Auf solche Art arbeiten sie, indem ihr Gesicht fast blau wird, und ihr Hals schwillt dabei dergestalt auf, daß davon oftmals ein beständiger Kropf zurükke bleibt, vielleicht weil sie dabei in die kleine Löcher der Schilddrüse Luft einziehen, welche diese Kanäle dergestalt erweitert, daß sie sich das ganze Leben hindurch niemals wieder schlies- sen, und nun grobe Theilchen in die Drüse einführen.
Sie werden zugleich heiß, sie schwizzen, ihr Puls läuft auf das geschwindeste, sie verzehren, wofern die Ge- burt nicht von der Stelle geht, in kurzer Zeit ihre Kräfte, und dieses ist bei einer trokknen und langwierigen Geburt einer von den größten Nachtheilen mit.
Wir haben hier Kräfte, so das Steisbein zurükke stossen (f), die Schaamknochen erweitern (g), die Kno- chen des Bekkens auflösen (h), den Kopf der Frucht zu einem langen Kegel drükken (i), und die Gebärmutter zersprengen können (k).
Man kennet eben diese Kräfte, wenn man sie bei dem Forttreiben des Kothes (l) oder des Steines anzu- wenden hat. Der an sich schwache Mastdarm, die schwa- che Blase, besizzen ebenfalls, wie die Gebärmutter, ein Vermögen, sich zusammen zu ziehen. Diese Theile ge- niessen aber nur die zwote Ehre. Jch sehe auch nicht, wie zu derjenigen Zeit, wenn sich die Gebärmutter ver- mittelst der Bauchmuskeln auf das heftigste zusammen drükken läßt, ihre gezerrte, und von einer so mächtigen Kraft zusammen gedrükkte Fasern, sollten wirken können.
Jch vermuthe sehr, daß die wahre Geburtswehen in der Gebärmutter, in den Lenden, und in den grossen Nerven dieser Theile, ihren Sizz aufgeschlagen haben.
Fer-
(f)[Spaltenumbruch]p. 435.
(g)Ibid..
(h)p. 435. 436.
(i)[Spaltenumbruch]p. 359.
(k)p. 494.
(l)L. XXIV. p. 192.
V. Abſ. Die Geburt.
Auf ſolche Art arbeiten ſie, indem ihr Geſicht faſt blau wird, und ihr Hals ſchwillt dabei dergeſtalt auf, daß davon oftmals ein beſtaͤndiger Kropf zuruͤkke bleibt, vielleicht weil ſie dabei in die kleine Loͤcher der Schilddruͤſe Luft einziehen, welche dieſe Kanaͤle dergeſtalt erweitert, daß ſie ſich das ganze Leben hindurch niemals wieder ſchlieſ- ſen, und nun grobe Theilchen in die Druͤſe einfuͤhren.
Sie werden zugleich heiß, ſie ſchwizzen, ihr Puls laͤuft auf das geſchwindeſte, ſie verzehren, wofern die Ge- burt nicht von der Stelle geht, in kurzer Zeit ihre Kraͤfte, und dieſes iſt bei einer trokknen und langwierigen Geburt einer von den groͤßten Nachtheilen mit.
Wir haben hier Kraͤfte, ſo das Steisbein zuruͤkke ſtoſſen (f), die Schaamknochen erweitern (g), die Kno- chen des Bekkens aufloͤſen (h), den Kopf der Frucht zu einem langen Kegel druͤkken (i), und die Gebaͤrmutter zerſprengen koͤnnen (k).
Man kennet eben dieſe Kraͤfte, wenn man ſie bei dem Forttreiben des Kothes (l) oder des Steines anzu- wenden hat. Der an ſich ſchwache Maſtdarm, die ſchwa- che Blaſe, beſizzen ebenfalls, wie die Gebaͤrmutter, ein Vermoͤgen, ſich zuſammen zu ziehen. Dieſe Theile ge- nieſſen aber nur die zwote Ehre. Jch ſehe auch nicht, wie zu derjenigen Zeit, wenn ſich die Gebaͤrmutter ver- mittelſt der Bauchmuskeln auf das heftigſte zuſammen druͤkken laͤßt, ihre gezerrte, und von einer ſo maͤchtigen Kraft zuſammen gedruͤkkte Faſern, ſollten wirken koͤnnen.
Jch vermuthe ſehr, daß die wahre Geburtswehen in der Gebaͤrmutter, in den Lenden, und in den groſſen Nerven dieſer Theile, ihren Sizz aufgeſchlagen haben.
Fer-
(f)[Spaltenumbruch]p. 435.
(g)Ibid..
(h)p. 435. 436.
(i)[Spaltenumbruch]p. 359.
(k)p. 494.
(l)L. XXIV. p. 192.
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[729[731]/0783]
V. Abſ. Die Geburt.
Auf ſolche Art arbeiten ſie, indem ihr Geſicht faſt
blau wird, und ihr Hals ſchwillt dabei dergeſtalt auf,
daß davon oftmals ein beſtaͤndiger Kropf zuruͤkke bleibt,
vielleicht weil ſie dabei in die kleine Loͤcher der Schilddruͤſe
Luft einziehen, welche dieſe Kanaͤle dergeſtalt erweitert,
daß ſie ſich das ganze Leben hindurch niemals wieder ſchlieſ-
ſen, und nun grobe Theilchen in die Druͤſe einfuͤhren.
Sie werden zugleich heiß, ſie ſchwizzen, ihr Puls
laͤuft auf das geſchwindeſte, ſie verzehren, wofern die Ge-
burt nicht von der Stelle geht, in kurzer Zeit ihre Kraͤfte,
und dieſes iſt bei einer trokknen und langwierigen Geburt
einer von den groͤßten Nachtheilen mit.
Wir haben hier Kraͤfte, ſo das Steisbein zuruͤkke
ſtoſſen (f), die Schaamknochen erweitern (g), die Kno-
chen des Bekkens aufloͤſen (h), den Kopf der Frucht zu
einem langen Kegel druͤkken (i), und die Gebaͤrmutter
zerſprengen koͤnnen (k).
Man kennet eben dieſe Kraͤfte, wenn man ſie bei
dem Forttreiben des Kothes (l) oder des Steines anzu-
wenden hat. Der an ſich ſchwache Maſtdarm, die ſchwa-
che Blaſe, beſizzen ebenfalls, wie die Gebaͤrmutter, ein
Vermoͤgen, ſich zuſammen zu ziehen. Dieſe Theile ge-
nieſſen aber nur die zwote Ehre. Jch ſehe auch nicht,
wie zu derjenigen Zeit, wenn ſich die Gebaͤrmutter ver-
mittelſt der Bauchmuskeln auf das heftigſte zuſammen
druͤkken laͤßt, ihre gezerrte, und von einer ſo maͤchtigen
Kraft zuſammen gedruͤkkte Faſern, ſollten wirken koͤnnen.
Jch vermuthe ſehr, daß die wahre Geburtswehen
in der Gebaͤrmutter, in den Lenden, und in den groſſen
Nerven dieſer Theile, ihren Sizz aufgeſchlagen haben.
Fer-
(f)
p. 435.
(g) Ibid..
(h) p. 435. 436.
(i)
p. 359.
(k) p. 494.
(l) L. XXIV. p. 192.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 729[731]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/783>, abgerufen am 22.11.2024.
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