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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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II. Die Zeit der Staufer.
der staufischen Brüder nicht einmal über das schwäbische Herzog-
tum verfügte? Persönliche Bedeutung trat bei ihm nicht ergänzend
in die Machtlücke. Schon als Gegenkönig hatte er mehr Lebhaftig-
keit als Geschicklichkeit gezeigt. Jetzt stand er in der Vollkraft
seiner Jahre, eine schöne, ritterliche Erscheinung, ein wackerer Kriegs-
mann, der nicht nur die Gefahr suchte und wuchtige Schwaben-
streiche auszuteilen wußte, sondern auch Anstrengungen und Ent-
behrungen mit den Seinen teilte, von gewinnender Liebenswürdigkeit
und natürlichem Frohsinn, wenn er etwa an lustiger Tafel sich in
seiner laienhaften Art in die gelehrte Unterhaltung seiner Hofgeist-
lichen mischte und lachend den Philosophen ihr heiteres Leben
neidete, da sie mit solcher Leichtigkeit das Unmögliche als möglich
darzutun verstünden. Trotz solcher menschlich anziehenden Eigen-
schaften sind indes Zeitgenossen und spätere Forscher in ihrem
Urteil über den Staatsmann völlig einmütig; er hat nicht einen
einzigen ernsthaften Lobredner gefunden. Nicht an Beweglichkeit
und Unternehmungsgeist fehlte es ihm, -- er hätte sonst nicht
zweimal unter den schwierigsten Umständen die Bürde der Krone
auf sich genommen, -- wohl aber an abschätzender Überlegung,
vorbereitender Umsicht und folgerichtiger Stetigkeit. Von dem
kirchlichen Zuge der Zeit mit Tausenden und Abertausenden er-
griffen und vom Gefühl seiner Sündhaftigkeit durchdrungen, wie
ein Briefwechsel mit der geistlichen Seherin Hildegart von Bingen
beweist, erregbar und leichtgläubig, der Beredsamkeit eines Bernhard
von Clairvaux ebenso hilflos preisgegeben wie dem Eindruck einer
Mondfinsternis, ließ er sich leicht zu unbedachten Unternehmungen
fortreißen, um unter neuen Einwirkungen zu schwanken und eigne
Entscheidungen zu widerrufen, so daß wohl seine nächsten Ver-
trauten über seine Unzuverlässigkeit klagten. So blieb seine Re-
gierung ohne allen Aufbau, jeder Erfolg erstickte in dem Mißver-
hältnis zwischen Wollen und Können; am Ende stand Konrad fast
genau da, wo er begonnen hatte. Aber eine Flut von Unheil war
über das Reich dahingebraust, das königliche Ansehn war tief ge-
sunken, und wenn gerade dies Elend nicht zum wenigsten den
Rückschlag beschleunigt hat, so erfolgte doch der Wandel der
öffentlichen Meinung, der sich zuletzt vollzog, und der das be-
deutsamste Ergebnis seiner Regierung bildete, im wesentlichen ohne
Konrads Verdienst.

Es wäre wohl die Frage gewesen, ob er sich in seinem König-
tum auch nur behauptet hätte, wäre nicht Heinrich der Stolze
gleich im Beginn des Kampfes durch einen vorzeitigen Tod hin-
weggerafft worden (1139); denn es spricht für die Stärke der
gegnerischen Partei, daß sie trotz dieses bösen Unfalls Sachsen für

II. Die Zeit der Staufer.
der staufischen Brüder nicht einmal über das schwäbische Herzog-
tum verfügte? Persönliche Bedeutung trat bei ihm nicht ergänzend
in die Machtlücke. Schon als Gegenkönig hatte er mehr Lebhaftig-
keit als Geschicklichkeit gezeigt. Jetzt stand er in der Vollkraft
seiner Jahre, eine schöne, ritterliche Erscheinung, ein wackerer Kriegs-
mann, der nicht nur die Gefahr suchte und wuchtige Schwaben-
streiche auszuteilen wußte, sondern auch Anstrengungen und Ent-
behrungen mit den Seinen teilte, von gewinnender Liebenswürdigkeit
und natürlichem Frohsinn, wenn er etwa an lustiger Tafel sich in
seiner laienhaften Art in die gelehrte Unterhaltung seiner Hofgeist-
lichen mischte und lachend den Philosophen ihr heiteres Leben
neidete, da sie mit solcher Leichtigkeit das Unmögliche als möglich
darzutun verstünden. Trotz solcher menschlich anziehenden Eigen-
schaften sind indes Zeitgenossen und spätere Forscher in ihrem
Urteil über den Staatsmann völlig einmütig; er hat nicht einen
einzigen ernsthaften Lobredner gefunden. Nicht an Beweglichkeit
und Unternehmungsgeist fehlte es ihm, — er hätte sonst nicht
zweimal unter den schwierigsten Umständen die Bürde der Krone
auf sich genommen, — wohl aber an abschätzender Überlegung,
vorbereitender Umsicht und folgerichtiger Stetigkeit. Von dem
kirchlichen Zuge der Zeit mit Tausenden und Abertausenden er-
griffen und vom Gefühl seiner Sündhaftigkeit durchdrungen, wie
ein Briefwechsel mit der geistlichen Seherin Hildegart von Bingen
beweist, erregbar und leichtgläubig, der Beredsamkeit eines Bernhard
von Clairvaux ebenso hilflos preisgegeben wie dem Eindruck einer
Mondfinsternis, ließ er sich leicht zu unbedachten Unternehmungen
fortreißen, um unter neuen Einwirkungen zu schwanken und eigne
Entscheidungen zu widerrufen, so daß wohl seine nächsten Ver-
trauten über seine Unzuverlässigkeit klagten. So blieb seine Re-
gierung ohne allen Aufbau, jeder Erfolg erstickte in dem Mißver-
hältnis zwischen Wollen und Können; am Ende stand Konrad fast
genau da, wo er begonnen hatte. Aber eine Flut von Unheil war
über das Reich dahingebraust, das königliche Ansehn war tief ge-
sunken, und wenn gerade dies Elend nicht zum wenigsten den
Rückschlag beschleunigt hat, so erfolgte doch der Wandel der
öffentlichen Meinung, der sich zuletzt vollzog, und der das be-
deutsamste Ergebnis seiner Regierung bildete, im wesentlichen ohne
Konrads Verdienst.

