kleiner, als bei einem gesunden Körper ist, her? Doch welches ist denn diese, so schnell hinter der Maschine her- vortretende verständige Natur, deren in der ganzen Hi- pothese bisher keine Erwähnung geschahe.
Eben so wenig läst es sich begreifen, wie aus dem weitläuftigen Körper des Vaters die flüßige Theile (c) aus den bereits angefüllten Zwischenräumen, denn gemei- niglich sind die Väter völlig erwachsen, überströmen können, und ob sie gleich in keine Zwischenräume ein- dringen können, dennoch eine so grosse Aehnlichkeit mit dem Vater an sich nehmen, daß sie so gar die seine Ge- sichtszüge desselben auf die Frucht übertragen; und bei alle dem ist doch, die aus dem Zwischenstellen ausge- stossene Materie so klein, daß sie in Vereinigung mit der mütterlichen Erbschaft viele Tage nach der Empfäng- nis unsichtbar, und kaum eine Linie groß ist, wenn sie das erste mal den siebenzehnten Tag in einem Schaafe sichtbar wird.
Um mich endlich kurz zu fassen, so weis ich über- haupt von keinem weiblichen Saamen: man findet vor dem Beischlafe keinen gelben Körper (d), folglich ist hier kein Saft vorhanden, welcher sich mit dem männ- lichen Saamen vermischen könnte, und folglich zeiget sich nichts, was der neuen Frucht, weibliche Geburts- glieder, Brüste, und die übrige Unterscheidungstheile des schwächern Geschlechtes mitzutheilen im Stande wäre.
Man besehe was andere berühmte Männer über diese Hipothese für Anmerkungen gemacht haben, und man schlage deswegen insonderheit die Schriften des Karl Bonnets(e) nach.
§. 20.
(c)[Spaltenumbruch]Preface Journ. Brit. ann. 1750. m. mars.
(d)L. XXIX. p. 29. u. f.
(e)[Spaltenumbruch]HALLE von Vögeln p. 60. GRUSIUS physic. p. 1156.
O 4
II. Abſ. Anfaͤnge des Thieres.
kleiner, als bei einem geſunden Koͤrper iſt, her? Doch welches iſt denn dieſe, ſo ſchnell hinter der Maſchine her- vortretende verſtaͤndige Natur, deren in der ganzen Hi- potheſe bisher keine Erwaͤhnung geſchahe.
Eben ſo wenig laͤſt es ſich begreifen, wie aus dem weitlaͤuftigen Koͤrper des Vaters die fluͤßige Theile (c) aus den bereits angefuͤllten Zwiſchenraͤumen, denn gemei- niglich ſind die Vaͤter voͤllig erwachſen, uͤberſtroͤmen koͤnnen, und ob ſie gleich in keine Zwiſchenraͤume ein- dringen koͤnnen, dennoch eine ſo groſſe Aehnlichkeit mit dem Vater an ſich nehmen, daß ſie ſo gar die ſeine Ge- ſichtszuͤge deſſelben auf die Frucht uͤbertragen; und bei alle dem iſt doch, die aus dem Zwiſchenſtellen ausge- ſtoſſene Materie ſo klein, daß ſie in Vereinigung mit der muͤtterlichen Erbſchaft viele Tage nach der Empfaͤng- nis unſichtbar, und kaum eine Linie groß iſt, wenn ſie das erſte mal den ſiebenzehnten Tag in einem Schaafe ſichtbar wird.
Um mich endlich kurz zu faſſen, ſo weis ich uͤber- haupt von keinem weiblichen Saamen: man findet vor dem Beiſchlafe keinen gelben Koͤrper (d), folglich iſt hier kein Saft vorhanden, welcher ſich mit dem maͤnn- lichen Saamen vermiſchen koͤnnte, und folglich zeiget ſich nichts, was der neuen Frucht, weibliche Geburts- glieder, Bruͤſte, und die uͤbrige Unterſcheidungstheile des ſchwaͤchern Geſchlechtes mitzutheilen im Stande waͤre.
Man beſehe was andere beruͤhmte Maͤnner uͤber dieſe Hipotheſe fuͤr Anmerkungen gemacht haben, und man ſchlage deswegen inſonderheit die Schriften des Karl Bonnets(e) nach.
§. 20.
(c)[Spaltenumbruch]Prèface Journ. Brit. ann. 1750. m. mars.
(d)L. XXIX. p. 29. u. f.
(e)[Spaltenumbruch]HALLE von Voͤgeln p. 60. GRUSIUS phyſic. p. 1156.
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II. Abſ. Anfaͤnge des Thieres.
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welches iſt denn dieſe, ſo ſchnell hinter der Maſchine her-
vortretende verſtaͤndige Natur, deren in der ganzen Hi-
potheſe bisher keine Erwaͤhnung geſchahe.
Eben ſo wenig laͤſt es ſich begreifen, wie aus dem
weitlaͤuftigen Koͤrper des Vaters die fluͤßige Theile (c)
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niglich ſind die Vaͤter voͤllig erwachſen, uͤberſtroͤmen
koͤnnen, und ob ſie gleich in keine Zwiſchenraͤume ein-
dringen koͤnnen, dennoch eine ſo groſſe Aehnlichkeit mit
dem Vater an ſich nehmen, daß ſie ſo gar die ſeine Ge-
ſichtszuͤge deſſelben auf die Frucht uͤbertragen; und bei
alle dem iſt doch, die aus dem Zwiſchenſtellen ausge-
ſtoſſene Materie ſo klein, daß ſie in Vereinigung mit
der muͤtterlichen Erbſchaft viele Tage nach der Empfaͤng-
nis unſichtbar, und kaum eine Linie groß iſt, wenn ſie
das erſte mal den ſiebenzehnten Tag in einem Schaafe
ſichtbar wird.
Um mich endlich kurz zu faſſen, ſo weis ich uͤber-
haupt von keinem weiblichen Saamen: man findet vor
dem Beiſchlafe keinen gelben Koͤrper (d), folglich iſt
hier kein Saft vorhanden, welcher ſich mit dem maͤnn-
lichen Saamen vermiſchen koͤnnte, und folglich zeiget
ſich nichts, was der neuen Frucht, weibliche Geburts-
glieder, Bruͤſte, und die uͤbrige Unterſcheidungstheile
des ſchwaͤchern Geſchlechtes mitzutheilen im Stande
waͤre.
Man beſehe was andere beruͤhmte Maͤnner uͤber
dieſe Hipotheſe fuͤr Anmerkungen gemacht haben, und
man ſchlage deswegen inſonderheit die Schriften des
Karl Bonnets (e) nach.
§. 20.
(c)
Prèface Journ. Brit. ann.
1750. m. mars.
(d) L. XXIX. p. 29. u. f.
(e)
HALLE von Voͤgeln p. 60.
GRUSIUS phyſic. p. 1156.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/267>, abgerufen am 23.11.2024.
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