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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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§ 15. Innozenz III. und die deutschen Thronwirren. (1198-1216).
die bald in den Augustinereremiten und Karmelitern Nachahmer
fanden, erwuchs dem Papsttum eine ihm unbedingt untergeordnete,
schlagfertige Armee, die mit Durchbrechung der gesamten hierar-
chischen Ordnung die Massen durch die erneute Verkörperung der
alten, hohen Ideale und eine volkstümliche Predigt wieder an die
Kirche zu fesseln und durch eine hinreißende Agitation nach dem
Willen der Kurie zu lenken verstand, die durch ihr werktätiges
Vorbild und die Vertiefung, die sie nach der gemütlichen und
wissenschaftlichen Seite dem kirchlichen Leben zurückgaben, den
Widersachern ein gut Teil des Anklagestoffes entzog, "den Ketzern
ihr Panier entriß".

Alle Triumphe und Zukunftsorgen der Kirche erfüllten die
große Versammlung des vierten lateranischen Konzils (1215),
die dem Pontifikate Innozenz' III. den glänzendsten Abschluß
gab. Ein neuer Kreuzzug ward hier ins Auge gefaßt. Eben
hatte Friedrich II. in einer seltsamen Mischung von Gefühlsauf-
wallung und politischer Berechnung bei seiner Königskrönung das
Kreuz genommen; das belebte die Hoffnungen des Konzils. Da-
mals ward auch der deutsche Thronstreit vor dem Forum der
Kurie endgültig erledigt, Otto IV. für abgesetzt erklärt, Friedrich II.
anerkannt, eine Entscheidung, die damals auf die tatsächlichen Ver-
hältnisse kaum noch einwirkte, aber für die Zukunft einen verhäng-
nisvollen Präzedenzfall schuf.

Innozenz III., der seiner Eröffnungsrede auf dem Konzil das
Textwort zugrunde gelegt hatte "Herzlich hat mich verlangt, dieses
Osterlamm mit Euch zu essen, bevor ich leide", schien bereits da-
mals eine Ahnung seines nahen Todes zu spüren. Ein halbes
Jahr später ist er in Vorbereitungen für den neuen Kreuzzug in
Perugia gestorben (16. Juli 1216).

Die beiden letzten Jahrzehnte der europäischen Geschichte
hatten unter seinem maßgebenden Einflusse gestanden. Für die
nächste Generation trat noch einmal eine weltliche Figur in den
Mittelpunkt der Betrachtung und zwang die Zeitgenossen zu Be-
wunderung oder Haß. Mit dem Tode Innozenz' III. begann die
Epoche Kaiser Friedrichs II.

§ 16. Das Emporsteigen Friedrichs II., bis zum Frieden
von Ceperano (1230).

Die Namen Friedrich und Roger, die der Erbe Heinrichs VI.
einst in der Taufe erhalten hatte, bezeichnen die beiden Über-
lieferungsreihen, die auf ihn wirkten und sich in seiner Person un-

§ 15. Innozenz III. und die deutschen Thronwirren. (1198‒1216).
die bald in den Augustinereremiten und Karmelitern Nachahmer
fanden, erwuchs dem Papsttum eine ihm unbedingt untergeordnete,
schlagfertige Armee, die mit Durchbrechung der gesamten hierar-
chischen Ordnung die Massen durch die erneute Verkörperung der
alten, hohen Ideale und eine volkstümliche Predigt wieder an die
Kirche zu fesseln und durch eine hinreißende Agitation nach dem
Willen der Kurie zu lenken verstand, die durch ihr werktätiges
Vorbild und die Vertiefung, die sie nach der gemütlichen und
wissenschaftlichen Seite dem kirchlichen Leben zurückgaben, den
Widersachern ein gut Teil des Anklagestoffes entzog, „den Ketzern
ihr Panier entriß“.

Alle Triumphe und Zukunftsorgen der Kirche erfüllten die
große Versammlung des vierten lateranischen Konzils (1215),
die dem Pontifikate Innozenz' III. den glänzendsten Abschluß
gab. Ein neuer Kreuzzug ward hier ins Auge gefaßt. Eben
hatte Friedrich II. in einer seltsamen Mischung von Gefühlsauf-
wallung und politischer Berechnung bei seiner Königskrönung das
Kreuz genommen; das belebte die Hoffnungen des Konzils. Da-
mals ward auch der deutsche Thronstreit vor dem Forum der
Kurie endgültig erledigt, Otto IV. für abgesetzt erklärt, Friedrich II.
anerkannt, eine Entscheidung, die damals auf die tatsächlichen Ver-
hältnisse kaum noch einwirkte, aber für die Zukunft einen verhäng-
nisvollen Präzedenzfall schuf.

