sagen sie, geschehen, daß die Frucht durch eine Art des Okulirens gleichsam ins Ey eingepflanzt werde; und daß ihre Gefässe die Gefässe des Eys ergreifen. Jch habe aber nach gemachter Ueberlegung befunden, daß in die- sem Einwurfe nicht so viel Stärke stekkt, als man von dem grossen Verstande derjenigen erwarten sollte, welche diesen Einwurf vorgetragen haben.
Erstlich fängt sich die Thierleiter mit den Polipen an (d), die entweder einige Theile, oder Eyer (e) von sich lassen, und beide wachsen in ein neues Thier zusam- men. Es scheint sich nicht zusammen zu reimen, daß in einerlei und eben demselben Thiere der Keim ohne eine Befruchtung vom Manne zu einer neuen Frucht wachsen, hingegen das Ey diejenige Kraft nöthig haben sollte, welche der Keim nicht nöthig hat.
Hierzu kommen noch diejenige Thiere, welche als Jungfern empfangen und gebären (f), welche nebst de- nen, die niemals einen Mann erkannt haben, und deren es eine grosse Menge giebt (g), an den Tag legen, daß nothwendig eine Mutter dazu erfordert werde, daß ein Theil von ihr in die Frucht verwandelt werde, und daß die Ohnentbehrlichkeit des Mannes in weit engere Gren- zen eingeschlossen sey.
Jch sehe aber, und vor allen andern, am Hühnereye, daß diese Einpfropfung nicht statt haben könne. Es ist der Eyerdotter eines reifen Eyes innerhalb dem Eyer- stokke von eben derselben Grösse, als der Dotter in ei- nem frischgelegten und bereits mit einer Schaale umzog- nen Ey. Der Gang dieses Dotters vereiniget sich, um bei einem Exempel zu bleiben, mit dem Darmgange, und dieser mit eben demselben: diesem widerspricht auch nicht, daß nicht von jeher das Gedärme der Frucht ein kleiner Bruch des Dotters gewesen, dessen weitester
Theil
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II. Abſ. Anfaͤnge des Thieres.
ſagen ſie, geſchehen, daß die Frucht durch eine Art des Okulirens gleichſam ins Ey eingepflanzt werde; und daß ihre Gefaͤſſe die Gefaͤſſe des Eys ergreifen. Jch habe aber nach gemachter Ueberlegung befunden, daß in die- ſem Einwurfe nicht ſo viel Staͤrke ſtekkt, als man von dem groſſen Verſtande derjenigen erwarten ſollte, welche dieſen Einwurf vorgetragen haben.
Erſtlich faͤngt ſich die Thierleiter mit den Polipen an (d), die entweder einige Theile, oder Eyer (e) von ſich laſſen, und beide wachſen in ein neues Thier zuſam- men. Es ſcheint ſich nicht zuſammen zu reimen, daß in einerlei und eben demſelben Thiere der Keim ohne eine Befruchtung vom Manne zu einer neuen Frucht wachſen, hingegen das Ey diejenige Kraft noͤthig haben ſollte, welche der Keim nicht noͤthig hat.
Hierzu kommen noch diejenige Thiere, welche als Jungfern empfangen und gebaͤren (f), welche nebſt de- nen, die niemals einen Mann erkannt haben, und deren es eine groſſe Menge giebt (g), an den Tag legen, daß nothwendig eine Mutter dazu erfordert werde, daß ein Theil von ihr in die Frucht verwandelt werde, und daß die Ohnentbehrlichkeit des Mannes in weit engere Gren- zen eingeſchloſſen ſey.
Jch ſehe aber, und vor allen andern, am Huͤhnereye, daß dieſe Einpfropfung nicht ſtatt haben koͤnne. Es iſt der Eyerdotter eines reifen Eyes innerhalb dem Eyer- ſtokke von eben derſelben Groͤſſe, als der Dotter in ei- nem friſchgelegten und bereits mit einer Schaale umzog- nen Ey. Der Gang dieſes Dotters vereiniget ſich, um bei einem Exempel zu bleiben, mit dem Darmgange, und dieſer mit eben demſelben: dieſem widerſpricht auch nicht, daß nicht von jeher das Gedaͤrme der Frucht ein kleiner Bruch des Dotters geweſen, deſſen weiteſter
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[155/0207]
II. Abſ. Anfaͤnge des Thieres.
ſagen ſie, geſchehen, daß die Frucht durch eine Art des
Okulirens gleichſam ins Ey eingepflanzt werde; und daß
ihre Gefaͤſſe die Gefaͤſſe des Eys ergreifen. Jch habe
aber nach gemachter Ueberlegung befunden, daß in die-
ſem Einwurfe nicht ſo viel Staͤrke ſtekkt, als man von
dem groſſen Verſtande derjenigen erwarten ſollte, welche
dieſen Einwurf vorgetragen haben.
Erſtlich faͤngt ſich die Thierleiter mit den Polipen
an (d), die entweder einige Theile, oder Eyer (e) von
ſich laſſen, und beide wachſen in ein neues Thier zuſam-
men. Es ſcheint ſich nicht zuſammen zu reimen, daß
in einerlei und eben demſelben Thiere der Keim ohne eine
Befruchtung vom Manne zu einer neuen Frucht wachſen,
hingegen das Ey diejenige Kraft noͤthig haben ſollte,
welche der Keim nicht noͤthig hat.
Hierzu kommen noch diejenige Thiere, welche als
Jungfern empfangen und gebaͤren (f), welche nebſt de-
nen, die niemals einen Mann erkannt haben, und deren
es eine groſſe Menge giebt (g), an den Tag legen, daß
nothwendig eine Mutter dazu erfordert werde, daß ein
Theil von ihr in die Frucht verwandelt werde, und daß
die Ohnentbehrlichkeit des Mannes in weit engere Gren-
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Jch ſehe aber, und vor allen andern, am Huͤhnereye,
daß dieſe Einpfropfung nicht ſtatt haben koͤnne. Es iſt
der Eyerdotter eines reifen Eyes innerhalb dem Eyer-
ſtokke von eben derſelben Groͤſſe, als der Dotter in ei-
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nen Ey. Der Gang dieſes Dotters vereiniget ſich, um
bei einem Exempel zu bleiben, mit dem Darmgange,
und dieſer mit eben demſelben: dieſem widerſpricht auch
nicht, daß nicht von jeher das Gedaͤrme der Frucht ein
kleiner Bruch des Dotters geweſen, deſſen weiteſter
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/207>, abgerufen am 04.12.2024.
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