länger leben als wachsen, wie der Ochse und das Pferd, so wird sich wohl die lezzte Grenzscheide des menschlichen Lebens nicht über ein Jahrhundert verrükken lassen; und damit stimmt auch die Geschichte überein. Jch dürfte auch das menschliche Leben nicht durch diesen Termin ein- schränken, und ich könnte aus der spätern Mannbarkeit, so wie aus den Eheverbindungen, welche man vor der Sündfluth von sechszig bis hundert Jahren zu schliessen pflegte, nicht undeutlich behaupten, daß dieser Gränz- punkt um drei (f) und fünfmal (g) von uns überschritten werden könne, da nunmehr unser äusserste Termin ist, wofern die ehemalige Mannbarkeit um drei mal oder fünfmal später erfolgt ist. Es gehört nemlich nicht zu der Lebensart unserer Vorfahren mit, daß sich Men- schen von dem ehelichen Leben enthalten haben sollen, wenn ihr Alter zu dieser Verbindung geschikkt gewesen.
Auch dieses giebt mir noch Anlaß, die Dauer der Menschen weiter als gewöhnlich, hinauszusezzen. Man fand nemlich bei demjenigen Menschen, welcher anderhalb Jahrhunderte alt wurde (h), und beim andern, welcher et- was unter diesem Punkte stehen geblieben, noch nicht die nahen Ursachen zum Tode, als man ihre Körper öfnete, vorhanden.
Wenigstens konnte Thomas Parre(k), welcher in einem Alter von hundert und zwei und funfzig Jahren mit Tode abgieng (k*), nach der Constitution seines Kör- pers zu urtheilen, noch länger gelebt haben. So waren
auch
(f)[Spaltenumbruch]Cainam im 70 Jahr; Ma- halael, Henoch.
(g)Seth hat im 105 Jahre ge- heirathet; Enos im 90 Jahre Ja red im 162; Methusalah im Jahre 187; Lamech im Jahre 182. diese haben also um 5 bis 8 mal die Zeit der Mannbarkeit überschritten.
(h)[Spaltenumbruch]Conf. p. 104.
(k) Jn einer eigenen Schrift des HARVEII so mit dem Werkchen des D BETTUS de sanguine her- ansgekommen.
(k*) Verliebt war PARRE noch im 140 Jahre, die Ribben waren bei ihm nicht knochig.
III. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen.
laͤnger leben als wachſen, wie der Ochſe und das Pferd, ſo wird ſich wohl die lezzte Grenzſcheide des menſchlichen Lebens nicht uͤber ein Jahrhundert verruͤkken laſſen; und damit ſtimmt auch die Geſchichte uͤberein. Jch duͤrfte auch das menſchliche Leben nicht durch dieſen Termin ein- ſchraͤnken, und ich koͤnnte aus der ſpaͤtern Mannbarkeit, ſo wie aus den Eheverbindungen, welche man vor der Suͤndfluth von ſechszig bis hundert Jahren zu ſchlieſſen pflegte, nicht undeutlich behaupten, daß dieſer Graͤnz- punkt um drei (f) und fuͤnfmal (g) von uns uͤberſchritten werden koͤnne, da nunmehr unſer aͤuſſerſte Termin iſt, wofern die ehemalige Mannbarkeit um drei mal oder fuͤnfmal ſpaͤter erfolgt iſt. Es gehoͤrt nemlich nicht zu der Lebensart unſerer Vorfahren mit, daß ſich Men- ſchen von dem ehelichen Leben enthalten haben ſollen, wenn ihr Alter zu dieſer Verbindung geſchikkt geweſen.
Auch dieſes giebt mir noch Anlaß, die Dauer der Menſchen weiter als gewoͤhnlich, hinauszuſezzen. Man fand nemlich bei demjenigen Menſchen, welcher anderhalb Jahrhunderte alt wurde (h), und beim andern, welcher et- was unter dieſem Punkte ſtehen geblieben, noch nicht die nahen Urſachen zum Tode, als man ihre Koͤrper oͤfnete, vorhanden.
