Jch muß vor allen Dingen zeigen, daß sich die Grund- stoffe des menschlichen Körpers verzehren lassen.
Was die flüßigen Theile der menschlichen Säfte be- trift, so wird wohl niemand an der Sache selbst zweifeln wollen. Es raubet nämlich täglich die Ausdünstung durch die Haut, durch die Lunge, der Schweiß und der Koth eine grosse Menge derjenigen Theile, welche in den Schlagadern und rothen Blutadern herumgeführt wer- den. Und obgleich alle diese Theile überhaupt aus den Speisen zu entstehen scheinen, so wird doch ein grosser Theil derselben den Grundstoffen unseres Körpers ent- wandt.
Hieraus entstehet diejenige Ausdünstung (a), die ei- nem jeden Menschen besonders eigen ist, und welche so gar von den Hunden ausgespüret werden kann, und man siehet hieraus offenbar, daß viele Tage und Jahre lang eine gewisse beständige Eigenschaft demjenigen Dunste wesentlich seyn müsse, den ein jeder Mensch besonders von sich giebt; wiewohl auch hiebei die veränderten Spei- sen etwas mit verändern können, und ein Mensch, der niemals Wein getrunken, den Wein gewohnt werden kann, ein Weintrinker den Wein zu lassen vermag, und man sich des Fleisches enthalten kann, von welchem man vormals ein Liebhaber war.
Daß der Koth ein Abgang von den Theilen des thie- rischen Körpers sey, bestätiget der jedem Geschlechte eige- ne Gestank (b).
Folglich entgeht unserm Körper dasjenige was unsere Ausdünstung entführt.
Es ist aber diese Verzehrung schnell und ansehnlich, indem die Lungenausdünstung nebst der Ausdünstung durch die Haut auf jeden Tag vier Pfunde beträgt (c). Die wäßrigen Feuchtigkeiten gehen durch den Urin, durch
den
(a)[Spaltenumbruch]L. XII. p. 56.
(b)L. XXIV. p. 170. 172.
(c)[Spaltenumbruch]L. XII. p. 68.
Leben u. Tod der Menſchen. XXX. B.
Jch muß vor allen Dingen zeigen, daß ſich die Grund- ſtoffe des menſchlichen Koͤrpers verzehren laſſen.
Was die fluͤßigen Theile der menſchlichen Saͤfte be- trift, ſo wird wohl niemand an der Sache ſelbſt zweifeln wollen. Es raubet naͤmlich taͤglich die Ausduͤnſtung durch die Haut, durch die Lunge, der Schweiß und der Koth eine groſſe Menge derjenigen Theile, welche in den Schlagadern und rothen Blutadern herumgefuͤhrt wer- den. Und obgleich alle dieſe Theile uͤberhaupt aus den Speiſen zu entſtehen ſcheinen, ſo wird doch ein groſſer Theil derſelben den Grundſtoffen unſeres Koͤrpers ent- wandt.
Hieraus entſtehet diejenige Ausduͤnſtung (a), die ei- nem jeden Menſchen beſonders eigen iſt, und welche ſo gar von den Hunden ausgeſpuͤret werden kann, und man ſiehet hieraus offenbar, daß viele Tage und Jahre lang eine gewiſſe beſtaͤndige Eigenſchaft demjenigen Dunſte weſentlich ſeyn muͤſſe, den ein jeder Menſch beſonders von ſich giebt; wiewohl auch hiebei die veraͤnderten Spei- ſen etwas mit veraͤndern koͤnnen, und ein Menſch, der niemals Wein getrunken, den Wein gewohnt werden kann, ein Weintrinker den Wein zu laſſen vermag, und man ſich des Fleiſches enthalten kann, von welchem man vormals ein Liebhaber war.
Daß der Koth ein Abgang von den Theilen des thie- riſchen Koͤrpers ſey, beſtaͤtiget der jedem Geſchlechte eige- ne Geſtank (b).
Folglich entgeht unſerm Koͤrper dasjenige was unſere Ausduͤnſtung entfuͤhrt.
Es iſt aber dieſe Verzehrung ſchnell und anſehnlich, indem die Lungenausduͤnſtung nebſt der Ausduͤnſtung durch die Haut auf jeden Tag vier Pfunde betraͤgt (c). Die waͤßrigen Feuchtigkeiten gehen durch den Urin, durch
den
(a)[Spaltenumbruch]L. XII. p. 56.
(b)L. XXIV. p. 170. 172.
(c)[Spaltenumbruch]L. XII. p. 68.
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[858[860]/0912]
Leben u. Tod der Menſchen. XXX. B.
Jch muß vor allen Dingen zeigen, daß ſich die Grund-
ſtoffe des menſchlichen Koͤrpers verzehren laſſen.
Was die fluͤßigen Theile der menſchlichen Saͤfte be-
trift, ſo wird wohl niemand an der Sache ſelbſt zweifeln
wollen. Es raubet naͤmlich taͤglich die Ausduͤnſtung
durch die Haut, durch die Lunge, der Schweiß und der
Koth eine groſſe Menge derjenigen Theile, welche in den
Schlagadern und rothen Blutadern herumgefuͤhrt wer-
den. Und obgleich alle dieſe Theile uͤberhaupt aus den
Speiſen zu entſtehen ſcheinen, ſo wird doch ein groſſer
Theil derſelben den Grundſtoffen unſeres Koͤrpers ent-
wandt.
Hieraus entſtehet diejenige Ausduͤnſtung (a), die ei-
nem jeden Menſchen beſonders eigen iſt, und welche ſo gar
von den Hunden ausgeſpuͤret werden kann, und man
ſiehet hieraus offenbar, daß viele Tage und Jahre lang
eine gewiſſe beſtaͤndige Eigenſchaft demjenigen Dunſte
weſentlich ſeyn muͤſſe, den ein jeder Menſch beſonders
von ſich giebt; wiewohl auch hiebei die veraͤnderten Spei-
ſen etwas mit veraͤndern koͤnnen, und ein Menſch, der
niemals Wein getrunken, den Wein gewohnt werden
kann, ein Weintrinker den Wein zu laſſen vermag, und
man ſich des Fleiſches enthalten kann, von welchem man
vormals ein Liebhaber war.
Daß der Koth ein Abgang von den Theilen des thie-
riſchen Koͤrpers ſey, beſtaͤtiget der jedem Geſchlechte eige-
ne Geſtank (b).
Folglich entgeht unſerm Koͤrper dasjenige was unſere
Ausduͤnſtung entfuͤhrt.
Es iſt aber dieſe Verzehrung ſchnell und anſehnlich,
indem die Lungenausduͤnſtung nebſt der Ausduͤnſtung
durch die Haut auf jeden Tag vier Pfunde betraͤgt (c).
Die waͤßrigen Feuchtigkeiten gehen durch den Urin, durch
den
(a)
L. XII. p. 56.
(b) L. XXIV. p. 170. 172.
(c)
L. XII. p. 68.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 858[860]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/912>, abgerufen am 25.11.2024.
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