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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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§ 15. Innozenz III. und die deutschen Thronwirren. (1198-1216).
geübt; denn als es durch seltsame Fügung spät bekannt wurde,
hatten die Ereignisse nach Heinrichs Tode die Lage bereits völlig
verschoben.

Sofort nach seiner Erhebung sicherte Innozenz seine Hoheit
über Rom gegen die Ansprüche des Kaisers und des römischen
Volkes. Dann wußte er die päpstliche Landesherrschaft über das
Patrimonium bis in die strittigen Grenzgebiete Südtusziens hinein
zur Anerkennung zu bringen, und indem er die deutschfeindliche
Bewegung, die als Rückschlag gegen die straffe Fremdherrschaft
Heinrichs bei seinem Tode in allen Teilen der italienischen Halb-
insel ausbrach, schürte und für seine Zwecke ausnutzte, gelang es
ihm, in dem Herzogtum Spoleto und der Mark Ancona an Stelle
der Reichsgewalt das päpstliche Regiment aufzurichten und durch
diese Eroberungen, die man geflissentlich als "Rekuperationen"
bezeichnete, den Kirchenstaat durch ganz Mittelitalien hindurch von
einem Meere zum andern zu erweitern. Nicht das Gleiche gelang
in den ebenfalls beanspruchten Gebieten der Romagna und Tus-
ziens; hier ward zwar mit Hilfe der Kurie das Joch der kaiser-
lichen Herrschaft abgeschüttelt, aber die Städte wollten doch nicht
in dem Papste einen neuen Herrn über sich setzen, und ebenso
nahm der Lombardenbund wohl eine reichsfeindliche Haltung ein
-- damals ward der Name "Caesarea" wieder gewandelt in "Alessan-
dria" --, doch auch er behauptete seine Selbständigkeit.

Innozenz hatte inzwischen neue Erfolge in Sizilien errungen.
Dort gewann nach dem Tode Heinrichs die Nationalpartei mit
der Kaiserin an der Spitze die Oberhand. Das Reich der Nor-
mannen sollte unverändert neu erstehen, die deutsche Fremdherr-
schaft nur als ein kurzes Zwischenspiel erscheinen. Konstanze löste
die Verbindung mit dem Imperium, wies die Deutschen mit dem
von Heinrich anscheinend zum Regenten bestimmten Markgrafen
Markward von Anweiler aus ihrem Reiche, verzichtete auf das

der Mark Ancona bildete. Mir scheinen indes die ebenso scharfsinnigen, wie
vorsichtigen Erörterungen von Ficker (Wiener S. B. phil.-hist. Kl. 67), der
den Markward betreffenden Abschnitt als eine Fälschung Markwards selbst
aus dem Anfang des Sommers 1198 wahrscheinlich macht, durch die Ein-
wendungen Winkelmanns keineswegs widerlegt zu sein, und ebensowenig kann
ich Politik und Charakter Heinrichs VI. in diesem Punkte mit der herrschenden
Meinung in Einklang bringen. -- Aber auch nach der andern Seite hin möchte
ich vorderhand von der hier ausgesprochenen Ansicht nicht abweichen, nach-
dem ich die Schrift von Gerlich, D. Testament Heinrichs VI. (1907) gelesen.
G. verficht nachdrücklich die Annahme einer völligen kurialen Fälschung,
während er Heinrich auch im Tode uneingeschränkt an seinen Ansprüchen
festhalten läßt. Obwohl ich im ganzen nicht überzeugt bin, meine ich, daß
die beachtenswerten Ausführungen als Grundlage weiterer Diskussion ge-
eignet sind.

§ 15. Innozenz III. und die deutschen Thronwirren. (1198‒1216).
geübt; denn als es durch seltsame Fügung spät bekannt wurde,
hatten die Ereignisse nach Heinrichs Tode die Lage bereits völlig
verschoben.

Sofort nach seiner Erhebung sicherte Innozenz seine Hoheit
über Rom gegen die Ansprüche des Kaisers und des römischen
Volkes. Dann wußte er die päpstliche Landesherrschaft über das
Patrimonium bis in die strittigen Grenzgebiete Südtusziens hinein
zur Anerkennung zu bringen, und indem er die deutschfeindliche
Bewegung, die als Rückschlag gegen die straffe Fremdherrschaft
Heinrichs bei seinem Tode in allen Teilen der italienischen Halb-
insel ausbrach, schürte und für seine Zwecke ausnutzte, gelang es
ihm, in dem Herzogtum Spoleto und der Mark Ancona an Stelle
der Reichsgewalt das päpstliche Regiment aufzurichten und durch
diese Eroberungen, die man geflissentlich als „Rekuperationen“
bezeichnete, den Kirchenstaat durch ganz Mittelitalien hindurch von
einem Meere zum andern zu erweitern. Nicht das Gleiche gelang
in den ebenfalls beanspruchten Gebieten der Romagna und Tus-
ziens; hier ward zwar mit Hilfe der Kurie das Joch der kaiser-
lichen Herrschaft abgeschüttelt, aber die Städte wollten doch nicht
in dem Papste einen neuen Herrn über sich setzen, und ebenso
nahm der Lombardenbund wohl eine reichsfeindliche Haltung ein
— damals ward der Name „Caesarea“ wieder gewandelt in „Alessan-
dria“ —, doch auch er behauptete seine Selbständigkeit.

