jenigen Blute, welches dem Kopfe wieder zugeführt wer- den muste. Und zu gleicher Zeit wäre die rechte Kam- mer vor demjenigen Zeitpunkte gros gewachsen, da noch keine grosse Menge Blutes damals in die Lunge einge- führet werden durfte, die dergleichen durchzulassen, nicht im Stande war.
Damit dieses nun nicht geschehen möchte, so sorgte die Natur davor, indem sie das eirunde Loch anlegte, wel- ches in den ersten Anfängen der Frucht ungemein gros und weit ist (d), daß sich die linke Herzkammer ehe, als die rechte entwikkelt, und daß folglich das Blut in dem ganzen Fruchtkörper, von der Stärke dieser Kammer, hinein getrieben wird; nur daß sich der Kopf zuerst ent- wikkelt, dessen Gehirn, wie es scheint, in kurzer Zeit seine nothwendige Grösse nicht erhalten konnte, indem einige Sinnen desselben, und die Brustwehr der Ner- ven eine Reife zum Hartwerden nöthig hatten.
Dennoch muste sich auch die rechte Herzkammer ent- wikkeln, damit die Lunge, zu derjenigen Zeit, da die Frucht zum Athemholen bestimmt war, ihre dazu ohn- entbehrliche Grösse in Bereitschaft haben möchte.
Dieses erlangte die Natur ebenfalls, und dadurch, daß sie das Herzohr, vermöge derjenigen Ursachen, die wir an einem andern Orte erzählt haben (e), in das Herz zurükke zog, so daß sowohl die ganze Länge des Ohres, als auch zugleich die Fläche von der eirunden Spur, und endlich dieses Loch selbst, vermittelst des niedersinkenden Jsthmus kleiner wurden. Daher geschahe es nämlich, daß, da nunmehr das eirunde Loch, das Blut, so von den Holadern zurükke kam, in die rechte Herzkammer eintrat, selbige erweiterte und sichtbar machte (f), indem selbige erst als ein neuentstandner Ansazz zu seyn scheint, indessen daß die Lunge, an welche unter allem Einge-
weide
(d)[Spaltenumbruch]LEMERY p. 110. verglei- chet dies Idem. p. 374. 375.
(e)[Spaltenumbruch]p. 302. 303.
(f)p. 374.
IV. Abſ. Das Leben der Frucht.
jenigen Blute, welches dem Kopfe wieder zugefuͤhrt wer- den muſte. Und zu gleicher Zeit waͤre die rechte Kam- mer vor demjenigen Zeitpunkte gros gewachſen, da noch keine groſſe Menge Blutes damals in die Lunge einge- fuͤhret werden durfte, die dergleichen durchzulaſſen, nicht im Stande war.
Damit dieſes nun nicht geſchehen moͤchte, ſo ſorgte die Natur davor, indem ſie das eirunde Loch anlegte, wel- ches in den erſten Anfaͤngen der Frucht ungemein gros und weit iſt (d), daß ſich die linke Herzkammer ehe, als die rechte entwikkelt, und daß folglich das Blut in dem ganzen Fruchtkoͤrper, von der Staͤrke dieſer Kammer, hinein getrieben wird; nur daß ſich der Kopf zuerſt ent- wikkelt, deſſen Gehirn, wie es ſcheint, in kurzer Zeit ſeine nothwendige Groͤſſe nicht erhalten konnte, indem einige Sinnen deſſelben, und die Bruſtwehr der Ner- ven eine Reife zum Hartwerden noͤthig hatten.
Dennoch muſte ſich auch die rechte Herzkammer ent- wikkeln, damit die Lunge, zu derjenigen Zeit, da die Frucht zum Athemholen beſtimmt war, ihre dazu ohn- entbehrliche Groͤſſe in Bereitſchaft haben moͤchte.
Dieſes erlangte die Natur ebenfalls, und dadurch, daß ſie das Herzohr, vermoͤge derjenigen Urſachen, die wir an einem andern Orte erzaͤhlt haben (e), in das Herz zuruͤkke zog, ſo daß ſowohl die ganze Laͤnge des Ohres, als auch zugleich die Flaͤche von der eirunden Spur, und endlich dieſes Loch ſelbſt, vermittelſt des niederſinkenden Jſthmus kleiner wurden. Daher geſchahe es naͤmlich, daß, da nunmehr das eirunde Loch, das Blut, ſo von den Holadern zuruͤkke kam, in die rechte Herzkammer eintrat, ſelbige erweiterte und ſichtbar machte (f), indem ſelbige erſt als ein neuentſtandner Anſazz zu ſeyn ſcheint, indeſſen daß die Lunge, an welche unter allem Einge-
weide
(d)[Spaltenumbruch]LEMERY p. 110. verglei- chet dies Idem. p. 374. 375.
(e)[Spaltenumbruch]p. 302. 303.
(f)p. 374.
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[633[635]/0687]
IV. Abſ. Das Leben der Frucht.
jenigen Blute, welches dem Kopfe wieder zugefuͤhrt wer-
den muſte. Und zu gleicher Zeit waͤre die rechte Kam-
mer vor demjenigen Zeitpunkte gros gewachſen, da noch
keine groſſe Menge Blutes damals in die Lunge einge-
fuͤhret werden durfte, die dergleichen durchzulaſſen, nicht
im Stande war.
Damit dieſes nun nicht geſchehen moͤchte, ſo ſorgte
die Natur davor, indem ſie das eirunde Loch anlegte, wel-
ches in den erſten Anfaͤngen der Frucht ungemein gros
und weit iſt (d), daß ſich die linke Herzkammer ehe, als
die rechte entwikkelt, und daß folglich das Blut in dem
ganzen Fruchtkoͤrper, von der Staͤrke dieſer Kammer,
hinein getrieben wird; nur daß ſich der Kopf zuerſt ent-
wikkelt, deſſen Gehirn, wie es ſcheint, in kurzer Zeit
ſeine nothwendige Groͤſſe nicht erhalten konnte, indem
einige Sinnen deſſelben, und die Bruſtwehr der Ner-
ven eine Reife zum Hartwerden noͤthig hatten.
Dennoch muſte ſich auch die rechte Herzkammer ent-
wikkeln, damit die Lunge, zu derjenigen Zeit, da die
Frucht zum Athemholen beſtimmt war, ihre dazu ohn-
entbehrliche Groͤſſe in Bereitſchaft haben moͤchte.
Dieſes erlangte die Natur ebenfalls, und dadurch,
daß ſie das Herzohr, vermoͤge derjenigen Urſachen, die
wir an einem andern Orte erzaͤhlt haben (e), in das Herz
zuruͤkke zog, ſo daß ſowohl die ganze Laͤnge des Ohres,
als auch zugleich die Flaͤche von der eirunden Spur, und
endlich dieſes Loch ſelbſt, vermittelſt des niederſinkenden
Jſthmus kleiner wurden. Daher geſchahe es naͤmlich,
daß, da nunmehr das eirunde Loch, das Blut, ſo von
den Holadern zuruͤkke kam, in die rechte Herzkammer
eintrat, ſelbige erweiterte und ſichtbar machte (f), indem
ſelbige erſt als ein neuentſtandner Anſazz zu ſeyn ſcheint,
indeſſen daß die Lunge, an welche unter allem Einge-
weide
(d)
LEMERY p. 110. verglei-
chet dies Idem. p. 374. 375.
(e)
p. 302. 303.
(f) p. 374.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 633[635]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/687>, abgerufen am 22.11.2024.
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