Wenigſtens konnte Thomas Parre(k), welcher in einem Alter von hundert und zwei und funfzig Jahren mit Tode abgieng (k*), nach der Conſtitution ſeines Koͤr- pers zu urtheilen, noch laͤnger gelebt haben. So waren
auch
(f)[Spaltenumbruch]Cainam im 70 Jahr; Ma- halael, Henoch.
(g)Seth hat im 105 Jahre ge- heirathet; Enos im 90 Jahre Ja red im 162; Methuſalah im Jahre 187; Lamech im Jahre 182. dieſe haben alſo um 5 bis 8 mal die Zeit der Mannbarkeit uͤberſchritten.
(h)[Spaltenumbruch]Conf. p. 104.
(k) Jn einer eigenen Schrift des HARVEII ſo mit dem Werkchen des D BETTUS de ſanguine her- ansgekommen.
(k*) Verliebt war PARRE noch im 140 Jahre, die Ribben waren bei ihm nicht knochig.
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[939[941]/0993]
III. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen.
laͤnger leben als wachſen, wie der Ochſe und das Pferd,
ſo wird ſich wohl die lezzte Grenzſcheide des menſchlichen
Lebens nicht uͤber ein Jahrhundert verruͤkken laſſen; und
damit ſtimmt auch die Geſchichte uͤberein. Jch duͤrfte
auch das menſchliche Leben nicht durch dieſen Termin ein-
ſchraͤnken, und ich koͤnnte aus der ſpaͤtern Mannbarkeit,
ſo wie aus den Eheverbindungen, welche man vor der
Suͤndfluth von ſechszig bis hundert Jahren zu ſchlieſſen
pflegte, nicht undeutlich behaupten, daß dieſer Graͤnz-
punkt um drei (f) und fuͤnfmal (g) von uns uͤberſchritten
werden koͤnne, da nunmehr unſer aͤuſſerſte Termin iſt,
wofern die ehemalige Mannbarkeit um drei mal oder
fuͤnfmal ſpaͤter erfolgt iſt. Es gehoͤrt nemlich nicht zu
der Lebensart unſerer Vorfahren mit, daß ſich Men-
ſchen von dem ehelichen Leben enthalten haben ſollen, wenn
ihr Alter zu dieſer Verbindung geſchikkt geweſen.
Auch dieſes giebt mir noch Anlaß, die Dauer der
Menſchen weiter als gewoͤhnlich, hinauszuſezzen. Man
fand nemlich bei demjenigen Menſchen, welcher anderhalb
Jahrhunderte alt wurde (h), und beim andern, welcher et-
was unter dieſem Punkte ſtehen geblieben, noch nicht
die nahen Urſachen zum Tode, als man ihre Koͤrper
oͤfnete, vorhanden.
Wenigſtens konnte Thomas Parre (k), welcher in
einem Alter von hundert und zwei und funfzig Jahren
mit Tode abgieng (k*), nach der Conſtitution ſeines Koͤr-
pers zu urtheilen, noch laͤnger gelebt haben. So waren
auch
(f)
Cainam im 70 Jahr; Ma-
halael, Henoch.
(g) Seth hat im 105 Jahre ge-
heirathet; Enos im 90 Jahre Ja
red im 162; Methuſalah im Jahre
187; Lamech im Jahre 182. dieſe
haben alſo um 5 bis 8 mal die Zeit
der Mannbarkeit uͤberſchritten.
(h)
Conf. p. 104.
(k) Jn einer eigenen Schrift des
HARVEII ſo mit dem Werkchen
des D BETTUS de ſanguine her-
ansgekommen.
(k*) Verliebt war PARRE noch
im 140 Jahre, die Ribben waren
bei ihm nicht knochig.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 939[941]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/993>, abgerufen am 23.11.2024.
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