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[Hamann, Johann Georg]: Sokratische Denkwürdigkeiten. Amsterdam [i. e. Königsberg], 1759.

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kann nichts mehr thun als der Arm eines
Wegweisers und bin zu hölzern meinen Le-
sern in dem Laufe ihrer Betrachtungen Ge-
sellschaft zu leisten.

Die Athenienser waren neugierig. Ein
Unwissender ist der beste Arzt für diese Lust-
seuche. Sie waren, wie alle neugierige, ge-
neigt mitzutheilen es muste ihnen also ge-
fallen, gefragt zu werden. Sie besassen aber
mehr die Gabe zu erfinden und vorzutragen,
als zu behalten und zu urtheilen; daher hat-
te Sokrates immer Gelegenheit ihr Gedächt-
nis und ihre Urtheilskraft zu vertreten, und
sie für Leichtsinn und Eitelkeit zu warnen.
Kurz, Sokrates lockte seine Mitbürger aus
den Labyrinthen ihrer gelehrten Sophisten zu
einer Wahrheit, die im Verborgenen liegt,
zu einer heimlichen Weisheit, und von den
Götzenaltären ihrer andächtigen und staats-
klugen Priester zum Dienst eines unbekan-
ten Gottes.
Plato sagte es den Athenien-
sern ins Gesichte, daß Sokrates ihren Arm
den Göttern gegeben wäre sie von ihren Thor-
heiten zu überzeugen und zu seiner Nachfolge
in der Tugend aufzumuntern. Wer den So-
krates unter den Propheten nicht leiden will,
den muß man fragen: Wer der Propheten
Vater sey?
und ob sich unser Gott nicht ei-
nen Gott der Heyden genannt und erwie-
sen?

Drit-

kann nichts mehr thun als der Arm eines
Wegweiſers und bin zu hoͤlzern meinen Le-
ſern in dem Laufe ihrer Betrachtungen Ge-
ſellſchaft zu leiſten.

Die Athenienſer waren neugierig. Ein
Unwiſſender iſt der beſte Arzt fuͤr dieſe Luſt-
ſeuche. Sie waren, wie alle neugierige, ge-
neigt mitzutheilen es muſte ihnen alſo ge-
fallen, gefragt zu werden. Sie beſaſſen aber
mehr die Gabe zu erfinden und vorzutragen,
als zu behalten und zu urtheilen; daher hat-
te Sokrates immer Gelegenheit ihr Gedaͤcht-
nis und ihre Urtheilskraft zu vertreten, und
ſie fuͤr Leichtſinn und Eitelkeit zu warnen.
Kurz, Sokrates lockte ſeine Mitbuͤrger aus
den Labyrinthen ihrer gelehrten Sophiſten zu
einer Wahrheit, die im Verborgenen liegt,
zu einer heimlichen Weisheit, und von den
Goͤtzenaltaͤren ihrer andaͤchtigen und ſtaats-
klugen Prieſter zum Dienſt eines unbekan-
ten Gottes.
Plato ſagte es den Athenien-
ſern ins Geſichte, daß Sokrates ihren Arm
den Goͤttern gegeben waͤre ſie von ihren Thor-
heiten zu uͤberzeugen und zu ſeiner Nachfolge
in der Tugend aufzumuntern. Wer den So-
krates unter den Propheten nicht leiden will,
den muß man fragen: Wer der Propheten
Vater ſey?
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nen Gott der Heyden genannt und erwie-
ſen?

Drit-
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[56/0060] kann nichts mehr thun als der Arm eines Wegweiſers und bin zu hoͤlzern meinen Le- ſern in dem Laufe ihrer Betrachtungen Ge- ſellſchaft zu leiſten. Die Athenienſer waren neugierig. Ein Unwiſſender iſt der beſte Arzt fuͤr dieſe Luſt- ſeuche. Sie waren, wie alle neugierige, ge- neigt mitzutheilen es muſte ihnen alſo ge- fallen, gefragt zu werden. Sie beſaſſen aber mehr die Gabe zu erfinden und vorzutragen, als zu behalten und zu urtheilen; daher hat- te Sokrates immer Gelegenheit ihr Gedaͤcht- nis und ihre Urtheilskraft zu vertreten, und ſie fuͤr Leichtſinn und Eitelkeit zu warnen. Kurz, Sokrates lockte ſeine Mitbuͤrger aus den Labyrinthen ihrer gelehrten Sophiſten zu einer Wahrheit, die im Verborgenen liegt, zu einer heimlichen Weisheit, und von den Goͤtzenaltaͤren ihrer andaͤchtigen und ſtaats- klugen Prieſter zum Dienſt eines unbekan- ten Gottes. Plato ſagte es den Athenien- ſern ins Geſichte, daß Sokrates ihren Arm den Goͤttern gegeben waͤre ſie von ihren Thor- heiten zu uͤberzeugen und zu ſeiner Nachfolge in der Tugend aufzumuntern. Wer den So- krates unter den Propheten nicht leiden will, den muß man fragen: Wer der Propheten Vater ſey? und ob ſich unſer Gott nicht ei- nen Gott der Heyden genannt und erwie- ſen? Drit-

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Zitationshilfe: [Hamann, Johann Georg]: Sokratische Denkwürdigkeiten. Amsterdam [i. e. Königsberg], 1759, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hamann_denkwuerdigkeiten_1759/60>, abgerufen am 25.11.2024.