Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

IV. Abs. Das Leben der Frucht.
dehnungskraft der Wärme einiges Vermögen stekke (f),
indem in warmen Sommer das bebrütete Hühnchen et-
was früher vollkommen wird: und bei grösserer Kälte
die thierische Säfte in Ruhe geraten. Man hat aber
gezeiget (g), daß Jnsekkten ohne eine eigene Wärme ge-
schwinde wachsen, und daß in dem Nordischen Meere
die Fische, ohne eine Wärme der Luft, mitten unter den
Eisschollen leben können, und sich vermehren; und daß
man folglich von der äusserlichen Wärme sehr wenig zu
erwarten habe. Es hat indessen mit den bebrüteten
Hünern eine andere Beschaffenheit, denn es vertritt bei
diesen in der That die Luft die Stelle der bewegenden
Macht, und die elastische Kraft der Luft bekömmt an
dem verschlossenen Orte von der Wärme, einen gewissen
Zuwachs. Es war nemlich bei Thieren, so von der
Mutter abgesondert sind, eine bewegende Ursache nöthig,
welche das zähe Eyweis und den klümpigen Eydotter aus
seiner Stelle forttreiben könnte.

Wenn die Jnsekkten eine Wärme von aussen nöthig
haben, um wachsen zu können, wie sie wenigstens nöthig
zu haben scheinen (h), so muß man solches theils den sehr
zähen Säften, die sie haben (i), und welche nur von der
Wärme der Luft aufgelöset werden können, theils der
Abwesenheit (k), oder geringen Kraft (l) des Herzens
zuschreiben. So ist ihr Bau auch anders, und nicht
aus Gefässen zusammengesezzt (m).

Eine andere vegetabilische Kraft ist das Saugen
durch haarfeine Gefässe (n), und blos vermittelst dieses

Sau-
(f) [Spaltenumbruch] Conf. L. IV. p. 437. fast
davon allein rührt die Bewegung
in den Pflanzen her NEEDHAM
observations nouvelles. p.
424.
verbunden mit der Reaction der
festen Theile.
(g) L. IV. p. 445.
(h) Da sie den ganzen Winter
über matt liegen.
(i) L. V. p. 17.
(k) [Spaltenumbruch] LYONNET. Anat. de la
Chenille du foule.
(l) Jn diesem langen Kanale
läuft der Saft nicht in einem fort-
gehenden Kanale, sondern wech-
selweise auf und abwärts REAU-
MUR II. mem. I.
(m) Idem ibid.
(n) BONNET. corps organises
I. p. 69. conf. L. IV. p.
435.
G g 3

IV. Abſ. Das Leben der Frucht.
dehnungskraft der Waͤrme einiges Vermoͤgen ſtekke (f),
indem in warmen Sommer das bebruͤtete Huͤhnchen et-
was fruͤher vollkommen wird: und bei groͤſſerer Kaͤlte
die thieriſche Saͤfte in Ruhe geraten. Man hat aber
gezeiget (g), daß Jnſekkten ohne eine eigene Waͤrme ge-
ſchwinde wachſen, und daß in dem Nordiſchen Meere
die Fiſche, ohne eine Waͤrme der Luft, mitten unter den
Eisſchollen leben koͤnnen, und ſich vermehren; und daß
man folglich von der aͤuſſerlichen Waͤrme ſehr wenig zu
erwarten habe. Es hat indeſſen mit den bebruͤteten
Huͤnern eine andere Beſchaffenheit, denn es vertritt bei
dieſen in der That die Luft die Stelle der bewegenden
Macht, und die elaſtiſche Kraft der Luft bekoͤmmt an
dem verſchloſſenen Orte von der Waͤrme, einen gewiſſen
Zuwachs. Es war nemlich bei Thieren, ſo von der
Mutter abgeſondert ſind, eine bewegende Urſache noͤthig,
welche das zaͤhe Eyweis und den kluͤmpigen Eydotter aus
ſeiner Stelle forttreiben koͤnnte.

Wenn die Jnſekkten eine Waͤrme von auſſen noͤthig
haben, um wachſen zu koͤnnen, wie ſie wenigſtens noͤthig
zu haben ſcheinen (h), ſo muß man ſolches theils den ſehr
zaͤhen Saͤften, die ſie haben (i), und welche nur von der
Waͤrme der Luft aufgeloͤſet werden koͤnnen, theils der
Abweſenheit (k), oder geringen Kraft (l) des Herzens
zuſchreiben. So iſt ihr Bau auch anders, und nicht
aus Gefaͤſſen zuſammengeſezzt (m).

