Halm, Friedrich [d. i. Eligius Franz Joseph von Münch Bellinghausen]: Die Marzipan-Lise. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–70. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Frau, überlassen blieb. Später sah er sich dieser Anstrengungen überhoben; sein Ruf wie sein Wohlstand waren fest begründet, und Käufer wie Verkäufer, die er sonst hatte suchen müssen, pochten nun an seine Thür; mit Ausnahme einiger Tage, die er jährlich auf dem Michaelismarkte zu Ofen zuzubringen pflegte, mochte er nun in seinen eigenen vier Pfählen in Bequemlichkeit sein Geschäft betreiben, seine Tochter vom Kinde zur blühenden Jungfrau heranwachsen sehen und in heiterer Behaglichkeit die dem Ungar angeborene Tugend der Gastfreundschaft so glänzend und freigebig üben, als Neigung und Klugheit ihm geboten; denn in jenen Tagen waren bei dem Mangel zureichender Verkehrsmittel und entsprechender Unterkunft die Handelsleute darauf angewiesen, in ihren Geschäftsfreunden auch Gastfreunde zu finden, und in dem Hause des reichen Horvath, unmittelbar an der Straße gelegen, die Ofen mit Grätz und Warasdin verbindet, fehlte es weder an häufigem Zuspruch noch an freundlichem Willkomm. Eines Tages hatte Horvath einem seiner Gäste auf der Straße nach Stuhlweißenburg bis gegen Palota hin das Geleite gegeben und fuhr nun in seinem leichten, einspännigen Wagen, Dies und Jenes erwägend, wieder seinem Wohnorte zu. Er ließ eben vorsichtig und bedächtig, wie er war, sein Rößlein eine kleine Anhöhe im Schritt hinangehen und hüllte sich fester in seine Bunda -- denn es war ein rauher Herbstabend, und aus der Richtung von Vörös-Bereny pfiff der Seewind Frau, überlassen blieb. Später sah er sich dieser Anstrengungen überhoben; sein Ruf wie sein Wohlstand waren fest begründet, und Käufer wie Verkäufer, die er sonst hatte suchen müssen, pochten nun an seine Thür; mit Ausnahme einiger Tage, die er jährlich auf dem Michaelismarkte zu Ofen zuzubringen pflegte, mochte er nun in seinen eigenen vier Pfählen in Bequemlichkeit sein Geschäft betreiben, seine Tochter vom Kinde zur blühenden Jungfrau heranwachsen sehen und in heiterer Behaglichkeit die dem Ungar angeborene Tugend der Gastfreundschaft so glänzend und freigebig üben, als Neigung und Klugheit ihm geboten; denn in jenen Tagen waren bei dem Mangel zureichender Verkehrsmittel und entsprechender Unterkunft die Handelsleute darauf angewiesen, in ihren Geschäftsfreunden auch Gastfreunde zu finden, und in dem Hause des reichen Horváth, unmittelbar an der Straße gelegen, die Ofen mit Grätz und Warasdin verbindet, fehlte es weder an häufigem Zuspruch noch an freundlichem Willkomm. Eines Tages hatte Horváth einem seiner Gäste auf der Straße nach Stuhlweißenburg bis gegen Palota hin das Geleite gegeben und fuhr nun in seinem leichten, einspännigen Wagen, Dies und Jenes erwägend, wieder seinem Wohnorte zu. Er ließ eben vorsichtig und bedächtig, wie er war, sein Rößlein eine kleine Anhöhe im Schritt hinangehen und hüllte sich fester in seine Bunda — denn es war ein rauher Herbstabend, und aus der Richtung von Vörös-Berény pfiff der Seewind <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="0"> <p><pb facs="#f0010"/> Frau, überlassen blieb. Später sah er sich dieser Anstrengungen überhoben; sein Ruf wie sein Wohlstand waren fest begründet, und Käufer wie Verkäufer, die er sonst hatte suchen müssen, pochten nun an seine Thür; mit Ausnahme einiger Tage, die er jährlich auf dem Michaelismarkte zu Ofen zuzubringen pflegte, mochte er nun in seinen eigenen vier Pfählen in Bequemlichkeit sein Geschäft betreiben, seine Tochter vom Kinde zur blühenden Jungfrau heranwachsen sehen und in heiterer Behaglichkeit die dem Ungar angeborene Tugend der Gastfreundschaft so glänzend und freigebig üben, als Neigung und Klugheit ihm geboten; denn in jenen Tagen waren bei dem Mangel zureichender Verkehrsmittel und entsprechender Unterkunft die Handelsleute darauf angewiesen, in ihren Geschäftsfreunden auch Gastfreunde zu finden, und in dem Hause des reichen Horváth, unmittelbar an der Straße gelegen, die Ofen mit Grätz und Warasdin verbindet, fehlte es weder an häufigem Zuspruch noch an freundlichem Willkomm.</p><lb/> <p>Eines Tages hatte Horváth einem seiner Gäste auf der Straße nach Stuhlweißenburg bis gegen Palota hin das Geleite gegeben und fuhr nun in seinem leichten, einspännigen Wagen, Dies und Jenes erwägend, wieder seinem Wohnorte zu. Er ließ eben vorsichtig und bedächtig, wie er war, sein Rößlein eine kleine Anhöhe im Schritt hinangehen und hüllte sich fester in seine Bunda — denn es war ein rauher Herbstabend, und aus der Richtung von Vörös-Berény pfiff der Seewind<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0010]
Frau, überlassen blieb. Später sah er sich dieser Anstrengungen überhoben; sein Ruf wie sein Wohlstand waren fest begründet, und Käufer wie Verkäufer, die er sonst hatte suchen müssen, pochten nun an seine Thür; mit Ausnahme einiger Tage, die er jährlich auf dem Michaelismarkte zu Ofen zuzubringen pflegte, mochte er nun in seinen eigenen vier Pfählen in Bequemlichkeit sein Geschäft betreiben, seine Tochter vom Kinde zur blühenden Jungfrau heranwachsen sehen und in heiterer Behaglichkeit die dem Ungar angeborene Tugend der Gastfreundschaft so glänzend und freigebig üben, als Neigung und Klugheit ihm geboten; denn in jenen Tagen waren bei dem Mangel zureichender Verkehrsmittel und entsprechender Unterkunft die Handelsleute darauf angewiesen, in ihren Geschäftsfreunden auch Gastfreunde zu finden, und in dem Hause des reichen Horváth, unmittelbar an der Straße gelegen, die Ofen mit Grätz und Warasdin verbindet, fehlte es weder an häufigem Zuspruch noch an freundlichem Willkomm.
Eines Tages hatte Horváth einem seiner Gäste auf der Straße nach Stuhlweißenburg bis gegen Palota hin das Geleite gegeben und fuhr nun in seinem leichten, einspännigen Wagen, Dies und Jenes erwägend, wieder seinem Wohnorte zu. Er ließ eben vorsichtig und bedächtig, wie er war, sein Rößlein eine kleine Anhöhe im Schritt hinangehen und hüllte sich fester in seine Bunda — denn es war ein rauher Herbstabend, und aus der Richtung von Vörös-Berény pfiff der Seewind
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-15T10:52:38Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-15T10:52:38Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |