Halm, Friedrich [d. i. Eligius Franz Joseph von Münch Bellinghausen]: Die Marzipan-Lise. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–70. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.und diesmal bin ich meiner Sache gewiß; die Czeneczi habe ich fest! Aus diesen und andern Gedanken weckten ihn die Hufschläge des Pferdes, das Horvath nach Vasarhely trug; die Zeit seiner Entfernung mußte benutzt werden, jetzt oder nie rasch und entschieden gehandelt werden. Hastig seinen Anzug vollendend, überlegte er, welche Wege er einzuschlagen hätte, erwog die Hindernisse, die ihm entgegentreten könnten, die Mittel, die ihm zu Gebote stünden, sie zu beseitigen, und eben da er endlich seinen Entschluß gefaßt hatte, sah er Czenczi's schlanke Gestalt den Hofraum entlang dem Garten zuschweben, wohin er ihr augenblicklich folgte. Die Züge des jungen Mannes, die noch von Siegesfrohlocken und hämischer Zuversicht strahlten, als er die Stufen zur Gartenthüre emporstieg, hatten den Ausdruck tiefen Schmerzes und mühsam errungener Fassung angenommen, als er dem jungen Mädchen sich nahte, das ihm mit der rührendsten Hingebung entgegeneilte und ihn mit zärtlicher Besorgniß nach dem Zustande der bösen Augen fragte, die gestern so viel Kummer gemacht hätten. Seine Antwort war kurz, ernst, gemessen; mit gepreßter Stimme, aus deren Klang das Ohr der Liebe unterdrückte Thränen heraushörte, berichtete er ihr das harte Urtheil, das ihr Vater ihm gesprochen, und schloß mit zärtlichen Abschiedsworten und heißen Segenswünschen für die Zukunft der Geliebten, wenn auch die seine für immer vernichtet und ein früher Tod fortan das einzige Ziel sei, dem er noch hoffend entgegenschaue! Die und diesmal bin ich meiner Sache gewiß; die Czeneczi habe ich fest! Aus diesen und andern Gedanken weckten ihn die Hufschläge des Pferdes, das Horváth nach Vásárhely trug; die Zeit seiner Entfernung mußte benutzt werden, jetzt oder nie rasch und entschieden gehandelt werden. Hastig seinen Anzug vollendend, überlegte er, welche Wege er einzuschlagen hätte, erwog die Hindernisse, die ihm entgegentreten könnten, die Mittel, die ihm zu Gebote stünden, sie zu beseitigen, und eben da er endlich seinen Entschluß gefaßt hatte, sah er Czenczi's schlanke Gestalt den Hofraum entlang dem Garten zuschweben, wohin er ihr augenblicklich folgte. Die Züge des jungen Mannes, die noch von Siegesfrohlocken und hämischer Zuversicht strahlten, als er die Stufen zur Gartenthüre emporstieg, hatten den Ausdruck tiefen Schmerzes und mühsam errungener Fassung angenommen, als er dem jungen Mädchen sich nahte, das ihm mit der rührendsten Hingebung entgegeneilte und ihn mit zärtlicher Besorgniß nach dem Zustande der bösen Augen fragte, die gestern so viel Kummer gemacht hätten. Seine Antwort war kurz, ernst, gemessen; mit gepreßter Stimme, aus deren Klang das Ohr der Liebe unterdrückte Thränen heraushörte, berichtete er ihr das harte Urtheil, das ihr Vater ihm gesprochen, und schloß mit zärtlichen Abschiedsworten und heißen Segenswünschen für die Zukunft der Geliebten, wenn auch die seine für immer vernichtet und ein früher Tod fortan das einzige Ziel sei, dem er noch hoffend entgegenschaue! Die <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="0"> <p><pb facs="#f0051"/> und diesmal bin ich meiner Sache gewiß; die Czeneczi habe ich fest! Aus diesen und andern Gedanken weckten ihn die Hufschläge des Pferdes, das Horváth nach Vásárhely trug; die Zeit seiner Entfernung mußte benutzt werden, jetzt oder nie rasch und entschieden gehandelt werden. Hastig seinen Anzug vollendend, überlegte er, welche Wege er einzuschlagen hätte, erwog die Hindernisse, die ihm entgegentreten könnten, die Mittel, die ihm zu Gebote stünden, sie zu beseitigen, und eben da er endlich seinen Entschluß gefaßt hatte, sah er Czenczi's schlanke Gestalt den Hofraum entlang dem Garten zuschweben, wohin er ihr augenblicklich folgte.</p><lb/> <p>Die Züge des jungen Mannes, die noch von Siegesfrohlocken und hämischer Zuversicht strahlten, als er die Stufen zur Gartenthüre emporstieg, hatten den Ausdruck tiefen Schmerzes und mühsam errungener Fassung angenommen, als er dem jungen Mädchen sich nahte, das ihm mit der rührendsten Hingebung entgegeneilte und ihn mit zärtlicher Besorgniß nach dem Zustande der bösen Augen fragte, die gestern so viel Kummer gemacht hätten. Seine Antwort war kurz, ernst, gemessen; mit gepreßter Stimme, aus deren Klang das Ohr der Liebe unterdrückte Thränen heraushörte, berichtete er ihr das harte Urtheil, das ihr Vater ihm gesprochen, und schloß mit zärtlichen Abschiedsworten und heißen Segenswünschen für die Zukunft der Geliebten, wenn auch die seine für immer vernichtet und ein früher Tod fortan das einzige Ziel sei, dem er noch hoffend entgegenschaue! Die<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0051]
und diesmal bin ich meiner Sache gewiß; die Czeneczi habe ich fest! Aus diesen und andern Gedanken weckten ihn die Hufschläge des Pferdes, das Horváth nach Vásárhely trug; die Zeit seiner Entfernung mußte benutzt werden, jetzt oder nie rasch und entschieden gehandelt werden. Hastig seinen Anzug vollendend, überlegte er, welche Wege er einzuschlagen hätte, erwog die Hindernisse, die ihm entgegentreten könnten, die Mittel, die ihm zu Gebote stünden, sie zu beseitigen, und eben da er endlich seinen Entschluß gefaßt hatte, sah er Czenczi's schlanke Gestalt den Hofraum entlang dem Garten zuschweben, wohin er ihr augenblicklich folgte.
Die Züge des jungen Mannes, die noch von Siegesfrohlocken und hämischer Zuversicht strahlten, als er die Stufen zur Gartenthüre emporstieg, hatten den Ausdruck tiefen Schmerzes und mühsam errungener Fassung angenommen, als er dem jungen Mädchen sich nahte, das ihm mit der rührendsten Hingebung entgegeneilte und ihn mit zärtlicher Besorgniß nach dem Zustande der bösen Augen fragte, die gestern so viel Kummer gemacht hätten. Seine Antwort war kurz, ernst, gemessen; mit gepreßter Stimme, aus deren Klang das Ohr der Liebe unterdrückte Thränen heraushörte, berichtete er ihr das harte Urtheil, das ihr Vater ihm gesprochen, und schloß mit zärtlichen Abschiedsworten und heißen Segenswünschen für die Zukunft der Geliebten, wenn auch die seine für immer vernichtet und ein früher Tod fortan das einzige Ziel sei, dem er noch hoffend entgegenschaue! Die
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Zitationshilfe: | Halm, Friedrich [d. i. Eligius Franz Joseph von Münch Bellinghausen]: Die Marzipan-Lise. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–70. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/halm_lise_1910/51>, abgerufen am 16.07.2024. |