Eine andere vegetabiliſche Kraft iſt das Saugen
durch haarfeine Gefaͤſſe (n), und blos vermittelſt dieſes

Sau-
(f) [Spaltenumbruch] Conf. L. IV. p. 437. faſt
davon allein ruͤhrt die Bewegung
in den Pflanzen her NEEDHAM
obſervations nouvelles. p.
424.
verbunden mit der Reaction der
feſten Theile.
(g) L. IV. p. 445.
(h) Da ſie den ganzen Winter
uͤber matt liegen.
(i) L. V. p. 17.
(k) [Spaltenumbruch] LYONNET. Anat. de la
Chenille du foule.
(l) Jn dieſem langen Kanale
laͤuft der Saft nicht in einem fort-
gehenden Kanale, ſondern wech-
ſelweiſe auf und abwaͤrts REAU-
MUR II. mem. I.
(m) Idem ibid.
(n) BONNET. corps organiſes
I. p. 69. conf. L. IV. p.
435.
G g 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0521" n="467[469]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">IV.</hi> Ab&#x017F;. Das Leben der Frucht.</hi></fw><lb/>
dehnungskraft der Wa&#x0364;rme einiges Vermo&#x0364;gen &#x017F;tekke <note place="foot" n="(f)"><cb/><hi rendition="#aq">Conf. L. IV. p.</hi> 437. fa&#x017F;t<lb/>
davon allein ru&#x0364;hrt die Bewegung<lb/>
in den Pflanzen her <hi rendition="#aq">NEEDHAM<lb/>
ob&#x017F;ervations nouvelles. p.</hi> 424.<lb/>
verbunden mit der Reaction der<lb/>
fe&#x017F;ten Theile.</note>,<lb/>
indem in warmen Sommer das bebru&#x0364;tete Hu&#x0364;hnchen et-<lb/>
was fru&#x0364;her vollkommen wird: und bei gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erer Ka&#x0364;lte<lb/>
die thieri&#x017F;che Sa&#x0364;fte in Ruhe geraten. Man hat aber<lb/>
gezeiget <note place="foot" n="(g)"><hi rendition="#aq">L. IV. p.</hi> 445.</note>, daß Jn&#x017F;ekkten ohne eine eigene Wa&#x0364;rme ge-<lb/>
&#x017F;chwinde wach&#x017F;en, und daß in dem Nordi&#x017F;chen Meere<lb/>
die Fi&#x017F;che, ohne eine Wa&#x0364;rme der Luft, mitten unter den<lb/>
Eis&#x017F;chollen leben ko&#x0364;nnen, und &#x017F;ich vermehren; und daß<lb/>
man folglich von der a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen Wa&#x0364;rme &#x017F;ehr wenig zu<lb/>
erwarten habe. Es hat inde&#x017F;&#x017F;en mit den bebru&#x0364;teten<lb/>
Hu&#x0364;nern eine andere Be&#x017F;chaffenheit, denn es vertritt bei<lb/>
die&#x017F;en in der That die Luft die Stelle der bewegenden<lb/>
Macht, und die ela&#x017F;ti&#x017F;che Kraft der Luft beko&#x0364;mmt an<lb/>
dem ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Orte von der Wa&#x0364;rme, einen gewi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Zuwachs. Es war nemlich bei Thieren, &#x017F;o von der<lb/>
Mutter abge&#x017F;ondert &#x017F;ind, eine bewegende Ur&#x017F;ache no&#x0364;thig,<lb/>
welche das za&#x0364;he Eyweis und den klu&#x0364;mpigen Eydotter aus<lb/>
&#x017F;einer Stelle forttreiben ko&#x0364;nnte.</p><lb/>
              <p>Wenn die Jn&#x017F;ekkten eine Wa&#x0364;rme von au&#x017F;&#x017F;en no&#x0364;thig<lb/>
haben, um wach&#x017F;en zu ko&#x0364;nnen, wie &#x017F;ie wenig&#x017F;tens no&#x0364;thig<lb/>
zu haben &#x017F;cheinen <note place="foot" n="(h)">Da &#x017F;ie den ganzen Winter<lb/>
u&#x0364;ber matt liegen.</note>, &#x017F;o muß man &#x017F;olches theils den &#x017F;ehr<lb/>
za&#x0364;hen Sa&#x0364;ften, die &#x017F;ie haben <note place="foot" n="(i)"><hi rendition="#aq">L. V. p.</hi> 17.</note>, und welche nur von der<lb/>
Wa&#x0364;rme der Luft aufgelo&#x0364;&#x017F;et werden ko&#x0364;nnen, theils der<lb/>
