überhaupt die Gefässe keine andere Membranen, als ein etwas dichteres cellulöses Wesen hätten; ihre Oefnung sey nichts anders, als der Zwischenraum derjenigen un- organischen Materie, durch die sich die von der Vege- tationskraft getriebene Kügelchen den Weg öfnen. Man kann auch nicht leugnen, daß in einem callo neue Ge- fässe entstehen (f), und daß ein callus erst alsdenn eine knochige Beschaffenheit an sich nimmt, wenn seine Ge- fässe mit einem rothen Safte angefüllt sind.
Es ist dieses eine Sache von Wichtigkeit, und sie verdienet es, daß man sie mit aller Sorgfalt untersuche. Jch merke also erstlich an, daß man wenigstens an den grossen Gefässen die Muskelfasern deutlich wahrnehmen kann (g). Es ist aber schon dazu hinlänglich, daß man sie an den grossen Gefässen findet. Jch merke ferner an, daß wenigstens an einigen Schlagadern Nerven vorkom- men, welche sich um die Schlagaderstämme des Herzens (h), und der Baucheingeweide (i) und des Kopfes von aussen (k) in einer ziemlichen Anzahl herumwinden.
Nun glaube ich nicht, daß jemals ein Zergliederer an einem Thiere von warmen Blute, eine neuentstandene Muskelfaser, oder Nervenfaser gefunden haben sollte. Bei den Verwundungen der Muskeln stellten sich tiefe Wunden ein, ja es wächst bisweilen die Haut so gar an den Knochen an, wenn es eine tiefe Wunde gewesen. An dem zerschnittenen Theile eines Muskels findet man ein weisses Fadengewebe, welches die Wunde sich zu schlies- sen veranlaßt: doch es ist dieses Fadengewebe weder roth, noch reizbar.
Man solte glauben, daß die Nerven darum wieder wachsen, weil die Empfindlichkeit bisweilen einige Theile wieder zu beleben pflegt (l), welche längst zuvor unem-
pfind-
(f)[Spaltenumbruch]p. 163. 172.
(g)L. II. p. 63. 64.
(h)L. IV. p. 359. u. s. w.
(i)[Spaltenumbruch]L. X. p. 264. 266.
(k)L. X. p. 256.
(l)p. 163.
Die Frucht. XXIX. B.
uͤberhaupt die Gefaͤſſe keine andere Membranen, als ein etwas dichteres celluloͤſes Weſen haͤtten; ihre Oefnung ſey nichts anders, als der Zwiſchenraum derjenigen un- organiſchen Materie, durch die ſich die von der Vege- tationskraft getriebene Kuͤgelchen den Weg oͤfnen. Man kann auch nicht leugnen, daß in einem callo neue Ge- faͤſſe entſtehen (f), und daß ein callus erſt alsdenn eine knochige Beſchaffenheit an ſich nimmt, wenn ſeine Ge- faͤſſe mit einem rothen Safte angefuͤllt ſind.
Es iſt dieſes eine Sache von Wichtigkeit, und ſie verdienet es, daß man ſie mit aller Sorgfalt unterſuche. Jch merke alſo erſtlich an, daß man wenigſtens an den groſſen Gefaͤſſen die Muskelfaſern deutlich wahrnehmen kann (g). Es iſt aber ſchon dazu hinlaͤnglich, daß man ſie an den groſſen Gefaͤſſen findet. Jch merke ferner an, daß wenigſtens an einigen Schlagadern Nerven vorkom- men, welche ſich um die Schlagaderſtaͤmme des Herzens (h), und der Baucheingeweide (i) und des Kopfes von auſſen (k) in einer ziemlichen Anzahl herumwinden.
Nun glaube ich nicht, daß jemals ein Zergliederer an einem Thiere von warmen Blute, eine neuentſtandene Muskelfaſer, oder Nervenfaſer gefunden haben ſollte. Bei den Verwundungen der Muskeln ſtellten ſich tiefe Wunden ein, ja es waͤchſt bisweilen die Haut ſo gar an den Knochen an, wenn es eine tiefe Wunde geweſen. An dem zerſchnittenen Theile eines Muskels findet man ein weiſſes Fadengewebe, welches die Wunde ſich zu ſchlieſ- ſen veranlaßt: doch es iſt dieſes Fadengewebe weder roth, noch reizbar.
Man ſolte glauben, daß die Nerven darum wieder wachſen, weil die Empfindlichkeit bisweilen einige Theile wieder zu beleben pflegt (l), welche laͤngſt zuvor unem-
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(f)[Spaltenumbruch]p. 163. 172.
(g)L. II. p. 63. 64.
(h)L. IV. p. 359. u. ſ. w.
(i)[Spaltenumbruch]L. X. p. 264. 266.
(k)L. X. p. 256.
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[454[456]/0508]
Die Frucht. XXIX. B.
uͤberhaupt die Gefaͤſſe keine andere Membranen, als ein
etwas dichteres celluloͤſes Weſen haͤtten; ihre Oefnung
ſey nichts anders, als der Zwiſchenraum derjenigen un-
organiſchen Materie, durch die ſich die von der Vege-
tationskraft getriebene Kuͤgelchen den Weg oͤfnen. Man
kann auch nicht leugnen, daß in einem callo neue Ge-
faͤſſe entſtehen (f), und daß ein callus erſt alsdenn eine
knochige Beſchaffenheit an ſich nimmt, wenn ſeine Ge-
faͤſſe mit einem rothen Safte angefuͤllt ſind.
Es iſt dieſes eine Sache von Wichtigkeit, und ſie
verdienet es, daß man ſie mit aller Sorgfalt unterſuche.
Jch merke alſo erſtlich an, daß man wenigſtens an den
groſſen Gefaͤſſen die Muskelfaſern deutlich wahrnehmen
kann (g). Es iſt aber ſchon dazu hinlaͤnglich, daß man
ſie an den groſſen Gefaͤſſen findet. Jch merke ferner an,
daß wenigſtens an einigen Schlagadern Nerven vorkom-
men, welche ſich um die Schlagaderſtaͤmme des Herzens
(h), und der Baucheingeweide (i) und des Kopfes von
auſſen (k) in einer ziemlichen Anzahl herumwinden.
Nun glaube ich nicht, daß jemals ein Zergliederer an
einem Thiere von warmen Blute, eine neuentſtandene
Muskelfaſer, oder Nervenfaſer gefunden haben ſollte.
Bei den Verwundungen der Muskeln ſtellten ſich tiefe
Wunden ein, ja es waͤchſt bisweilen die Haut ſo gar an
den Knochen an, wenn es eine tiefe Wunde geweſen.
An dem zerſchnittenen Theile eines Muskels findet man
ein weiſſes Fadengewebe, welches die Wunde ſich zu ſchlieſ-
ſen veranlaßt: doch es iſt dieſes Fadengewebe weder roth,
noch reizbar.
Man ſolte glauben, daß die Nerven darum wieder
wachſen, weil die Empfindlichkeit bisweilen einige Theile
wieder zu beleben pflegt (l), welche laͤngſt zuvor unem-
pfind-
(f)
p. 163. 172.
(g) L. II. p. 63. 64.
(h) L. IV. p. 359. u. ſ. w.
(i)
L. X. p. 264. 266.
(k) L. X. p. 256.
(l) p. 163.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 454[456]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/508>, abgerufen am 22.11.2024.
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