Halm, Friedrich [d. i. Eligius Franz Joseph von Münch Bellinghausen]: Die Marzipan-Lise. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–70. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Zu Weßprim in Ungarn lebte in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts kurze Zeit nach dem Abschlusse des Szathmarer Friedens ein Kaufmann, namens Paul Horvath, in Wohlstand und Fülle des Gedeihens. Er besaß vor den Thoren der Stadt ein großes Haus mit tiefen Kellern und geräumigen Vorrathskammern, die gleichwohl zur Aufbewahrung der Berge von Ballen, Fässern und Kisten, die sie aufnehmen sollten, oft kaum hinreichten; denn zunächst mit dem Umsatze von Tüchern beschäftigt, die er aus Steiermark und Kärnten bezog, betrieb Horvath nebenbei auch einen ausgebreiteten Handel mit Wein und Getreide. Das Bestreben, sein Geschäft in Schwung zu bringen, und das Bedürfniß, vorteilhafte Handelsverbindungen anzuknüpfen, hatte ihn in früheren Jahren genöthigt, sich bald hier bald dort auf Märkten und Messen herumzutreiben, und ihn nach Venedig, in das Deutsche Reich, bis nach Holland geführt, so daß die Erziehung seiner einzigen Tochter Crescenzia und die Verwaltung seines verwais'ten Haushalts monatelang der alten Margit, einer Base seiner verstorbenen Zu Weßprim in Ungarn lebte in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts kurze Zeit nach dem Abschlusse des Szathmárer Friedens ein Kaufmann, namens Paul Horváth, in Wohlstand und Fülle des Gedeihens. Er besaß vor den Thoren der Stadt ein großes Haus mit tiefen Kellern und geräumigen Vorrathskammern, die gleichwohl zur Aufbewahrung der Berge von Ballen, Fässern und Kisten, die sie aufnehmen sollten, oft kaum hinreichten; denn zunächst mit dem Umsatze von Tüchern beschäftigt, die er aus Steiermark und Kärnten bezog, betrieb Horváth nebenbei auch einen ausgebreiteten Handel mit Wein und Getreide. Das Bestreben, sein Geschäft in Schwung zu bringen, und das Bedürfniß, vorteilhafte Handelsverbindungen anzuknüpfen, hatte ihn in früheren Jahren genöthigt, sich bald hier bald dort auf Märkten und Messen herumzutreiben, und ihn nach Venedig, in das Deutsche Reich, bis nach Holland geführt, so daß die Erziehung seiner einzigen Tochter Crescenzia und die Verwaltung seines verwais’ten Haushalts monatelang der alten Margit, einer Base seiner verstorbenen <TEI> <text> <pb facs="#f0009"/> <body> <div type="chapter" n="0"> <p>Zu Weßprim in Ungarn lebte in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts kurze Zeit nach dem Abschlusse des Szathmárer Friedens ein Kaufmann, namens Paul Horváth, in Wohlstand und Fülle des Gedeihens. Er besaß vor den Thoren der Stadt ein großes Haus mit tiefen Kellern und geräumigen Vorrathskammern, die gleichwohl zur Aufbewahrung der Berge von Ballen, Fässern und Kisten, die sie aufnehmen sollten, oft kaum hinreichten; denn zunächst mit dem Umsatze von Tüchern beschäftigt, die er aus Steiermark und Kärnten bezog, betrieb Horváth nebenbei auch einen ausgebreiteten Handel mit Wein und Getreide. Das Bestreben, sein Geschäft in Schwung zu bringen, und das Bedürfniß, vorteilhafte Handelsverbindungen anzuknüpfen, hatte ihn in früheren Jahren genöthigt, sich bald hier bald dort auf Märkten und Messen herumzutreiben, und ihn nach Venedig, in das Deutsche Reich, bis nach Holland geführt, so daß die Erziehung seiner einzigen Tochter Crescenzia und die Verwaltung seines verwais’ten Haushalts monatelang der alten Margit, einer Base seiner verstorbenen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0009]
Zu Weßprim in Ungarn lebte in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts kurze Zeit nach dem Abschlusse des Szathmárer Friedens ein Kaufmann, namens Paul Horváth, in Wohlstand und Fülle des Gedeihens. Er besaß vor den Thoren der Stadt ein großes Haus mit tiefen Kellern und geräumigen Vorrathskammern, die gleichwohl zur Aufbewahrung der Berge von Ballen, Fässern und Kisten, die sie aufnehmen sollten, oft kaum hinreichten; denn zunächst mit dem Umsatze von Tüchern beschäftigt, die er aus Steiermark und Kärnten bezog, betrieb Horváth nebenbei auch einen ausgebreiteten Handel mit Wein und Getreide. Das Bestreben, sein Geschäft in Schwung zu bringen, und das Bedürfniß, vorteilhafte Handelsverbindungen anzuknüpfen, hatte ihn in früheren Jahren genöthigt, sich bald hier bald dort auf Märkten und Messen herumzutreiben, und ihn nach Venedig, in das Deutsche Reich, bis nach Holland geführt, so daß die Erziehung seiner einzigen Tochter Crescenzia und die Verwaltung seines verwais’ten Haushalts monatelang der alten Margit, einer Base seiner verstorbenen
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Zitationshilfe: | Halm, Friedrich [d. i. Eligius Franz Joseph von Münch Bellinghausen]: Die Marzipan-Lise. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–70. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/halm_lise_1910/9>, abgerufen am 16.07.2024. |