Abwe&#x017F;enheit <note place="foot" n="(k)"><cb/><hi rendition="#aq">LYONNET. Anat. de la<lb/>
Chenille du foule.</hi></note>, oder geringen Kraft <note place="foot" n="(l)">Jn die&#x017F;em langen Kanale<lb/>
la&#x0364;uft der Saft nicht in einem fort-<lb/>
gehenden Kanale, &#x017F;ondern wech-<lb/>
&#x017F;elwei&#x017F;e auf und abwa&#x0364;rts <hi rendition="#aq">REAU-<lb/>
MUR II. mem. I.</hi></note> des Herzens<lb/>
zu&#x017F;chreiben. So i&#x017F;t ihr Bau auch anders, und nicht<lb/>
aus Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en zu&#x017F;ammenge&#x017F;ezzt <note place="foot" n="(m)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Idem</hi> ibid.</hi></note>.</p><lb/>
              <p>Eine andere vegetabili&#x017F;che Kraft i&#x017F;t das Saugen<lb/>
durch haarfeine Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e <note place="foot" n="(n)"><hi rendition="#aq">BONNET. corps organi&#x017F;es<lb/>
I. p. 69. conf. L. IV. p.</hi> 435.</note>, und blos vermittel&#x017F;t die&#x017F;es<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G g 3</fw><fw place="bottom" type="catch">Sau-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[467[469]/0521] IV. Abſ. Das Leben der Frucht. dehnungskraft der Waͤrme einiges Vermoͤgen ſtekke (f), indem in warmen Sommer das bebruͤtete Huͤhnchen et- was fruͤher vollkommen wird: und bei groͤſſerer Kaͤlte die thieriſche Saͤfte in Ruhe geraten. Man hat aber gezeiget (g), daß Jnſekkten ohne eine eigene Waͤrme ge- ſchwinde wachſen, und daß in dem Nordiſchen Meere die Fiſche, ohne eine Waͤrme der Luft, mitten unter den Eisſchollen leben koͤnnen, und ſich vermehren; und daß man folglich von der aͤuſſerlichen Waͤrme ſehr wenig zu erwarten habe. Es hat indeſſen mit den bebruͤteten Huͤnern eine andere Beſchaffenheit, denn es vertritt bei dieſen in der That die Luft die Stelle der bewegenden Macht, und die elaſtiſche Kraft der Luft bekoͤmmt an dem verſchloſſenen Orte von der Waͤrme, einen gewiſſen Zuwachs. Es war nemlich bei Thieren, ſo von der Mutter abgeſondert ſind, eine bewegende Urſache noͤthig, welche das zaͤhe Eyweis und den kluͤmpigen Eydotter aus ſeiner Stelle forttreiben koͤnnte. Wenn die Jnſekkten eine Waͤrme von auſſen noͤthig haben, um wachſen zu koͤnnen, wie ſie wenigſtens noͤthig zu haben ſcheinen (h), ſo muß man ſolches theils den ſehr zaͤhen Saͤften, die ſie haben (i), und welche nur von der Waͤrme der Luft aufgeloͤſet werden koͤnnen, theils der Abweſenheit (k), oder geringen Kraft (l) des Herzens zuſchreiben. So iſt ihr Bau auch anders, und nicht aus Gefaͤſſen zuſammengeſezzt (m). Eine andere vegetabiliſche Kraft iſt das Saugen durch haarfeine Gefaͤſſe (n), und blos vermittelſt dieſes Sau- (f) Conf. L. IV. p. 437. faſt davon allein ruͤhrt die Bewegung in den Pflanzen her NEEDHAM obſervations nouvelles. p. 424. verbunden mit der Reaction der feſten Theile. (g) L. IV. p. 445. (h) Da ſie den ganzen Winter uͤber matt liegen. (i) L. V. p. 17. (k) LYONNET. Anat. de la Chenille du foule. (l) Jn dieſem langen Kanale laͤuft der Saft nicht in einem fort- gehenden Kanale, ſondern wech- ſelweiſe auf und abwaͤrts REAU- MUR II. mem. I. (m) Idem ibid. (n) BONNET. corps organiſes I. p. 69. conf. L. IV. p. 435. G g 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/521
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 467[469]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/521>, abgerufen am 22.11.2024.