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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

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IV. Abs. Das Leben der Frucht.

Jch habe alles dieses mit Augen gesehen, und man
kann es leicht mit Hülfe eines ziemlich convex geschliffe-
nen Linsenglases ebenfalls zu sehen bekommen. Jndessen
lehret doch die Vernunft allein das Uebrige: diese sagt
uns, daß sich die erdige Theilchen an die leimartige Fa-
sern anhängen, und mit selbigen, als zähen Körpern,
welche den Erfahrungen zu Folge, leichtlich die Erde (s)
in sich schlukken, zu ziemlich harten Fasern erwachsen.

Nachdem nun das thierische Leben weiter fortgerükkt
ist, so drükken eben diese Erdtheilchen, welche sich zwi-
schen die Aderräumchen eingesenkt, die kleine Schlag-
adern, welche von dem, immer fester werdenden Kno-
chen gedrükkt werden, und welche bereits vorlängst en-
ger zu werden anfingen (t), immer stärker zusammen,
sie verdrengen viele derselben, und hinterlassen, nach den
Reihen der Fasern, eine in einem Stükke fortlaufende
ebene Fläche. Dieses Ansezzen der Erdmaterie höret
niemals ehe auf, als bis der Tod erfolgt, und es werden
also die Knochen immer schwerer, immer erdiger (v),
zerbrechlicher, immer mehr und mehr der Gefässe be-
raubt, und immer schwerer zu ergänzen; dieses alles ha-
ben die Wundärzte längst durch ihre Berichte bekräftigt.
So geben dünne Knochen, wenn man sie calcinirt, we-
nige Unzen Asche, und Rinderknochen fast halb so viel,
als sie schwer wiegen (x). Ein zarter Knochen löset sich
fast nur in eine Zerfliessung auf (y).

[Spaltenumbruch]

Der
und von andern Ansäzzen LUD-
WIG fract. coll. femor.
der tro-
chanter
geht bei jungen Körpern
los RUYSCH Thes. V. t. 2. f. 2.
(s) L. I. p. 6.
(t) Schon den ersten Tag, da
die Frucht auskroch, waren we-
niger Gefässe des Aderkreises sicht-
bar, und einige derselben fand man
farbenlos. obs. 104. obs. 105. p.
139. obs.
107. den andern Tag p.
143. und enger p. 144. und weni-
[Spaltenumbruch] ger rothe Tropfen obs. 109. Tag 5.
daher war der Knochen weis und
feste. obs. 104. 109. die Gefässe des
Kerns und des Ansazzes ver-
schwanden im erwachsenen Kanin-
chen p. 176.
(v) Die Knochen werden mit
dem Alter feste LEMERY alim.
T. II. p.
423.
(x) LEMERY ibid. p. 422. 423.
(y) FOUGEROUX p. 9.
IV. Abſ. Das Leben der Frucht.

Jch habe alles dieſes mit Augen geſehen, und man
kann es leicht mit Huͤlfe eines ziemlich convex geſchliffe-
nen Linſenglaſes ebenfalls zu ſehen bekommen. Jndeſſen
lehret doch die Vernunft allein das Uebrige: dieſe ſagt
uns, daß ſich die erdige Theilchen an die leimartige Fa-
ſern anhaͤngen, und mit ſelbigen, als zaͤhen Koͤrpern,
welche den Erfahrungen zu Folge, leichtlich die Erde (s)
in ſich ſchlukken, zu ziemlich harten Faſern erwachſen.

Nachdem nun das thieriſche Leben weiter fortgeruͤkkt
iſt, ſo druͤkken eben dieſe Erdtheilchen, welche ſich zwi-
ſchen die Aderraͤumchen eingeſenkt, die kleine Schlag-
adern, welche von dem, immer feſter werdenden Kno-
chen gedruͤkkt werden, und welche bereits vorlaͤngſt en-
ger zu werden anfingen (t), immer ſtaͤrker zuſammen,
ſie verdrengen viele derſelben, und hinterlaſſen, nach den
Reihen der Faſern, eine in einem Stuͤkke fortlaufende
ebene Flaͤche. Dieſes Anſezzen der Erdmaterie hoͤret
niemals ehe auf, als bis der Tod erfolgt, und es werden
alſo die Knochen immer ſchwerer, immer erdiger (v),
zerbrechlicher, immer mehr und mehr der Gefaͤſſe be-
raubt, und immer ſchwerer zu ergaͤnzen; dieſes alles ha-
ben die Wundaͤrzte laͤngſt durch ihre Berichte bekraͤftigt.
So geben duͤnne Knochen, wenn man ſie calcinirt, we-
nige Unzen Aſche, und Rinderknochen faſt halb ſo viel,
als ſie ſchwer wiegen (x). Ein zarter Knochen loͤſet ſich
faſt nur in eine Zerflieſſung auf (y).

