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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

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II. Abs. Der Zustand des Menschen.

Was die von Nadelstichen gemachte Flekken betrift,
so dauren diese gemeiniglich wegen der zugleich mit ein-
gesenkten Farbetheilen lange Zeit fort: sie können auch
wie die Pokkengruben von weniger durchdrungenen Ge-
fässen und von Säften entstehen, welche in verwirrten
Klumpen zusammen geflossen, und daher nicht fähig sind
weiter zu wachsen.

Jch gebe es leicht zu, daß sich die Theile in der Frucht
weniger, als bei einem erwachsenen Menschen abreiben (r):
denn ob gleich die Bewegung geschwinder ist, so ist doch
alles biegsamer, der Leim wäßriger, und in der That
die Portion der festen Theile geringer. Daher ist es in
demjenigen Alter, so für das Wachsthum gehört, nicht
billig, daß die festen Theile abnehmen sollten.

Jndessen verändern sich doch auch die Theile einiger-
massen in diesen Jahren, wie man an den Narben sie-
het, und es nimmt dieses Reiben mit dem Alter zu.

Daß es aber die Grundstoffe sind, welche sich abrei-
ben, und daß sich so gar in der Schwindsucht selbst nicht
die Fasern verzehren, ist mehr als zu bekannt (s), so daß
auch in dem allermagersten keine einzige Faser mangelt.

§. 4.
Mechanische Ursachen der Verzehrung.

Jch möchte diese Gelegenheit, Hypothesen auf die
Bahn zu bringen, lieber fahren lassen, und dennoch kann
es schwerlich geschehen, daß ich nicht die Ursachen mel-
den müste, so die festen Grundstoffe des Körpers aus ih-
rer Stelle rükken, und ich muß die Wege nennen, auf
welchen sie in das Blut geführt werden. Es wird in-
dessen bey Erklärung der Ernährung vieles berichtigt seyn,
wenn wir dieses vorgetragen.

Wir
(r) [Spaltenumbruch] Sim. Anton BRINGAUD.
Paris ann.
1751.
(s) [Spaltenumbruch] A. PETERMAN de nutrit.
integr. abotitaque reparanda.
J i i 4
II. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen.

Was die von Nadelſtichen gemachte Flekken betrift,
ſo dauren dieſe gemeiniglich wegen der zugleich mit ein-
geſenkten Farbetheilen lange Zeit fort: ſie koͤnnen auch
wie die Pokkengruben von weniger durchdrungenen Ge-
faͤſſen und von Saͤften entſtehen, welche in verwirrten
Klumpen zuſammen gefloſſen, und daher nicht faͤhig ſind
weiter zu wachſen.

Jch gebe es leicht zu, daß ſich die Theile in der Frucht
weniger, als bei einem erwachſenen Menſchen abreiben (r):
denn ob gleich die Bewegung geſchwinder iſt, ſo iſt doch
alles biegſamer, der Leim waͤßriger, und in der That
die Portion der feſten Theile geringer. Daher iſt es in
demjenigen Alter, ſo fuͤr das Wachsthum gehoͤrt, nicht
billig, daß die feſten Theile abnehmen ſollten.

Jndeſſen veraͤndern ſich doch auch die Theile einiger-
maſſen in dieſen Jahren, wie man an den Narben ſie-
het, und es nimmt dieſes Reiben mit dem Alter zu.

Daß es aber die Grundſtoffe ſind, welche ſich abrei-
ben, und daß ſich ſo gar in der Schwindſucht ſelbſt nicht
die Faſern verzehren, iſt mehr als zu bekannt (s), ſo daß
auch in dem allermagerſten keine einzige Faſer mangelt.

§. 4.
Mechaniſche Urſachen der Verzehrung.

Jch moͤchte dieſe Gelegenheit, Hypotheſen auf die
Bahn zu bringen, lieber fahren laſſen, und dennoch kann
es ſchwerlich geſchehen, daß ich nicht die Urſachen mel-
den muͤſte, ſo die feſten Grundſtoffe des Koͤrpers aus ih-
rer Stelle ruͤkken, und ich muß die Wege nennen, auf
welchen ſie in das Blut gefuͤhrt werden. Es wird in-
deſſen bey Erklaͤrung der Ernaͤhrung vieles berichtigt ſeyn,
wenn wir dieſes vorgetragen.

Wir
(r) [Spaltenumbruch] Sim. Anton BRINGAUD.
Paris ann.
1751.
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[869[871]/0923] II. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen. Was die von Nadelſtichen gemachte Flekken betrift, ſo dauren dieſe gemeiniglich wegen der zugleich mit ein- geſenkten Farbetheilen lange Zeit fort: ſie koͤnnen auch wie die Pokkengruben von weniger durchdrungenen Ge- faͤſſen und von Saͤften entſtehen, welche in verwirrten Klumpen zuſammen gefloſſen, und daher nicht faͤhig ſind weiter zu wachſen. Jch gebe es leicht zu, daß ſich die Theile in der Frucht weniger, als bei einem erwachſenen Menſchen abreiben (r): denn ob gleich die Bewegung geſchwinder iſt, ſo iſt doch alles biegſamer, der Leim waͤßriger, und in der That die Portion der feſten Theile geringer. Daher iſt es in demjenigen Alter, ſo fuͤr das Wachsthum gehoͤrt, nicht billig, daß die feſten Theile abnehmen ſollten. Jndeſſen veraͤndern ſich doch auch die Theile einiger- maſſen in dieſen Jahren, wie man an den Narben ſie- het, und es nimmt dieſes Reiben mit dem Alter zu. Daß es aber die Grundſtoffe ſind, welche ſich abrei- ben, und daß ſich ſo gar in der Schwindſucht ſelbſt nicht die Faſern verzehren, iſt mehr als zu bekannt (s), ſo daß auch in dem allermagerſten keine einzige Faſer mangelt. §. 4. Mechaniſche Urſachen der Verzehrung. Jch moͤchte dieſe Gelegenheit, Hypotheſen auf die Bahn zu bringen, lieber fahren laſſen, und dennoch kann es ſchwerlich geſchehen, daß ich nicht die Urſachen mel- den muͤſte, ſo die feſten Grundſtoffe des Koͤrpers aus ih- rer Stelle ruͤkken, und ich muß die Wege nennen, auf welchen ſie in das Blut gefuͤhrt werden. Es wird in- deſſen bey Erklaͤrung der Ernaͤhrung vieles berichtigt ſeyn, wenn wir dieſes vorgetragen. Wir (r) Sim. Anton BRINGAUD. Paris ann. 1751. (s) A. PETERMAN de nutrit. integr. abotitaque reparanda. J i i 4

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 869[871]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/923>, abgerufen am 20.11.2024.