An einem andern Orte haben wir gezeiget, daß keine Figur von einer Maulbeere (s), welche mit der erblikkten und begehrten Maulbeere eine Aehnlichkeit hätte, in das Gehirn kommen könne, sondern daß dieses etwas un- endlichmal kleineres seyn müsse, man mag es übrigens Maulbeere oder anders nennen wollen.
So weiß man auch, daß die Ernährung in dem eigenen Körper (t) der Mutter, ihrem Willen nicht unter- worfen ist.
Man könnte hierüber noch mehr, aber ohne Noth, sagen, weil doch Niemand im Ernste glauben wird, die Art zu begreifen, wie die Seele der Mutter in einer Frucht Veränderungen hervorbringt.
§. 22. Die Arten der Muttermäler, und deren Ge- schichte.
Selbst diejenige berühmte Männer, welche die Mutter- mäler in ihren Schuzz nehmen, gestehen es zur Gnüge (a), daß sie keinen völligen und genugthuenden Begriff von der Art zu geben wissen, wie die Einbildungskraft der Mutter in den Körper der Frucht Veränderungen her- vorzubringen vermag. Sie glauben schon dadurch ein Gnüge geleistet zu haben, daß die Sache an sich wahr ist; indem in der That viele Dinge in der Welt vorgin- gen, davon Niemand die mechanische Beschaffenheit zu entziffern wüste. Hierinnen stimmen viele grosse Män- ner, und sonderlich Börhaave(b) mit ihnen überein.
Wir
(s)[Spaltenumbruch]
Bei p. 70. 72. ROEDERER p. 63. u. s. f. add. L. XVII. p. 530.
(t)BLONDEL in the strength. of imaginat. in pregnant. women examinet. Lond 1727. p. 49. u. s. f.
(a)CAR. CHRIST. KRAUSE quaenam. sit. causa mutans cor- pus fetus &c. Petropol. ann. 1756.
(b)[Spaltenumbruch]Praelect. T. V. P. VI. p. 524. diese Mitwirkung verstattet in den Affekten auch HEBENSTR. An- thropolog. p. 9. Des ESSARTS p. 39. BROUZEL Educat. I. p. 31. 32.
II. Abſ. Anfaͤnge des Thieres.
An einem andern Orte haben wir gezeiget, daß keine Figur von einer Maulbeere (s), welche mit der erblikkten und begehrten Maulbeere eine Aehnlichkeit haͤtte, in das Gehirn kommen koͤnne, ſondern daß dieſes etwas un- endlichmal kleineres ſeyn muͤſſe, man mag es uͤbrigens Maulbeere oder anders nennen wollen.
So weiß man auch, daß die Ernaͤhrung in dem eigenen Koͤrper (t) der Mutter, ihrem Willen nicht unter- worfen iſt.
Man koͤnnte hieruͤber noch mehr, aber ohne Noth, ſagen, weil doch Niemand im Ernſte glauben wird, die Art zu begreifen, wie die Seele der Mutter in einer Frucht Veraͤnderungen hervorbringt.
§. 22. Die Arten der Muttermaͤler, und deren Ge- ſchichte.
Selbſt diejenige beruͤhmte Maͤnner, welche die Mutter- maͤler in ihren Schuzz nehmen, geſtehen es zur Gnuͤge (a), daß ſie keinen voͤlligen und genugthuenden Begriff von der Art zu geben wiſſen, wie die Einbildungskraft der Mutter in den Koͤrper der Frucht Veraͤnderungen her- vorzubringen vermag. Sie glauben ſchon dadurch ein Gnuͤge geleiſtet zu haben, daß die Sache an ſich wahr iſt; indem in der That viele Dinge in der Welt vorgin- gen, davon Niemand die mechaniſche Beſchaffenheit zu entziffern wuͤſte. Hierinnen ſtimmen viele groſſe Maͤn- ner, und ſonderlich Boͤrhaave(b) mit ihnen uͤberein.
Wir
(s)[Spaltenumbruch]
Bei p. 70. 72. ROEDERER p. 63. u. ſ. f. add. L. XVII. p. 530.
(t)BLONDEL in the ſtrength. of imaginat. in pregnant. women examinet. Lond 1727. p. 49. u. ſ. f.
(a)CAR. CHRIST. KRAUSE quaenam. ſit. cauſa mutans cor- pus fetus &c. Petropol. ann. 1756.
(b)[Spaltenumbruch]Prælect. T. V. P. VI. p. 524. dieſe Mitwirkung verſtattet in den Affekten auch HEBENSTR. An- thropolog. p. 9. Des ESSARTS p. 39. BROUZEL Educat. I. p. 31. 32.
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II. Abſ. Anfaͤnge des Thieres.
An einem andern Orte haben wir gezeiget, daß keine
Figur von einer Maulbeere (s), welche mit der erblikkten
und begehrten Maulbeere eine Aehnlichkeit haͤtte, in das
Gehirn kommen koͤnne, ſondern daß dieſes etwas un-
endlichmal kleineres ſeyn muͤſſe, man mag es uͤbrigens
Maulbeere oder anders nennen wollen.
So weiß man auch, daß die Ernaͤhrung in dem
eigenen Koͤrper (t) der Mutter, ihrem Willen nicht unter-
worfen iſt.
Man koͤnnte hieruͤber noch mehr, aber ohne Noth,
ſagen, weil doch Niemand im Ernſte glauben wird, die
Art zu begreifen, wie die Seele der Mutter in einer Frucht
Veraͤnderungen hervorbringt.
§. 22.
Die Arten der Muttermaͤler, und deren Ge-
ſchichte.
Selbſt diejenige beruͤhmte Maͤnner, welche die Mutter-
maͤler in ihren Schuzz nehmen, geſtehen es zur Gnuͤge (a),
daß ſie keinen voͤlligen und genugthuenden Begriff von
der Art zu geben wiſſen, wie die Einbildungskraft der
Mutter in den Koͤrper der Frucht Veraͤnderungen her-
vorzubringen vermag. Sie glauben ſchon dadurch ein
Gnuͤge geleiſtet zu haben, daß die Sache an ſich wahr
iſt; indem in der That viele Dinge in der Welt vorgin-
gen, davon Niemand die mechaniſche Beſchaffenheit zu
entziffern wuͤſte. Hierinnen ſtimmen viele groſſe Maͤn-
ner, und ſonderlich Boͤrhaave (b) mit ihnen uͤberein.
Wir
(s)
Bei p. 70. 72. ROEDERER
p. 63. u. ſ. f. add. L. XVII. p. 530.
(t) BLONDEL in the ſtrength.
of imaginat. in pregnant. women
examinet. Lond 1727. p. 49. u. ſ. f.
(a) CAR. CHRIST. KRAUSE
quaenam. ſit. cauſa mutans cor-
pus fetus &c. Petropol. ann. 1756.
(b)
Prælect. T. V. P. VI. p. 524.
dieſe Mitwirkung verſtattet in den
Affekten auch HEBENSTR. An-
thropolog. p. 9. Des ESSARTS
p. 39. BROUZEL Educat. I. p. 31.
32.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/275>, abgerufen am 20.11.2024.
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