[Spaltenumbruch]

Der
und von andern Anſaͤzzen LUD-
WIG fract. coll. femor.
der tro-
chanter
geht bei jungen Koͤrpern
los RUYSCH Theſ. V. t. 2. f. 2.
(s) L. I. p. 6.
(t) Schon den erſten Tag, da
die Frucht auskroch, waren we-
niger Gefaͤſſe des Aderkreiſes ſicht-
bar, und einige derſelben fand man
farbenlos. obſ. 104. obſ. 105. p.
139. obſ.
107. den andern Tag p.
143. und enger p. 144. und weni-
[Spaltenumbruch] ger rothe Tropfen obſ. 109. Tag 5.
daher war der Knochen weis und
feſte. obſ. 104. 109. die Gefaͤſſe des
Kerns und des Anſazzes ver-
ſchwanden im erwachſenen Kanin-
chen p. 176.
(v) Die Knochen werden mit
dem Alter feſte LEMERY alim.
T. II. p.
423.
(x) LEMERY ibid. p. 422. 423.
(y) FOUGEROUX p. 9.
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[555[557]/0609] IV. Abſ. Das Leben der Frucht. Jch habe alles dieſes mit Augen geſehen, und man kann es leicht mit Huͤlfe eines ziemlich convex geſchliffe- nen Linſenglaſes ebenfalls zu ſehen bekommen. Jndeſſen lehret doch die Vernunft allein das Uebrige: dieſe ſagt uns, daß ſich die erdige Theilchen an die leimartige Fa- ſern anhaͤngen, und mit ſelbigen, als zaͤhen Koͤrpern, welche den Erfahrungen zu Folge, leichtlich die Erde (s) in ſich ſchlukken, zu ziemlich harten Faſern erwachſen. Nachdem nun das thieriſche Leben weiter fortgeruͤkkt iſt, ſo druͤkken eben dieſe Erdtheilchen, welche ſich zwi- ſchen die Aderraͤumchen eingeſenkt, die kleine Schlag- adern, welche von dem, immer feſter werdenden Kno- chen gedruͤkkt werden, und welche bereits vorlaͤngſt en- ger zu werden anfingen (t), immer ſtaͤrker zuſammen, ſie verdrengen viele derſelben, und hinterlaſſen, nach den Reihen der Faſern, eine in einem Stuͤkke fortlaufende ebene Flaͤche. Dieſes Anſezzen der Erdmaterie hoͤret niemals ehe auf, als bis der Tod erfolgt, und es werden alſo die Knochen immer ſchwerer, immer erdiger (v), zerbrechlicher, immer mehr und mehr der Gefaͤſſe be- raubt, und immer ſchwerer zu ergaͤnzen; dieſes alles ha- ben die Wundaͤrzte laͤngſt durch ihre Berichte bekraͤftigt. So geben duͤnne Knochen, wenn man ſie calcinirt, we- nige Unzen Aſche, und Rinderknochen faſt halb ſo viel, als ſie ſchwer wiegen (x). Ein zarter Knochen loͤſet ſich faſt nur in eine Zerflieſſung auf (y). Der (r) (s) L. I. p. 6. (t) Schon den erſten Tag, da die Frucht auskroch, waren we- niger Gefaͤſſe des Aderkreiſes ſicht- bar, und einige derſelben fand man farbenlos. obſ. 104. obſ. 105. p. 139. obſ. 107. den andern Tag p. 143. und enger p. 144. und weni- ger rothe Tropfen obſ. 109. Tag 5. daher war der Knochen weis und feſte. obſ. 104. 109. die Gefaͤſſe des Kerns und des Anſazzes ver- ſchwanden im erwachſenen Kanin- chen p. 176. (v) Die Knochen werden mit dem Alter feſte LEMERY alim. T. II. p. 423. (x) LEMERY ibid. p. 422. 423. (y) FOUGEROUX p. 9. (r) und von andern Anſaͤzzen LUD- WIG fract. coll. femor. der tro- chanter geht bei jungen Koͤrpern los RUYSCH Theſ. V. t. 2. f. 2.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 555[557]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/609>, abgerufen am 22.11.2024.