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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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II. Die Zeit der Staufer.
des Imperiums zum Seewesen wohl auch auf die Wahl des Land-
weges ein. Gleichwohl war das ein schwerer Fehler. Man unter-
schätzte trotz der Erfahrungen des zweiten Kreuzzuges noch immer
die ungeheuren Schwierigkeiten dieses Marsches; durch bessere Vor-
bereitungen glaubte man ihrer leichter Herr werden zu können.
Und in der Tat war die Organisation unvergleichlich umsichtiger
und energischer als in den Tagen Konrads III.: statt schwärme-
rischer, ungeordneter Massen ein schon durch die hohen Vermögens-
bedingungen begrenztes, kriegstüchtiges Ritterheer, leichter zu be-
wegen und zu ernähren, von dem besten Geiste beseelt und in
eiserner Zucht gehalten; Durchmarsch und Verpflegung durch Ab-
machungen mit dem König von Ungarn, dem Großzupan von
Serbien, dem griechischen Kaiser und dem Sultan von Ikonium
scheinbar auf das bündigste sichergestellt; an der Spitze ein als
Feldherr wie Diplomat gleich erprobter, allverehrter Herrscher, der in
nie erlahmender Tatkraft und unerschütterlicher Zuversicht schließ-
lich selbst die gewaltigen Hindernisse zu überwinden verstand, welche
die Vertragsbrüchigkeit der fremden Fürsten heraufbeschwor.

Diese Schwierigkeiten begannen nach dem Durchzuge durch
Ungarn und Serbien, sobald man den Boden des griechischen
Reiches betrat: anfangs mangelnde Verpflegung, Räubereien, Ränke
der Beamten und Reibereien mit der Bevölkerung, dann nach der
mühevollen Balkanübersteigung in der reichen Ebene von Philippopel
offene Feindseligkeiten, Gefangennahme von Friedrichs Gesandten,
sogar eine Verbindung des griechischen Kaisers mit Saladin. In
der Politik des Isaak Angelos mischten sich Kopflosigkeit und Miß-
trauen. Wie, wenn Friedrich trotz gegenteiliger Versicherungen sich
als ein Fortsetzer normannischer Eroberungsgelüste entpuppte oder
auch nur dem alten Gedanken Raum gab, dem Kreuzzuge durch
die Einnahme von Konstantinopel eine sichere Basis zu gewinnen?
Warum sollte damals fernliegen, was wenig später von Heinrich VI.
geplant, was im vierten Kreuzzuge verwirklicht wurde? Hätte
Isaak Angelos freilich einen Blick in die Seele Friedrichs tun können,
er hätte nichts als das tief eingeprägte Kreuzeszeichen darin er-
schaut. Nur weil ihm durch die Feindseligkeit des Griechenkaisers
der Weg zu dem fernen Ziele versperrt wurde, dachte er einen
Augenblick an die Eroberung von Konstantinopel, um diesen Plan
sofort wieder fallen zu lassen, als Isaak Angelos sich endlich im
Vertrage von Adrianopel (Februar 1190) den maßvollen, aber mit
Stolz und Zähigkeit festgehaltenen Mindestforderungen Friedrichs
anbequemte. Hieß das nicht eine große Gelegenheit versäumen?1)

1) Das betont vor allem Ranke in seiner Weltgeschichte.

II. Die Zeit der Staufer.
des Imperiums zum Seewesen wohl auch auf die Wahl des Land-
weges ein. Gleichwohl war das ein schwerer Fehler. Man unter-
schätzte trotz der Erfahrungen des zweiten Kreuzzuges noch immer
die ungeheuren Schwierigkeiten dieses Marsches; durch bessere Vor-
bereitungen glaubte man ihrer leichter Herr werden zu können.
Und in der Tat war die Organisation unvergleichlich umsichtiger
und energischer als in den Tagen Konrads III.: statt schwärme-
rischer, ungeordneter Massen ein schon durch die hohen Vermögens-
bedingungen begrenztes, kriegstüchtiges Ritterheer, leichter zu be-
wegen und zu ernähren, von dem besten Geiste beseelt und in
eiserner Zucht gehalten; Durchmarsch und Verpflegung durch Ab-
machungen mit dem König von Ungarn, dem Großzupan von
Serbien, dem griechischen Kaiser und dem Sultan von Ikonium
scheinbar auf das bündigste sichergestellt; an der Spitze ein als
Feldherr wie Diplomat gleich erprobter, allverehrter Herrscher, der in
nie erlahmender Tatkraft und unerschütterlicher Zuversicht schließ-
lich selbst die gewaltigen Hindernisse zu überwinden verstand, welche
die Vertragsbrüchigkeit der fremden Fürsten heraufbeschwor.

