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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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II. Die Zeit der Staufer.
Wirtschaftsverhältnisse der Lombardei so überaus wichtigen Rechte,
die mit der Straßenhoheit und Verkehrsaufsicht in Verbindung
standen, wie das Markt-, Zoll-, Münz- und Geleitrecht. Der weit-
aus größte Teil dieser Rechte war ja seit unvordenklichen Zeiten
nicht mehr in unmittelbarer Verwaltung des Reiches, sondern aus-
geliehen an Bischöfe und weltliche Feudalherren. Indem dann der
Ausgang des Investiturstreites die italienischen Bischöfe zwar unab-
hängiger von der Krone machte, aber damit auch ihres Rückhalts
beraubte, indem Jahrzehnte lang, insbesondere unter Konrad III.,
jedes Eingreifen des Königtums in die italienischen Verhältnisse
aufhörte, wurden die aufblühenden Städte, die nun fast allenthalben
gegen die bischöflichen Stadtherren ihre Autonomie unter selbst-
gewählten Konsuln erkämpft hatten, in weitem Umfang auch die
Erben jener Regalien, nicht kraft rechtlicher Verleihung, sondern
durch rechtlose Aneignung. Insofern also der Investiturstreit nicht
zum wenigsten um den Einfluß auf Besitz und Rechte der Reichs-
kirchen geführt worden war, blieb der Gegenstand in den folgenden
Kämpfen der gleiche; nur die Besitzer hatten gewechselt.

Aber wie jetzt im einzelnen den Bestand dieser Regalien er-
gründen? Die alten Privilegien waren großenteils zugrunde ge-
gangen, neue nicht verliehen, alle Verhältnisse tiefgreifend verändert.
Man bedurfte der Aufstellung fester Normen, und diese Aufgabe
vor allem wurde den auf den Reichstag von Roncaglia1) geladenen
vier berühmten bolognesischen Rechtsgelehrten übertragen, die nun
mit 28 städtischen Richtern zu einer Kommission zusammentraten.
So konnte man hier zum ersten Male handgreiflich den Einfluß
des wiedererwachten römischen Rechts auf die praktische Politik
wahrnehmen.2) Es ist eine feine Bemerkung Rankes, daß "die
spekulative Entwicklung der Theologie, indem sie sich dem Papst-
tum entgegensetzte, eine politische Wirkung zugunsten der öffent-
lichen Freiheit hatte, die juristische Wissenschaft dagegen die Macht
des Kaisertums in seinem Gegensatz gegen Papsttum und Bürger-
tum begünstigte". In der Tat lernte man in dem großen Rechts-
buche Justinians den Begriff einer durch keine geistliche Neben-

1) Die neueren Forschungen scheinen doch zu ergeben, daß dies Ron-
caglia nicht, wie man früher annahm, am rechten Poufer, östl. von Piacenza,
zu suchen ist, sondern nordwestl. von Piacenza, nördl. vom Po. So im An-
schluß an die Untersuchungen von Agnelli namentlich Güterbock, Quell. u.
Forsch. aus ital. Arch. etc. 9, 197 ff. Vergl. auch die Berliner Diss. von
Fliedner 1906. Widersprechend Simonsfeld S. 202, 249. Vielleicht aber bezog
sich der Name auf die ganze Gegend nördl. und südl. vom Po, aufwärts und
abwärts von Piacenza; vergl. Holder-Egger, Neues Arch. 32, 527.
2) Vergl. die trotz einiger Überschätzung lehrreichen Zusammenstellungen
in der Hallenser Diss. von Pomtow 1885.

II. Die Zeit der Staufer.
Wirtschaftsverhältnisse der Lombardei so überaus wichtigen Rechte,
die mit der Straßenhoheit und Verkehrsaufsicht in Verbindung
standen, wie das Markt-, Zoll-, Münz- und Geleitrecht. Der weit-
aus größte Teil dieser Rechte war ja seit unvordenklichen Zeiten
nicht mehr in unmittelbarer Verwaltung des Reiches, sondern aus-
geliehen an Bischöfe und weltliche Feudalherren. Indem dann der
Ausgang des Investiturstreites die italienischen Bischöfe zwar unab-
hängiger von der Krone machte, aber damit auch ihres Rückhalts
beraubte, indem Jahrzehnte lang, insbesondere unter Konrad III.,
jedes Eingreifen des Königtums in die italienischen Verhältnisse
aufhörte, wurden die aufblühenden Städte, die nun fast allenthalben
gegen die bischöflichen Stadtherren ihre Autonomie unter selbst-
gewählten Konsuln erkämpft hatten, in weitem Umfang auch die
Erben jener Regalien, nicht kraft rechtlicher Verleihung, sondern
durch rechtlose Aneignung. Insofern also der Investiturstreit nicht
zum wenigsten um den Einfluß auf Besitz und Rechte der Reichs-
kirchen geführt worden war, blieb der Gegenstand in den folgenden
Kämpfen der gleiche; nur die Besitzer hatten gewechselt.

