Schlagadergang (a), die Vertrokknung der besondern Kanäle einer Frucht, seitdem das Thier Athem zu holen angefangen. Beide stimmen darinnen nicht mit einander überein, daß im Menschen, und im vierfüßigen Thiere der Stamm der Lungenschlagader in einem Stükke fort- geht, und sich in die Aorte verlängert (b): im Vogel hingegen aus dem rechten Aste der Lungenader, so wie aus dem linken ein Ast in die untere Aorte geht, und daß folglich im Vogel zween Schlagadergänge sind.
Nun erscheint an der Frucht eines Vogels die linke Herzkammer zu allererst; diejenige ist anfänglich in dem Entstehen dieses Thierchens ganz klein, welche nachher den Namen der rechten Kammer erhält, und sie wächset nur nach und nach, als eine neue Kammer an die vo- rige an (c). Es findet also das Blut des ursprüngli- chen Herzens an dem Hühnchen, so aus dem rechten Herzohre den Ausgang sucht, eine offne breite Mündung vor sich, durch welche es in das linke Ohr überströmt, oder welches einerlei ist, es ist das eiförmige Loch an dem noch sehr zarten Hühnchen so gros, daß das ganze Blut der Holader durch dieses Loch abfließt, und nicht das mindeste in die rechte Herzkammer eindringt.
Eben diese Structur findet sich auch, wie ich davor halte, bei dem Menschenherzen; denn dieses hat ein weites eiförmiges Loch ebenfalls, so lange die Frucht noch zart ist, wie wir so gleich zeigen werden, und man hat die linke Kammer, von der wir nicht finden, daß sie bei einer Menschenfrucht grösser, als die rechte gewesen (d), demohngeachtet gleich gros gesehen (e). Dieses berich- ten nicht nur die grösten Zergliederer, sondern es lehret
nns
(a)[Spaltenumbruch]Form. du pouIet. II. p. 89. 90.
(b)Ibid. p. 78.
(c)p. 79.
(d) Doch sahe es im 5 und 7 Monate, der Ill. MEKEL Mem. de [Spaltenumbruch]
Berlin. T. XII. p. 56. in der zarten Frucht sind sie fast gleich gros, so wie die Herzohren SENAC. p. 227.
(e)L. IV. p. 326. an einer rei- fen Frucht MEKEL T. XII.
IV. Abſ. Das Leben der Frucht.
Schlagadergang (a), die Vertrokknung der beſondern Kanaͤle einer Frucht, ſeitdem das Thier Athem zu holen angefangen. Beide ſtimmen darinnen nicht mit einander uͤberein, daß im Menſchen, und im vierfuͤßigen Thiere der Stamm der Lungenſchlagader in einem Stuͤkke fort- geht, und ſich in die Aorte verlaͤngert (b): im Vogel hingegen aus dem rechten Aſte der Lungenader, ſo wie aus dem linken ein Aſt in die untere Aorte geht, und daß folglich im Vogel zween Schlagadergaͤnge ſind.
Nun erſcheint an der Frucht eines Vogels die linke Herzkammer zu allererſt; diejenige iſt anfaͤnglich in dem Entſtehen dieſes Thierchens ganz klein, welche nachher den Namen der rechten Kammer erhaͤlt, und ſie waͤchſet nur nach und nach, als eine neue Kammer an die vo- rige an (c). Es findet alſo das Blut des urſpruͤngli- chen Herzens an dem Huͤhnchen, ſo aus dem rechten Herzohre den Ausgang ſucht, eine offne breite Muͤndung vor ſich, durch welche es in das linke Ohr uͤberſtroͤmt, oder welches einerlei iſt, es iſt das eifoͤrmige Loch an dem noch ſehr zarten Huͤhnchen ſo gros, daß das ganze Blut der Holader durch dieſes Loch abfließt, und nicht das mindeſte in die rechte Herzkammer eindringt.
Eben dieſe Structur findet ſich auch, wie ich davor halte, bei dem Menſchenherzen; denn dieſes hat ein weites eifoͤrmiges Loch ebenfalls, ſo lange die Frucht noch zart iſt, wie wir ſo gleich zeigen werden, und man hat die linke Kammer, von der wir nicht finden, daß ſie bei einer Menſchenfrucht groͤſſer, als die rechte geweſen (d), demohngeachtet gleich gros geſehen (e). Dieſes berich- ten nicht nur die groͤſten Zergliederer, ſondern es lehret
nns
(a)[Spaltenumbruch]Form. du pouIet. II. p. 89. 90.
(b)Ibid. p. 78.
(c)p. 79.
(d) Doch ſahe es im 5 und 7 Monate, der Ill. MEKEL Mem. de [Spaltenumbruch]
Berlin. T. XII. p. 56. in der zarten Frucht ſind ſie faſt gleich gros, ſo wie die Herzohren SENAC. p. 227.
(e)L. IV. p. 326. an einer rei- fen Frucht MEKEL T. XII.
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[621[623]/0675]
IV. Abſ. Das Leben der Frucht.
Schlagadergang (a), die Vertrokknung der beſondern
Kanaͤle einer Frucht, ſeitdem das Thier Athem zu holen
angefangen. Beide ſtimmen darinnen nicht mit einander
uͤberein, daß im Menſchen, und im vierfuͤßigen Thiere
der Stamm der Lungenſchlagader in einem Stuͤkke fort-
geht, und ſich in die Aorte verlaͤngert (b): im Vogel
hingegen aus dem rechten Aſte der Lungenader, ſo wie
aus dem linken ein Aſt in die untere Aorte geht, und daß
folglich im Vogel zween Schlagadergaͤnge ſind.
Nun erſcheint an der Frucht eines Vogels die linke
Herzkammer zu allererſt; diejenige iſt anfaͤnglich in dem
Entſtehen dieſes Thierchens ganz klein, welche nachher
den Namen der rechten Kammer erhaͤlt, und ſie waͤchſet
nur nach und nach, als eine neue Kammer an die vo-
rige an (c). Es findet alſo das Blut des urſpruͤngli-
chen Herzens an dem Huͤhnchen, ſo aus dem rechten
Herzohre den Ausgang ſucht, eine offne breite Muͤndung
vor ſich, durch welche es in das linke Ohr uͤberſtroͤmt,
oder welches einerlei iſt, es iſt das eifoͤrmige Loch an
dem noch ſehr zarten Huͤhnchen ſo gros, daß das ganze
Blut der Holader durch dieſes Loch abfließt, und nicht
das mindeſte in die rechte Herzkammer eindringt.
Eben dieſe Structur findet ſich auch, wie ich davor
halte, bei dem Menſchenherzen; denn dieſes hat ein
weites eifoͤrmiges Loch ebenfalls, ſo lange die Frucht noch
zart iſt, wie wir ſo gleich zeigen werden, und man hat
die linke Kammer, von der wir nicht finden, daß ſie bei
einer Menſchenfrucht groͤſſer, als die rechte geweſen (d),
demohngeachtet gleich gros geſehen (e). Dieſes berich-
ten nicht nur die groͤſten Zergliederer, ſondern es lehret
nns
(a)
Form. du pouIet. II. p.
89. 90.
(b) Ibid. p. 78.
(c) p. 79.
(d) Doch ſahe es im 5 und 7
Monate, der Ill. MEKEL Mem. de
Berlin. T. XII. p. 56. in der zarten
Frucht ſind ſie faſt gleich gros,
ſo wie die Herzohren SENAC.
p. 227.
(e) L. IV. p. 326. an einer rei-
fen Frucht MEKEL T. XII.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 621[623]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/675>, abgerufen am 22.11.2024.
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