Diese Schwierigkeiten begannen nach dem Durchzuge durch
Ungarn und Serbien, sobald man den Boden des griechischen
Reiches betrat: anfangs mangelnde Verpflegung, Räubereien, Ränke
der Beamten und Reibereien mit der Bevölkerung, dann nach der
mühevollen Balkanübersteigung in der reichen Ebene von Philippopel
offene Feindseligkeiten, Gefangennahme von Friedrichs Gesandten,
sogar eine Verbindung des griechischen Kaisers mit Saladin. In
der Politik des Isaak Angelos mischten sich Kopflosigkeit und Miß-
trauen. Wie, wenn Friedrich trotz gegenteiliger Versicherungen sich
als ein Fortsetzer normannischer Eroberungsgelüste entpuppte oder
auch nur dem alten Gedanken Raum gab, dem Kreuzzuge durch
die Einnahme von Konstantinopel eine sichere Basis zu gewinnen?
Warum sollte damals fernliegen, was wenig später von Heinrich VI.
geplant, was im vierten Kreuzzuge verwirklicht wurde? Hätte
Isaak Angelos freilich einen Blick in die Seele Friedrichs tun können,
er hätte nichts als das tief eingeprägte Kreuzeszeichen darin er-
schaut. Nur weil ihm durch die Feindseligkeit des Griechenkaisers
der Weg zu dem fernen Ziele versperrt wurde, dachte er einen
Augenblick an die Eroberung von Konstantinopel, um diesen Plan
sofort wieder fallen zu lassen, als Isaak Angelos sich endlich im
Vertrage von Adrianopel (Februar 1190) den maßvollen, aber mit
Stolz und Zähigkeit festgehaltenen Mindestforderungen Friedrichs
anbequemte. Hieß das nicht eine große Gelegenheit versäumen?1)

1) Das betont vor allem Ranke in seiner Weltgeschichte.
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[170/0178] II. Die Zeit der Staufer. des Imperiums zum Seewesen wohl auch auf die Wahl des Land- weges ein. Gleichwohl war das ein schwerer Fehler. Man unter- schätzte trotz der Erfahrungen des zweiten Kreuzzuges noch immer die ungeheuren Schwierigkeiten dieses Marsches; durch bessere Vor- bereitungen glaubte man ihrer leichter Herr werden zu können. Und in der Tat war die Organisation unvergleichlich umsichtiger und energischer als in den Tagen Konrads III.: statt schwärme- rischer, ungeordneter Massen ein schon durch die hohen Vermögens- bedingungen begrenztes, kriegstüchtiges Ritterheer, leichter zu be- wegen und zu ernähren, von dem besten Geiste beseelt und in eiserner Zucht gehalten; Durchmarsch und Verpflegung durch Ab- machungen mit dem König von Ungarn, dem Großzupan von Serbien, dem griechischen Kaiser und dem Sultan von Ikonium scheinbar auf das bündigste sichergestellt; an der Spitze ein als Feldherr wie Diplomat gleich erprobter, allverehrter Herrscher, der in nie erlahmender Tatkraft und unerschütterlicher Zuversicht schließ- lich selbst die gewaltigen Hindernisse zu überwinden verstand, welche die Vertragsbrüchigkeit der fremden Fürsten heraufbeschwor. Diese Schwierigkeiten begannen nach dem Durchzuge durch Ungarn und Serbien, sobald man den Boden des griechischen Reiches betrat: anfangs mangelnde Verpflegung, Räubereien, Ränke der Beamten und Reibereien mit der Bevölkerung, dann nach der mühevollen Balkanübersteigung in der reichen Ebene von Philippopel offene Feindseligkeiten, Gefangennahme von Friedrichs Gesandten, sogar eine Verbindung des griechischen Kaisers mit Saladin. In der Politik des Isaak Angelos mischten sich Kopflosigkeit und Miß- trauen. Wie, wenn Friedrich trotz gegenteiliger Versicherungen sich als ein Fortsetzer normannischer Eroberungsgelüste entpuppte oder auch nur dem alten Gedanken Raum gab, dem Kreuzzuge durch die Einnahme von Konstantinopel eine sichere Basis zu gewinnen? Warum sollte damals fernliegen, was wenig später von Heinrich VI. geplant, was im vierten Kreuzzuge verwirklicht wurde? Hätte Isaak Angelos freilich einen Blick in die Seele Friedrichs tun können, er hätte nichts als das tief eingeprägte Kreuzeszeichen darin er- schaut. Nur weil ihm durch die Feindseligkeit des Griechenkaisers der Weg zu dem fernen Ziele versperrt wurde, dachte er einen Augenblick an die Eroberung von Konstantinopel, um diesen Plan sofort wieder fallen zu lassen, als Isaak Angelos sich endlich im Vertrage von Adrianopel (Februar 1190) den maßvollen, aber mit Stolz und Zähigkeit festgehaltenen Mindestforderungen Friedrichs anbequemte. Hieß das nicht eine große Gelegenheit versäumen? 1) 1) Das betont vor allem Ranke in seiner Weltgeschichte.

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/178>, abgerufen am 26.11.2024.