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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

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IV. Abs. Das Leben der Frucht.
gegen die linke Seite bestimmen. Doch ich gestehe es,
es thun mir berühmte Männer kein solches Gnügen,
wenn sie von demjenigen Unterschiede Rechenschaft zu
geben gedenken, da die Lungenschlagader, blos in der
Frucht, die Aorte an Grösse übertrift.

Sie nehmen überhaupt an, daß etwa der dritte
Theil von dem Blute der Holader durch das eirunde
Loch fließt. Sie lehren, daß das übrige Blut dieser
Blutader nach der Lungenschlagader abgehe, und daß
von diesem Blute wiederum der dritte Theil, durch den
Schlagadergang verloren gehe. Nach dieser Berech-
nung müste die Lungenschlagader kleiner, als die Aorte
seyn (a). Es sey nämlich das Blut der Holader gleich
6; so gehen durch das eirunde Loch zween Theile fort,
und es bleiben deren vier übrig. Von diesen vier Thei-
len verlaufen sich zwei, Zweidrittheile durch die Schlag-
adern der Lunge: folglich bleiben, und strömen durch
den Schlagadergang ein, Eindrittheil. Folglich bekömmt
die Aorte zween Theile, so durch das eirunde Loch gehen,
und zwei, Zweidrittheile, so durch die Lunge umlaufen,
und also vier, Zweidrittheile. Es enthält aber die
Lungenschlagader dasjenige Blut des rechten Herzohres,
welches durch das eirunde Loch nicht durchgegangen, folg-
lich vier weniger, als die Aorte, und dieses stimmt mit
den Erscheinungen uicht überein. Denn diese geben die
Aorte immer, als kleiner an.

Sie geben der compacten Lunge Schuld, und sie
würden vielleicht etwas sagen, wofern sich dieses Einge-
weide, vermöge einiger Krankheit, in ein festes Wesen
verwandelt hätte.

Nun entsteht aber die Lunge spät, und sie ist allezeit
compact in der Frucht. Die Natur hätte diesem Ein-

gewei-
(a) [Spaltenumbruch] Richtig sagt davon MERY
Anc. mem. l. c. Mem. de
1699.
[Spaltenumbruch] p. 32. de la circulation p. 9. 49.

IV. Abſ. Das Leben der Frucht.
gegen die linke Seite beſtimmen. Doch ich geſtehe es,
es thun mir beruͤhmte Maͤnner kein ſolches Gnuͤgen,
wenn ſie von demjenigen Unterſchiede Rechenſchaft zu
geben gedenken, da die Lungenſchlagader, blos in der
Frucht, die Aorte an Groͤſſe uͤbertrift.

Sie nehmen uͤberhaupt an, daß etwa der dritte
Theil von dem Blute der Holader durch das eirunde
Loch fließt. Sie lehren, daß das uͤbrige Blut dieſer
Blutader nach der Lungenſchlagader abgehe, und daß
von dieſem Blute wiederum der dritte Theil, durch den
Schlagadergang verloren gehe. Nach dieſer Berech-
nung muͤſte die Lungenſchlagader kleiner, als die Aorte
ſeyn (a). Es ſey naͤmlich das Blut der Holader gleich
6; ſo gehen durch das eirunde Loch zween Theile fort,
und es bleiben deren vier uͤbrig. Von dieſen vier Thei-
len verlaufen ſich zwei, Zweidrittheile durch die Schlag-
adern der Lunge: folglich bleiben, und ſtroͤmen durch
den Schlagadergang ein, Eindrittheil. Folglich bekoͤmmt
die Aorte zween Theile, ſo durch das eirunde Loch gehen,
und zwei, Zweidrittheile, ſo durch die Lunge umlaufen,
und alſo vier, Zweidrittheile. Es enthaͤlt aber die
Lungenſchlagader dasjenige Blut des rechten Herzohres,
welches durch das eirunde Loch nicht durchgegangen, folg-
lich vier weniger, als die Aorte, und dieſes ſtimmt mit
den Erſcheinungen uicht uͤberein. Denn dieſe geben die
Aorte immer, als kleiner an.

Sie geben der compacten Lunge Schuld, und ſie
wuͤrden vielleicht etwas ſagen, wofern ſich dieſes Einge-
weide, vermoͤge einiger Krankheit, in ein feſtes Weſen
verwandelt haͤtte.

Nun entſteht aber die Lunge ſpaͤt, und ſie iſt allezeit
compact in der Frucht. Die Natur haͤtte dieſem Ein-

gewei-
(a) [Spaltenumbruch] Richtig ſagt davon MERY
Anc. mem. l. c. Mem. de
1699.
[Spaltenumbruch] p. 32. de la circulation p. 9. 49.
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[653[655]/0707] IV. Abſ. Das Leben der Frucht. gegen die linke Seite beſtimmen. Doch ich geſtehe es, es thun mir beruͤhmte Maͤnner kein ſolches Gnuͤgen, wenn ſie von demjenigen Unterſchiede Rechenſchaft zu geben gedenken, da die Lungenſchlagader, blos in der Frucht, die Aorte an Groͤſſe uͤbertrift. Sie nehmen uͤberhaupt an, daß etwa der dritte Theil von dem Blute der Holader durch das eirunde Loch fließt. Sie lehren, daß das uͤbrige Blut dieſer Blutader nach der Lungenſchlagader abgehe, und daß von dieſem Blute wiederum der dritte Theil, durch den Schlagadergang verloren gehe. Nach dieſer Berech- nung muͤſte die Lungenſchlagader kleiner, als die Aorte ſeyn (a). Es ſey naͤmlich das Blut der Holader gleich 6; ſo gehen durch das eirunde Loch zween Theile fort, und es bleiben deren vier uͤbrig. Von dieſen vier Thei- len verlaufen ſich zwei, Zweidrittheile durch die Schlag- adern der Lunge: folglich bleiben, und ſtroͤmen durch den Schlagadergang ein, Eindrittheil. Folglich bekoͤmmt die Aorte zween Theile, ſo durch das eirunde Loch gehen, und zwei, Zweidrittheile, ſo durch die Lunge umlaufen, und alſo vier, Zweidrittheile. Es enthaͤlt aber die Lungenſchlagader dasjenige Blut des rechten Herzohres, welches durch das eirunde Loch nicht durchgegangen, folg- lich vier weniger, als die Aorte, und dieſes ſtimmt mit den Erſcheinungen uicht uͤberein. Denn dieſe geben die Aorte immer, als kleiner an. Sie geben der compacten Lunge Schuld, und ſie wuͤrden vielleicht etwas ſagen, wofern ſich dieſes Einge- weide, vermoͤge einiger Krankheit, in ein feſtes Weſen verwandelt haͤtte. Nun entſteht aber die Lunge ſpaͤt, und ſie iſt allezeit compact in der Frucht. Die Natur haͤtte dieſem Ein- gewei- (a) Richtig ſagt davon MERY Anc. mem. l. c. Mem. de 1699. p. 32. de la circulation p. 9. 49.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 653[655]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/707>, abgerufen am 25.11.2024.