Innozenz III., der seiner Eröffnungsrede auf dem Konzil das
Textwort zugrunde gelegt hatte „Herzlich hat mich verlangt, dieses
Osterlamm mit Euch zu essen, bevor ich leide“, schien bereits da-
mals eine Ahnung seines nahen Todes zu spüren. Ein halbes
Jahr später ist er in Vorbereitungen für den neuen Kreuzzug in
Perugia gestorben (16. Juli 1216).

Die beiden letzten Jahrzehnte der europäischen Geschichte
hatten unter seinem maßgebenden Einflusse gestanden. Für die
nächste Generation trat noch einmal eine weltliche Figur in den
Mittelpunkt der Betrachtung und zwang die Zeitgenossen zu Be-
wunderung oder Haß. Mit dem Tode Innozenz' III. begann die
Epoche Kaiser Friedrichs II.

§ 16. Das Emporsteigen Friedrichs II., bis zum Frieden
von Ceperano (1230).

Die Namen Friedrich und Roger, die der Erbe Heinrichs VI.
einst in der Taufe erhalten hatte, bezeichnen die beiden Über-
lieferungsreihen, die auf ihn wirkten und sich in seiner Person un-

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[201/0209] § 15. Innozenz III. und die deutschen Thronwirren. (1198‒1216). die bald in den Augustinereremiten und Karmelitern Nachahmer fanden, erwuchs dem Papsttum eine ihm unbedingt untergeordnete, schlagfertige Armee, die mit Durchbrechung der gesamten hierar- chischen Ordnung die Massen durch die erneute Verkörperung der alten, hohen Ideale und eine volkstümliche Predigt wieder an die Kirche zu fesseln und durch eine hinreißende Agitation nach dem Willen der Kurie zu lenken verstand, die durch ihr werktätiges Vorbild und die Vertiefung, die sie nach der gemütlichen und wissenschaftlichen Seite dem kirchlichen Leben zurückgaben, den Widersachern ein gut Teil des Anklagestoffes entzog, „den Ketzern ihr Panier entriß“. Alle Triumphe und Zukunftsorgen der Kirche erfüllten die große Versammlung des vierten lateranischen Konzils (1215), die dem Pontifikate Innozenz' III. den glänzendsten Abschluß gab. Ein neuer Kreuzzug ward hier ins Auge gefaßt. Eben hatte Friedrich II. in einer seltsamen Mischung von Gefühlsauf- wallung und politischer Berechnung bei seiner Königskrönung das Kreuz genommen; das belebte die Hoffnungen des Konzils. Da- mals ward auch der deutsche Thronstreit vor dem Forum der Kurie endgültig erledigt, Otto IV. für abgesetzt erklärt, Friedrich II. anerkannt, eine Entscheidung, die damals auf die tatsächlichen Ver- hältnisse kaum noch einwirkte, aber für die Zukunft einen verhäng- nisvollen Präzedenzfall schuf. Innozenz III., der seiner Eröffnungsrede auf dem Konzil das Textwort zugrunde gelegt hatte „Herzlich hat mich verlangt, dieses Osterlamm mit Euch zu essen, bevor ich leide“, schien bereits da- mals eine Ahnung seines nahen Todes zu spüren. Ein halbes Jahr später ist er in Vorbereitungen für den neuen Kreuzzug in Perugia gestorben (16. Juli 1216). Die beiden letzten Jahrzehnte der europäischen Geschichte hatten unter seinem maßgebenden Einflusse gestanden. Für die nächste Generation trat noch einmal eine weltliche Figur in den Mittelpunkt der Betrachtung und zwang die Zeitgenossen zu Be- wunderung oder Haß. Mit dem Tode Innozenz' III. begann die Epoche Kaiser Friedrichs II. § 16. Das Emporsteigen Friedrichs II., bis zum Frieden von Ceperano (1230). Die Namen Friedrich und Roger, die der Erbe Heinrichs VI. einst in der Taufe erhalten hatte, bezeichnen die beiden Über- lieferungsreihen, die auf ihn wirkten und sich in seiner Person un-

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/209>, abgerufen am 24.11.2024.