Aber wie jetzt im einzelnen den Bestand dieser Regalien er-
gründen? Die alten Privilegien waren großenteils zugrunde ge-
gangen, neue nicht verliehen, alle Verhältnisse tiefgreifend verändert.
Man bedurfte der Aufstellung fester Normen, und diese Aufgabe
vor allem wurde den auf den Reichstag von Roncaglia1) geladenen
vier berühmten bolognesischen Rechtsgelehrten übertragen, die nun
mit 28 städtischen Richtern zu einer Kommission zusammentraten.
So konnte man hier zum ersten Male handgreiflich den Einfluß
des wiedererwachten römischen Rechts auf die praktische Politik
wahrnehmen.2) Es ist eine feine Bemerkung Rankes, daß „die
spekulative Entwicklung der Theologie, indem sie sich dem Papst-
tum entgegensetzte, eine politische Wirkung zugunsten der öffent-
lichen Freiheit hatte, die juristische Wissenschaft dagegen die Macht
des Kaisertums in seinem Gegensatz gegen Papsttum und Bürger-
tum begünstigte“. In der Tat lernte man in dem großen Rechts-
buche Justinians den Begriff einer durch keine geistliche Neben-

1) Die neueren Forschungen scheinen doch zu ergeben, daß dies Ron-
caglia nicht, wie man früher annahm, am rechten Poufer, östl. von Piacenza,
zu suchen ist, sondern nordwestl. von Piacenza, nördl. vom Po. So im An-
schluß an die Untersuchungen von Agnelli namentlich Güterbock, Quell. u.
Forsch. aus ital. Arch. etc. 9, 197 ff. Vergl. auch die Berliner Diss. von
Fliedner 1906. Widersprechend Simonsfeld S. 202, 249. Vielleicht aber bezog
sich der Name auf die ganze Gegend nördl. und südl. vom Po, aufwärts und
abwärts von Piacenza; vergl. Holder-Egger, Neues Arch. 32, 527.
2) Vergl. die trotz einiger Überschätzung lehrreichen Zusammenstellungen
in der Hallenser Diss. von Pomtow 1885.
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[130/0138] II. Die Zeit der Staufer. Wirtschaftsverhältnisse der Lombardei so überaus wichtigen Rechte, die mit der Straßenhoheit und Verkehrsaufsicht in Verbindung standen, wie das Markt-, Zoll-, Münz- und Geleitrecht. Der weit- aus größte Teil dieser Rechte war ja seit unvordenklichen Zeiten nicht mehr in unmittelbarer Verwaltung des Reiches, sondern aus- geliehen an Bischöfe und weltliche Feudalherren. Indem dann der Ausgang des Investiturstreites die italienischen Bischöfe zwar unab- hängiger von der Krone machte, aber damit auch ihres Rückhalts beraubte, indem Jahrzehnte lang, insbesondere unter Konrad III., jedes Eingreifen des Königtums in die italienischen Verhältnisse aufhörte, wurden die aufblühenden Städte, die nun fast allenthalben gegen die bischöflichen Stadtherren ihre Autonomie unter selbst- gewählten Konsuln erkämpft hatten, in weitem Umfang auch die Erben jener Regalien, nicht kraft rechtlicher Verleihung, sondern durch rechtlose Aneignung. Insofern also der Investiturstreit nicht zum wenigsten um den Einfluß auf Besitz und Rechte der Reichs- kirchen geführt worden war, blieb der Gegenstand in den folgenden Kämpfen der gleiche; nur die Besitzer hatten gewechselt. Aber wie jetzt im einzelnen den Bestand dieser Regalien er- gründen? Die alten Privilegien waren großenteils zugrunde ge- gangen, neue nicht verliehen, alle Verhältnisse tiefgreifend verändert. Man bedurfte der Aufstellung fester Normen, und diese Aufgabe vor allem wurde den auf den Reichstag von Roncaglia 1) geladenen vier berühmten bolognesischen Rechtsgelehrten übertragen, die nun mit 28 städtischen Richtern zu einer Kommission zusammentraten. So konnte man hier zum ersten Male handgreiflich den Einfluß des wiedererwachten römischen Rechts auf die praktische Politik wahrnehmen. 2) Es ist eine feine Bemerkung Rankes, daß „die spekulative Entwicklung der Theologie, indem sie sich dem Papst- tum entgegensetzte, eine politische Wirkung zugunsten der öffent- lichen Freiheit hatte, die juristische Wissenschaft dagegen die Macht des Kaisertums in seinem Gegensatz gegen Papsttum und Bürger- tum begünstigte“. In der Tat lernte man in dem großen Rechts- buche Justinians den Begriff einer durch keine geistliche Neben- 1) Die neueren Forschungen scheinen doch zu ergeben, daß dies Ron- caglia nicht, wie man früher annahm, am rechten Poufer, östl. von Piacenza, zu suchen ist, sondern nordwestl. von Piacenza, nördl. vom Po. So im An- schluß an die Untersuchungen von Agnelli namentlich Güterbock, Quell. u. Forsch. aus ital. Arch. etc. 9, 197 ff. Vergl. auch die Berliner Diss. von Fliedner 1906. Widersprechend Simonsfeld S. 202, 249. Vielleicht aber bezog sich der Name auf die ganze Gegend nördl. und südl. vom Po, aufwärts und abwärts von Piacenza; vergl. Holder-Egger, Neues Arch. 32, 527. 2) Vergl. die trotz einiger Überschätzung lehrreichen Zusammenstellungen in der Hallenser Diss. von Pomtow 1885.

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/138>, abgerufen am 24.11.2024.