt seit langem als die einzige
Bürgschaft kirchlicher Entschlußfreiheit und war es damals wohl
auch tatsächlich. Erst an dem Widerstande des Papsttums, das
alle Gegner des Kaisers um sich scharte und seinem zentralistischen
System eine ebenso straffe und noch viel weiter greifende Organi-
sation entgegensetzte, sind Friedrichs Pläne gescheitert.

In dem nun ausbrechenden Kampfe war die Stellung des
Kaisers, politisch-militärisch betrachtet, unzweifelhaft weit überlegen.
Von der durch gesteigerte Zentralisation und gewaltsame Grenz-
sperren nach außen dauernd gesicherten Grundlage seines sizilischen
Königreichs, aus dem er immer neue Gelder für die Kriegführung
erpreßte, ausgehend, in Mittelitalien zunächst übermächtig, suchte

1) Vergl. auch Salzer, Über die Anfänge der Signorie in Oberitalien
(1900).
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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/247>, abgerufen am 24.11.2024.