Es wäre wohl die Frage gewesen, ob er sich in seinem König-
tum auch nur behauptet hätte, wäre nicht Heinrich der Stolze
gleich im Beginn des Kampfes durch einen vorzeitigen Tod hin-
weggerafft worden (1139); denn es spricht für die Stärke der
gegnerischen Partei, daß sie trotz dieses bösen Unfalls Sachsen für

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[104/0112] II. Die Zeit der Staufer. der staufischen Brüder nicht einmal über das schwäbische Herzog- tum verfügte? Persönliche Bedeutung trat bei ihm nicht ergänzend in die Machtlücke. Schon als Gegenkönig hatte er mehr Lebhaftig- keit als Geschicklichkeit gezeigt. Jetzt stand er in der Vollkraft seiner Jahre, eine schöne, ritterliche Erscheinung, ein wackerer Kriegs- mann, der nicht nur die Gefahr suchte und wuchtige Schwaben- streiche auszuteilen wußte, sondern auch Anstrengungen und Ent- behrungen mit den Seinen teilte, von gewinnender Liebenswürdigkeit und natürlichem Frohsinn, wenn er etwa an lustiger Tafel sich in seiner laienhaften Art in die gelehrte Unterhaltung seiner Hofgeist- lichen mischte und lachend den Philosophen ihr heiteres Leben neidete, da sie mit solcher Leichtigkeit das Unmögliche als möglich darzutun verstünden. Trotz solcher menschlich anziehenden Eigen- schaften sind indes Zeitgenossen und spätere Forscher in ihrem Urteil über den Staatsmann völlig einmütig; er hat nicht einen einzigen ernsthaften Lobredner gefunden. Nicht an Beweglichkeit und Unternehmungsgeist fehlte es ihm, — er hätte sonst nicht zweimal unter den schwierigsten Umständen die Bürde der Krone auf sich genommen, — wohl aber an abschätzender Überlegung, vorbereitender Umsicht und folgerichtiger Stetigkeit. Von dem kirchlichen Zuge der Zeit mit Tausenden und Abertausenden er- griffen und vom Gefühl seiner Sündhaftigkeit durchdrungen, wie ein Briefwechsel mit der geistlichen Seherin Hildegart von Bingen beweist, erregbar und leichtgläubig, der Beredsamkeit eines Bernhard von Clairvaux ebenso hilflos preisgegeben wie dem Eindruck einer Mondfinsternis, ließ er sich leicht zu unbedachten Unternehmungen fortreißen, um unter neuen Einwirkungen zu schwanken und eigne Entscheidungen zu widerrufen, so daß wohl seine nächsten Ver- trauten über seine Unzuverlässigkeit klagten. So blieb seine Re- gierung ohne allen Aufbau, jeder Erfolg erstickte in dem Mißver- hältnis zwischen Wollen und Können; am Ende stand Konrad fast genau da, wo er begonnen hatte. Aber eine Flut von Unheil war über das Reich dahingebraust, das königliche Ansehn war tief ge- sunken, und wenn gerade dies Elend nicht zum wenigsten den Rückschlag beschleunigt hat, so erfolgte doch der Wandel der öffentlichen Meinung, der sich zuletzt vollzog, und der das be- deutsamste Ergebnis seiner Regierung bildete, im wesentlichen ohne Konrads Verdienst. Es wäre wohl die Frage gewesen, ob er sich in seinem König- tum auch nur behauptet hätte, wäre nicht Heinrich der Stolze gleich im Beginn des Kampfes durch einen vorzeitigen Tod hin- weggerafft worden (1139); denn es spricht für die Stärke der gegnerischen Partei, daß sie trotz dieses bösen Unfalls Sachsen für

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/112>, abgerufen am 24.11.2024.