Innozenz hatte inzwischen neue Erfolge in Sizilien errungen.
Dort gewann nach dem Tode Heinrichs die Nationalpartei mit
der Kaiserin an der Spitze die Oberhand. Das Reich der Nor-
mannen sollte unverändert neu erstehen, die deutsche Fremdherr-
schaft nur als ein kurzes Zwischenspiel erscheinen. Konstanze löste
die Verbindung mit dem Imperium, wies die Deutschen mit dem
von Heinrich anscheinend zum Regenten bestimmten Markgrafen
Markward von Anweiler aus ihrem Reiche, verzichtete auf das

der Mark Ancona bildete. Mir scheinen indes die ebenso scharfsinnigen, wie
vorsichtigen Erörterungen von Ficker (Wiener S. B. phil.-hist. Kl. 67), der
den Markward betreffenden Abschnitt als eine Fälschung Markwards selbst
aus dem Anfang des Sommers 1198 wahrscheinlich macht, durch die Ein-
wendungen Winkelmanns keineswegs widerlegt zu sein, und ebensowenig kann
ich Politik und Charakter Heinrichs VI. in diesem Punkte mit der herrschenden
Meinung in Einklang bringen. — Aber auch nach der andern Seite hin möchte
ich vorderhand von der hier ausgesprochenen Ansicht nicht abweichen, nach-
dem ich die Schrift von Gerlich, D. Testament Heinrichs VI. (1907) gelesen.
G. verficht nachdrücklich die Annahme einer völligen kurialen Fälschung,
während er Heinrich auch im Tode uneingeschränkt an seinen Ansprüchen
festhalten läßt. Obwohl ich im ganzen nicht überzeugt bin, meine ich, daß
die beachtenswerten Ausführungen als Grundlage weiterer Diskussion ge-
eignet sind.
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[187/0195] § 15. Innozenz III. und die deutschen Thronwirren. (1198‒1216). geübt; denn als es durch seltsame Fügung spät bekannt wurde, hatten die Ereignisse nach Heinrichs Tode die Lage bereits völlig verschoben. Sofort nach seiner Erhebung sicherte Innozenz seine Hoheit über Rom gegen die Ansprüche des Kaisers und des römischen Volkes. Dann wußte er die päpstliche Landesherrschaft über das Patrimonium bis in die strittigen Grenzgebiete Südtusziens hinein zur Anerkennung zu bringen, und indem er die deutschfeindliche Bewegung, die als Rückschlag gegen die straffe Fremdherrschaft Heinrichs bei seinem Tode in allen Teilen der italienischen Halb- insel ausbrach, schürte und für seine Zwecke ausnutzte, gelang es ihm, in dem Herzogtum Spoleto und der Mark Ancona an Stelle der Reichsgewalt das päpstliche Regiment aufzurichten und durch diese Eroberungen, die man geflissentlich als „Rekuperationen“ bezeichnete, den Kirchenstaat durch ganz Mittelitalien hindurch von einem Meere zum andern zu erweitern. Nicht das Gleiche gelang in den ebenfalls beanspruchten Gebieten der Romagna und Tus- ziens; hier ward zwar mit Hilfe der Kurie das Joch der kaiser- lichen Herrschaft abgeschüttelt, aber die Städte wollten doch nicht in dem Papste einen neuen Herrn über sich setzen, und ebenso nahm der Lombardenbund wohl eine reichsfeindliche Haltung ein — damals ward der Name „Caesarea“ wieder gewandelt in „Alessan- dria“ —, doch auch er behauptete seine Selbständigkeit. Innozenz hatte inzwischen neue Erfolge in Sizilien errungen. Dort gewann nach dem Tode Heinrichs die Nationalpartei mit der Kaiserin an der Spitze die Oberhand. Das Reich der Nor- mannen sollte unverändert neu erstehen, die deutsche Fremdherr- schaft nur als ein kurzes Zwischenspiel erscheinen. Konstanze löste die Verbindung mit dem Imperium, wies die Deutschen mit dem von Heinrich anscheinend zum Regenten bestimmten Markgrafen Markward von Anweiler aus ihrem Reiche, verzichtete auf das 1) 1) der Mark Ancona bildete. Mir scheinen indes die ebenso scharfsinnigen, wie vorsichtigen Erörterungen von Ficker (Wiener S. B. phil.-hist. Kl. 67), der den Markward betreffenden Abschnitt als eine Fälschung Markwards selbst aus dem Anfang des Sommers 1198 wahrscheinlich macht, durch die Ein- wendungen Winkelmanns keineswegs widerlegt zu sein, und ebensowenig kann ich Politik und Charakter Heinrichs VI. in diesem Punkte mit der herrschenden Meinung in Einklang bringen. — Aber auch nach der andern Seite hin möchte ich vorderhand von der hier ausgesprochenen Ansicht nicht abweichen, nach- dem ich die Schrift von Gerlich, D. Testament Heinrichs VI. (1907) gelesen. G. verficht nachdrücklich die Annahme einer völligen kurialen Fälschung, während er Heinrich auch im Tode uneingeschränkt an seinen Ansprüchen festhalten läßt. Obwohl ich im ganzen nicht überzeugt bin, meine ich, daß die beachtenswerten Ausführungen als Grundlage weiterer Diskussion ge- eignet sind.

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/195>, abgerufen am 25.11.2024.