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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

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IV. Abs. Das Leben der Frucht.
nährt. Jch erwarte über diesen Punkt viel von der
Trägheit des Leimes, und von dessen anziehenden Kräften.

Es bedarf nemlich die Ernährung Zeit, und ein
Anhängen der Nahrungstheile an diejenige Theilchen,
welche in einer Frucht bereits fertig da liegen.

Folglich verursacht es die Zähigkeit des Leimes, daß
die Gefässe, welche bisher aus blossem Schleime beste-
hen, sich ausdehnen lassen, ohne davon zu zerreissen.
Hierbei fällt mir das Spiel des unsterblichen New-
tons
bei, da derselbe die ebenfalls zähe Seifenblasen
aufblies. Dergleichen Blasen sind die Zwischenräume
des Fadengewebes; und es lassen sich auch die Gefässe
selbst, obschon nicht zu Kugeln, doch nach allen Durch-
messern, wie man an der Mannsruthe sieht, erweitern,
wenn nur die Zähigkeit des Saftes leichter nahe beim
Herzen, und schwerer (a) an Theilchen, so weit vom
Herzen abliegen, nachgiebt, oder sich ein Theil des Druk-
kes des sämmtlichen Saftes in einem Seitendrukk ver-
wandelt.

Es ist aber eben dieselbe auch Ursache, daß sich neue
Grundstoffe an die erdige Kerne der Fasern in einer zar-
ten Frucht, und an deren leimartige Theile ebenfalls
leichter anhängen, und mit dem alten Baue der Frucht
zusammen wachsen; aus diesem Grunde kann die Nah-
rung keinesweges ohne eine Zähigkeit seyn. Die Thiere
werden nie durch blosses Wasser ernährt (b), und wenn
es die Pflanzen zu thun scheinen, so wissen wir, daß das
Wasser selbst geschikkt sei, sich in einem Schlamm zu
verwandeln, da es nicht lange hernach, wenn man es
geschöpft hat, sich schon zu Fäden ziehen läßt; die-
ses geschieht in Deutschland geschwinder, als mit unsern
Wassern.

Folglich ist zu der Ernährung, und zum Wachs-
thume eine Wirkung und Gegenwirkung nothwendig;

Die
(a) [Spaltenumbruch] L. VI. p. 233.
(b) [Spaltenumbruch] L. XIX. p. 236. u. s. w.

IV. Abſ. Das Leben der Frucht.
naͤhrt. Jch erwarte uͤber dieſen Punkt viel von der
Traͤgheit des Leimes, und von deſſen anziehenden Kraͤften.

Es bedarf nemlich die Ernaͤhrung Zeit, und ein
Anhaͤngen der Nahrungstheile an diejenige Theilchen,
welche in einer Frucht bereits fertig da liegen.

Folglich verurſacht es die Zaͤhigkeit des Leimes, daß
die Gefaͤſſe, welche bisher aus bloſſem Schleime beſte-
hen, ſich ausdehnen laſſen, ohne davon zu zerreiſſen.
Hierbei faͤllt mir das Spiel des unſterblichen New-
tons
bei, da derſelbe die ebenfalls zaͤhe Seifenblaſen
aufblies. Dergleichen Blaſen ſind die Zwiſchenraͤume
des Fadengewebes; und es laſſen ſich auch die Gefaͤſſe
ſelbſt, obſchon nicht zu Kugeln, doch nach allen Durch-
meſſern, wie man an der Mannsruthe ſieht, erweitern,
wenn nur die Zaͤhigkeit des Saftes leichter nahe beim
Herzen, und ſchwerer (a) an Theilchen, ſo weit vom
Herzen abliegen, nachgiebt, oder ſich ein Theil des Druk-
kes des ſaͤmmtlichen Saftes in einem Seitendrukk ver-
wandelt.

Es iſt aber eben dieſelbe auch Urſache, daß ſich neue
Grundſtoffe an die erdige Kerne der Faſern in einer zar-
ten Frucht, und an deren leimartige Theile ebenfalls
leichter anhaͤngen, und mit dem alten Baue der Frucht
zuſammen wachſen; aus dieſem Grunde kann die Nah-
rung keinesweges ohne eine Zaͤhigkeit ſeyn. Die Thiere
werden nie durch bloſſes Waſſer ernaͤhrt (b), und wenn
es die Pflanzen zu thun ſcheinen, ſo wiſſen wir, daß das
Waſſer ſelbſt geſchikkt ſei, ſich in einem Schlamm zu
verwandeln, da es nicht lange hernach, wenn man es
geſchoͤpft hat, ſich ſchon zu Faͤden ziehen laͤßt; die-
ſes geſchieht in Deutſchland geſchwinder, als mit unſern
Waſſern.

Folglich iſt zu der Ernaͤhrung, und zum Wachs-
thume eine Wirkung und Gegenwirkung nothwendig;

Die
(a) [Spaltenumbruch] L. VI. p. 233.
(b) [Spaltenumbruch] L. XIX. p. 236. u. ſ. w.
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[473[475]/0527] IV. Abſ. Das Leben der Frucht. naͤhrt. Jch erwarte uͤber dieſen Punkt viel von der Traͤgheit des Leimes, und von deſſen anziehenden Kraͤften. Es bedarf nemlich die Ernaͤhrung Zeit, und ein Anhaͤngen der Nahrungstheile an diejenige Theilchen, welche in einer Frucht bereits fertig da liegen. Folglich verurſacht es die Zaͤhigkeit des Leimes, daß die Gefaͤſſe, welche bisher aus bloſſem Schleime beſte- hen, ſich ausdehnen laſſen, ohne davon zu zerreiſſen. Hierbei faͤllt mir das Spiel des unſterblichen New- tons bei, da derſelbe die ebenfalls zaͤhe Seifenblaſen aufblies. Dergleichen Blaſen ſind die Zwiſchenraͤume des Fadengewebes; und es laſſen ſich auch die Gefaͤſſe ſelbſt, obſchon nicht zu Kugeln, doch nach allen Durch- meſſern, wie man an der Mannsruthe ſieht, erweitern, wenn nur die Zaͤhigkeit des Saftes leichter nahe beim Herzen, und ſchwerer (a) an Theilchen, ſo weit vom Herzen abliegen, nachgiebt, oder ſich ein Theil des Druk- kes des ſaͤmmtlichen Saftes in einem Seitendrukk ver- wandelt. Es iſt aber eben dieſelbe auch Urſache, daß ſich neue Grundſtoffe an die erdige Kerne der Faſern in einer zar- ten Frucht, und an deren leimartige Theile ebenfalls leichter anhaͤngen, und mit dem alten Baue der Frucht zuſammen wachſen; aus dieſem Grunde kann die Nah- rung keinesweges ohne eine Zaͤhigkeit ſeyn. Die Thiere werden nie durch bloſſes Waſſer ernaͤhrt (b), und wenn es die Pflanzen zu thun ſcheinen, ſo wiſſen wir, daß das Waſſer ſelbſt geſchikkt ſei, ſich in einem Schlamm zu verwandeln, da es nicht lange hernach, wenn man es geſchoͤpft hat, ſich ſchon zu Faͤden ziehen laͤßt; die- ſes geſchieht in Deutſchland geſchwinder, als mit unſern Waſſern. Folglich iſt zu der Ernaͤhrung, und zum Wachs- thume eine Wirkung und Gegenwirkung nothwendig; Die (a) L. VI. p. 233. (b) L. XIX. p. 236. u. ſ. w.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 473[475]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/527>, abgerufen am 22.11.2024.